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Mick Schumacher: Emotionale Reise Richtung Formel 1

Von Andreas Reiners
Mick Schumacher

Mick Schumacher

Vor sechs Jahren verunglückte Formel-1-Legende Michael Schumacher beim Skifahren. Sein Sohn Mick tritt inzwischen in seine grossen Fussstapfen, geht dabei aber seinen ganz eigenen Weg.

Eine Sekunde reicht, um ein ganzes Leben zu verändern. Ein Wimpernschlag, und alles ist anders. Leider ist diese Kehrtwende nicht immer positiv.

Bei Michael Schumacher war es am 29. Dezember 2013 diese eine Sekunde, dieser tragische Skiunfall im französischen Skigebiet Méribel, der sein ganzes Leben und auch das seiner Familie auf den Kopf stellte. Seitdem ist für sie vieles nicht mehr so, wie es einmal war. 

Nach aussen hin haben sie einen Weg gefunden, damit umzugehen. Ausstellungen erinnern an den Rekordweltmeister, seine Homepage, Accounts in den sozialen Medien. 

Die Privatsphäre steht an erster Stelle

Genaue Informationen zu seinem Gesundheitszustand bleiben eine Seltenheit – die Privatsphäre, die Schumi immer wichtig war, die an erster Stelle stand. Immer mal wieder meldet sich Ehefrau Corinna und bedankt sich für die Anteilnahme, die immer noch riesig ist.

Wie riesig, das spürt vor allem Michaels Sohn Mick, der das Erbe des Vaters trägt. Und damit die Hoffnungen und Träume vieler Fans, dass bald mal wieder ein Schumacher in der Formel 1 fährt. Denn Mick hat in den vergangenen sechs Jahren eine emotionale Reise durch den Motorsport absolviert, um sich seinen Traum (und den seines Vaters) zu erfüllen. Und das ist nur an dem gemessen, was man als Aussenstehender mitbekommt, was man abschätzen kann.

Denn Mick hält es wie der Papa.  

«Mir ist das Privatleben auch sehr wichtig. Das Private wirklich privat zu halten, darin ist mein Vater sehr gut, das stand für ihn immer an oberster Stelle», sagte Schumacher im Interview der Süddeutschen Zeitung: «Für mich ist das auch so, das ist der Ort, wo ich mich fallen lassen und Energie zurückgewinnen kann.»

Der Schritt in die Öffentlichkeit erfolgt rund eineinhalb Jahre nach dem folgenschweren Unfall. Im Frühjahr 2015 feiert er sein Debüt in der Formel 4, nachdem er im Kartsport noch unter dem Mädchennamen seiner Mutter fuhr. 

Der Hype ist unter der Einwirkung des Unfalls unfassbar gross, doch Mick wird behutsam herangeführt, Interviews sind eine Seltenheit, Fragen zu seinem Vater anfangs nicht erwünscht. Die zum Unfall sowieso, aber auch wenn es um scheinbar harmlose geht, wie die Rolle des siebenmaligen Champions als Vorbild oder Erinnerungen an früher. 

Mick reift als Mensch und als Fahrer

Während Mick auf der Rennstrecke in zwei Jahren Formel 4 als Rennfahrer langsam reift, tut er dies auch als Mensch. Die Interviews werden zahlreicher, Fragen und Antworten detailreicher. Er ist immer noch schüchtern, doch genauso wie man den Rheinländer heraushört, sind auch andere Parallelen zum Vater nicht mehr zu übersehen. Auch auf der Strecke. 

Mit dem Aufstieg in die Formel 3 folgt 2017 der nächste Schritt. Es ist der Zweijahres-Rhythmus, der zeigt, dass er auch auf der Strecke einen Schritt nach dem anderen machen soll. Er wird nicht eingebremst, aber doch ein Stück weit abgeschirmt, in dem Wissen, wie viel Hype der Name Schumacher auslösen kann. Zuviel für einen 18-Jährigen.

Denn natürlich sind die Fussstapfen riesig und im Normalfall gar nicht auszufüllen, doch Mick scheut die nachvollziehbare Suche nach den Parallelen nicht mehr. Als er 2018 die Formel 3 gewinnt, heisst es sofort: Zwei Jahre früher, als es der Vater schaffte. Der Papa, die besonderen Emotionen, die Erinnerungen, die Erwartungen sind ein ständiger Begleiter. Es scheint aber, dass es keine Belastung für ihn ist, sondern Ansporn. 

Denn klar: Natürlich eifert der Junior dem Senior nach. «Da gibt es viele Aspekte, wo ich sage: Wow, das war einfach speziell, wie er das gemacht hat», sagte Schumacher: «Ich achte zum Beispiel darauf, wie er bestimmte Situationen gelöst hat.»

Eigene Wege gehen

Schumacher hat sich jedoch auch vorgenommen, eigene Wege zu gehen. «Ich glaube, es ist wichtig, eigene Fehler zu machen. Aber wenn ich in manchen Situationen schon weiss, wie ich reagieren könnte und so grosse Fehler vermeiden kann, ist das natürlich besser», sagte Schumacher: «Ich glaube, da gibt es einiges von ihm zu lernen für mich. Wir haben ein ähnliches Temperament.»

Inzwischen ist Mick in der Formel 2 unterwegs, hat ein durchschnittliches Rookie-Jahr mit einem Sieg, Höhen und Tiefen und Gesamtplatz 12 hinter sich und ist Ferrari-Junior. 2020 will er in der obersten Nachwuchsklasse vorne angreifen, nachdem er zeitweise mit einem vorzeitigen Aufstieg in die Formel 1 in Verbindung gebracht wurde.

«Natürlich wäre es schön gewesen, in die Formel 1 zu gehen, es kann aber positiv sein, noch ein Jahr zusätzlich in einer Junior-Kategorie zu fahren, um mehr Erfahrung zu sammeln», sagte er.

Stimmt, es hatte sich ja bislang stets ausgezahlt, dass er eine weitere Saison einlegte. Meist folgt dann der entscheidende Entwicklungssprung. Klar ist, dass dieser Schritt 2020 kommen muss. «Wir erwarten viel von ihm im nächsten Jahr», sagte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto.

Die Probezeit ist beendet, wenn Schumacher in die Formel 1 will, sollte er 2020 regelmässig vorne mitfahren, um zu beweisen, dass er bereit ist. Er selbst weiss das natürlich. «Ja, mein Ziel ist es, mit den Besten mitzuhalten, wenn nicht an der Spitze zu fahren.»

Kommt 2021 zu früh?

Doch die Luft an der Spitze, ganz oben in der Formel 1, die wird dünner, die freien Plätze sind begrenzter. 2021 werden die Karten neu gemischt, laufen die Fahrerverträge in der Formel 1 reihenweise aus, weil ein neues Reglement kommt. Ein Grund, warum das übernächste Jahr zu früh kommen könnte. «Es wird wichtig sein, Fahrer mit etwas Erfahrung zu haben, denn die Autos werden komplett neu sein», so Binotto.

Es bleibt also erst einmal offen, wann der Traum in Erfüllung geht. Viel wird davon abhängen, wie er sich in der Formel 2 schlägt. Wie sehr die Fans dem Debüt entgegenfiebern, hat Schumacher bereits gespürt, zum Beispiel in diesem Jahr beim Formel-1-Rennen in Hockenheim, als er den Ferrari F2004 seines Vaters fahren durfte. 

Oder beim Ferrari-Event in Mailand vor dem Rennen in Monza. Die Bilder von ihm bei den Tests im Ferrari im April sorgten bereits für Gänsehaut-Momente. 

Für einen Vorgeschmack, wie es sein könnte. Wie besonders es werden kann, wenn die emotionale Reise tatsächlich in die Formel 1 führt.

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