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Die neue BMW R18: Der Cruiser aus München

Von Rolf Lüthi
Mit der neuen R 18 steigt BMW Motorrad ins Cruiser-Segment ein. Mit puristischer, schnörkelloser Technik und den Boxermotor als Epizentrum des neuen Big Cruisers will BMW bei den Genussfahrern punkten.

Es ist der zweite Versuch: 1997 präsentierte BMW die R1200C, mit der man sich ein Stück vom damals boomenden Cruisermarkt abschneiden wollte. Der kommerzielle Erfolg hielt sich in Grenzen. Das gewöhnungsbedürftige Barockdesign schreckte ab, dass die BMW ein besseres Fahrwerk und bessere Bremsen hatte als die damalige Konkurrenz, konnte nicht verhindern, dass dieses Baumuster 2004 diskret eingestellt wurde.

Nun stellt BMW die R18 vor. Diesmal hat sich BMW Motorrad technisch und formensprachlich an historischen BMW Motorräder orientiert. Sie nimmt technisch als auch optisch Anleihen an berühmten Modellen wie der BMW R5 und rückt das Wesentliche am Motorrad wieder in den Mittelpunkt: puristische, schnörkellose Technik und den Boxermotor als Epizentrum von Fahrgenuss.

Herzstück der BMW R 18 ist ein komplett neu entwickelter Zweizylinder-Boxermotor, der «Big Boxer». Nicht nur mit seinem eindrucksvollen Erscheinungsbild, sondern auch in technischer Hinsicht knüpft er an die längs eingebauten, luftgekühlten Boxermotoren an, die seit Beginn der BMW Motorrad Fertigung im Jahre 1923 für ein begeisterndes Fahrerlebnis sorgten.

Es ist der hubraumstärkste Zweizylinder-Boxermotor, jemals in Serie gefertigt wurde: 1.802 Kubik. Die Leistung liegt bei für dieses Segment respektablen 67 kW (91 PS) bei 4 750/min. Von 2 000 bis 4 000 min/min sind, so BMW, immer über 150 Nm Drehmoment abrufbar, untermalt von sattem Sound.

Das Chassis ist ein Doppelschleifen-Rohrrahmen aus Stahl. Die besonders hohe Fertigungsqualität und Liebe zum Detail zeigt sich bei kaum wahrnehmbaren Details wie den Schweißverbindungen zwischen Stahlrohren und Guss- beziehungsweise Schmiedeteilen. Die nach vergleichbarem Muster gefertigte Hinterradschwinge fasst wie bereits die legendäre BMW R5 das Hinterachsgetriebe stilecht über Schraubverbindungen ein.

Als Federelemente sind eine Teleskopgabel und ein direkt angelenktes Zentralfederbein mit wegabhängiger Dämpfung und verstellbarer Federvorspannung verbaut. Die Dämpfung kann nicht eingestellt werden, weder Manuell noch elektronisch. Wie bei der R5 sind die Standrohre der Teleskopgabel mit Gabelhülsen verkleidet. Der Standrohrdurchmesser beträgt 49 mm, der Federweg vorne 120 und hinten 90 mm. Vorne ist eine Doppelscheibenbremse, hinten eine Einscheibenbremse verbaut, beide mit Vierkolbenzangen.

Eine Feet-Forward-Fahrposition ist wegen des Boxermotors nicht möglich. BMW rühmt deshalb die lässige, sogenannte «Mid mounted footpeg»-Position der Fußrasten, die eine entspannte und fahraktive Sitzhaltung für beste Fahrzeugkontrolle ermöglichen soll.

Ganz ohne Elektronik kommt die R18 dann doch nicht daher: Die drei Fahrmodi heissen originell «Rain», «Roll» und «Rock». Ebenfalls serienmässig ist neben dem obligatorischen ABS eine abschaltbare Traktionskontrolle, bei BMW ASC (Automatic Stability Control, abschaltbar) genannt, dazu managt eine Motor-Schleppmoment-Regelung (MSR) die Motorbremswirkung.

Optional kann man Berganfahrhilfe (Hill Start Control) und eine Rückfahrhilfe ordern. Letztere dürfte höchst willkommen sein, wenn man die R18 gedankenlos auf leicht abschüssigem Terrain abgestellt hat und den Big Cruiser rückwärts bergan rangieren muss. Serienmässig ist Beleuchtung in LED-Technologie, optional ergänzbar durch adaptives Kurvenlicht.

Damit die R18 nicht wie einst die R1200C wegen ihres Auftritts verschmäht wird, hat sich die Designabteilung mächtig angestrengt. Funktionale und stilprägende Elemente wie der Doppelschleifenrahmen, der Tropfentank, das klassisch gezeichnete Rundinstrument, die offen laufende Kardanwelle, Drahtspeichenräder oder die Lackierung mit Doppellinierung (Sonderausstattung ab Werk) erinnern nicht von ungefähr an den legendären Boxer aus dem Jahr 1936.

Auch bestehen die klassischen Karosserieumfänge der R18 – ganz wie es sich für einen authentischen Klassiker geziemt – aus Metall. Das Heck sieht aus wie ein Starrrahmen. In Wirklichkeit ermöglicht eine Zweiarmschwinge mit einem Federbein in Cantilever-Anordnung immerhin 90 mm Federweg.

Zur Markteinführung wird die R18 neben einem, bestimmten Märkten vorbehaltenen Standardmodell weltweit als exklusive R18 First Edition angeboten, in klassisch schwarzem Lack mit weißer Doppellinierung und weiterer Sonderausstattung. Darüber hinaus zählen gibt’s mehr Chrom, eine Sitzplakette und die Chromspange "First Edition" auf den Seitendeckeln.

Wie schon bei der RnineT wurde auch bei der R18 ein späteres Customizing schon bei der Konstruktion des Serienmodells berücksichtigt. Entsprechend verfügt sie über einen leicht abnehmbaren Heckrahmen und einen einfach zu demontierenden Lacksatz. Durchdacht angelegte Schnittstellen für die Hydraulikleitungen von Bremse und Kupplung sowie im Kabelbaum erlauben zudem die völlig problemlose Montage höherer oder niedrigerer Lenker in Verbindung mit passenden Hydraulikleitungen und Kabelsträngen. Darüber hinaus sind die sichtbaren Ventildeckel (Zylinderkopfhauben) und die Heldenbrust (vorderer Motorgehäusedeckel) derart konzipiert, dass sie außerhalb des Ölraums sitzen und damit sehr leicht zu wechseln sind.

Selbstverständlich wird BMW selbst ein umfangreiches Teileprogramm anbieten, mit dem sich die R18 umbauen und individualisieren lässt. Bereits zur Markteinführung gibt es zwei verschiedene, zusammen mit Roland Sands Design gestaltete Design-Kollektionen von Aluminium-Frästeilen: «Machined» und «2-Tone-Black». Unter anderem werden hochwertige, handgefertigte Sitze und Sitzbänke in unterschiedlichen Varianten vom amerikanischen Hersteller Mustang Seats erhältlich sein, dazu verschiedene Auspuffanlagen von Vance & Hines.

Erhältlich ist die BMW R18 ab Herbst 2020 in Deutschland ab 22.800 Euro. In der Schweiz kostet sie ab 23.650 Franken, in Österreich ab 26.490 Euro.

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