Vor 40 Jahren: Die Renn-Ladies sind los!

Von Rainer Braun
Ford hatte vor vierzig Jahren eine geniale Idee, und der «Ford Fiesta XR2 Ladies Cup» wurde ab Juni 1982 schlagartig zu einer enormen Attraktion – auf und neben den Rennstrecken.

Am ersten Juni-Wochenende 1982 erlebten rund 30.000 Zuschauer beim Flugplatzrennen Wunstorf bei Hannover die Premiere einer neuen, ganz besonderen Rennserie. Der «Ford Fiesta XR2 Ladies Cup“» rückte mit 20 jungen Damen im Alter zwischen 18 und 28 und großem Ford-Begleittross an. Jetzt jährt sich das erste Rennen zum 40. Mal. Ich war damals in vorderster Front als Streckensprecher dabei und erinnere mich gerne an den ersten Auftritt der wilden Weiber.

Der Ford Fiesta Ladies Cup gehörte zu den großen Attraktionen der frühen 1980er-Jahre. Die Damen kämpften, rempelten und stritten, was das Zeug hielt. Und nebenbei wurde auch noch heftig geflirtet. Schon bald glichen die abgegrenzten Damen-Camps in den Fahrerlagern einem Wallfahrtsort für die Piloten aus den großen Rennserien des Hauptprogramms wie DRM oder Formel-3-DM.

Als die Marketing-Strategen der Kölner Ford Werke im Spätherbst 1981 die Idee ihres Sportchefs Lothar Pinske aufgriffen und eine Rennserie mit 20 identischen Fiesta XR2 für Damen propagierten, wussten sie nicht wirklich, was sie damit auslösen würden.

Kaum lag die Ausschreibung bundesweit bei allen Ford-Händlern, stapelten sich in Pinskes Büro in Köln-Niehl weit über 1000 teils ernsthafte, teils schwülstig-schlüpfrige Bewerbungen. Immerhin lockten sechs Rennen im 90-PS-Fiesta XR2, Renn-Utensilien, Hotel, Verpflegung und Preisgeld – ein wundervolles Sorglos-Paket, komplett zum Nulltarif.

Ein flugs rekrutiertes Gremium hatte in einem wochenlangen Prüfverfahren jene 120 rennwillige und vermeintlich talentierte Damen für die Vorauswahl nominiert, deren Vita eine Einladung zur Nürburgring-Sichtung sinnvoll erscheinen ließ.

Dort bekamen die Ford-Werkspiloten Klaus Niedzwiedz, Manfred Winkelhock, Klaus Ludwig, Marc Surer sowie Chef-Instruktor Dieter Glemser den Auftrag, im Verlauf einer dreitägigen Fahrprüfung die 20 vermeintlich Besten herauszufiltern. Für so manches Jury-Mitglied war die Unterweisung der Damenriege «der beste Job des Jahres» (Originalton Niedzwiedz). Kein Wunder, dass neben der Lehre von Ideallinie und Sitzposition auch eifrig Telefonnummern ausgetauscht wurden.

Dann also Wunstorf, erster großer Auftritt. Tierische Hitze, 33 Grad im Schatten.

Rund um das extra für die Ford-Ladies angeschaffte Mega-Motorhome entstand sofort ein Riesenauflauf – die größten Fahrerlager-Aufreißer natürlich in vorderster Front. Erste Taxierung, Zwischenrufe, Gelächter. Akustisch untermalt wurde das Szenario von fetziger Popmusik rund ums Damen-Camp. Plötzlich hatten ganz viele Leute rund um das Ford-Motorhome etwas zu erledigen. «So viel Besuch wie heute hatten wir noch nie», stöhnte Sportchef Pinske am Abend des Trainingstags.

Derweil verbreitete sich im Fahrerlager wie ein Lauffeuer die Kunde, dass Ford den Damen-Tross im «Holiday Inn» in Hannover-Langenhagen unter-gebracht hat. Worauf einige Herrschaften sofort ihr Hotel umbuchten, um den Mädels möglichst nahe zu sein. Bekannte Fahrergesichter schlichen abends durch Restaurant und Lobby.

Chef-Instruktor Glemser musste immer wieder mahnend eingreifen («ihr Geier, jetzt lasst die Mädels doch wenigstens mal in Ruhe essen»). Später zogen die Ford-Ladies in die Hotel-Disco um – nach einer Stunde musste der Laden wegen Überfüllung geschlossen werden …

Das Premiere-Rennen am Sonntag verlief dann unerwartet gesittet, nur zwei ramponierte Autos waren zu beklagen. «Wir hatten Schlimmeres befürchtet», bilanzierte Pinske.

Annette Meeuvissen wurde zur strahlenden Siegerin. Die 20-Jährige aus Düsseldorf war sowieso der Star der Truppe, hübsch, intelligent, natürlich, eine echte Vorzeigefrau. Flirtversuche erstickte sie schon im Keim mit dem freundlichen Hinweis, dass ihr mit-reisender Freund was dagegen haben könnte. Der junge Mann, der sich die schnelle Annette schon beizeiten im heimatlichen Umfeld geangelt hatte, war übrigens mein Journalisten-Kollege Arno Wester. Und wer die attraktive Brigitte Briel aus Trier anbaggern wollte, hatte auch gleich verwachst – hier stand der spätere Sport-Manager Werner Heinz längst auf der Pole-Position.

Nach dem eher manierlichen Auftaktrennen gab es im weiteren Saisonverlauf allerdings immer öfter Zickenalarm. Vor laufender TV-Kamera gingen die Kontrahentinnen auch schon mal aufeinander los, beschimpften sich teilweise übel oder würdigten sich auf dem Siegerpodium keines Blickes.

Nach dem Finallauf am Ring teilten sich Annette Meeuvissen und Kart-Expertin Delia Stegemann punktgleich Titel, Ruhm und Siegprämie.

Ford ließ seinen Ladies-Cup danach noch weitere vier Jahre laufen, allerdings mussten die Teilnehmerinnen ab der dritten Saison ein Händler-Arrangement treffen und einen Fixbetrag einzahlen. Einige besonders talentierte Mädels nutzten die Rennserie für weitere Stationen im Motorsport.

Von den insgesamt fünf Titelgewinnerinnen schafften es Annette Meeuvissen und Beate Nodes als Werksfahrerinnen für BMW und Ford bis in die Topliga DTM. Beate stand in Berlin sogar als Drittplatzierte auf dem Podium.

Tragischerweise sind ausgerechnet diese beiden Fiesta-Damen nach dem Ende ihrer Karrieren viel zu jung gestorben – Annette erlag mit 42 Jahren im Dezember 2004 einem Krebsleiden und Beate mit 44 im Oktober 2008 einer Herzschwäche. Und mit Lothar Pinske ist im Dezember 2013 auch der Initiator der Ladies-Idee überraschend mit gerade mal 70 Jahren gestorben. Ironie des Schicksals: Zwei Monate zuvor hatte sich Pinske mit allen noch greifbaren, jetzt deutlich älteren Ex-Ladies am Nürburgring zu einem Wiedersehens-Abend getroffen.

Schließlich wäre noch erwähnenswert, dass die erste Titelgewinnerin Delia Stegemann, die heute Herbst heißt, mit ihrem Mann Andreas und der Tochter Jil schon lange ein eigenes, erfolgreiches Mercedes GT3-Team im «GTC Race»-Championat leitet. Und dass Traudl Klink, vorletzte Siegerin 1985, für «Mercedes Driving Events» als ebenso kompetente wie geschätzte Instruktorin arbeitet. Selbst zu einem Zielfahndungs-Kommando der Kripo hat es eine der Damen aus dem ersten Ladies-Jahr 1982 geschafft.

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