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Helmut Marko 77 Jahre alt: Alles Gute, Herr Doktor

Von Gerhard Kuntschik
Dr. Helmut Marko

Dr. Helmut Marko

​Dr. Helmut Marko, gelernter Jurist und Red Bull-Rennsportberater, steht dem Thema Geburtstag eher unaufgeregt gegenüber. Der Grazer pflegt bei solchen Gelegenheiten zu sagen: «Ein Tag wie jeder andere.»

27. April 2020 – der Grazer Dr. Helmut Marko ist 77 Jahre alt. Wie entspannt der Le-Mans-Sieger von 1971 dem Thema Geburtstag gegenübersteht, wurde mir spätestens vor zwei Jahren klar, als es einen runden gab. Schon damals sagte Dr. Marko schlicht: «Das ist ein Tag wie jeder andere.»

Dass Marko und Red Bull seit mehr als 20 Jahren Schwergewichtler im internationalen Motorsport sind, ist auf die Hartnäckigkeit von Markus Friesacher zurückzuführen. Der Salzburger erfreute sich in seiner aktiven Zeit stets der Unterstützung durch Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz. Doch 1997 schien seine Laufbahn in der Formel 3000 beendet, als sein Teamchef Paolo Coloni zwar einiges nahm, aber wenig gab. Friesacher wich 1998 in die australische Formel Holden aus (ähnlich der damaligen Formel 3000) und brachte Dr. Helmut Marko dazu, ihm ein paar Mal auf die Finger zu schauen, als er Dritter der Serie wurde (und der Meister Scott Dixon hiess, heutiger Star der IndyCar-Szene).

Friesacher brachte Marko für 1999 dazu, das erste Junior-Team von Red Bull zu gründen, in der Formel 3000 mit Friesacher und dem Brasilianer Enrique Bernoldi. Zur Teamvorstellung im Februar in Graz in Markos M1-Café wurde sogar ein Bolide in lichte Höhen gehoben.

Friesachers Karriere endete nach wenigen Saisonrennen mit einer Handverletzung, doch die Nachwuchsarbeit von Red Bull mit Marko nahm Fahrt auf.

So lange Mateschitz mit Peter Sauber ein Formel-1-Gespann bildete (zehn Saisons lang bis 2004), war das Verhältnis zwischen dem Grazer und dem Zürcher nicht friktionsfrei – und der Salzburger Boss sass dazwischen. Zum Bruch wäre es fast vor der Saison 2001 gekommen: Marko wollte Bernoldi im Sauber-Team sehen, Sauber bestand auf einem gewissen, damals so gut wie unbekannten Finnen namens Kimi Räikkönen. Sauber bekam Kimi, der Brasilianer fuhr dank Red Bull und Marko bei Tom Walkinshaws Arrows-Team – übrigens als Teamkollege von Verstappen, und zwar Jos, dem Senior.

Als sich Red Bull von Sauber trennte, weil man bereits Christian Klien bei Jaguar unterstützte, war es bis zum Kauf des Ford-eigenen Teams nicht mehr weit. Aus Jaguar wurde Red Bull Racing. Und als dort Tony Purnell als Teamchef durch Christian Horner abgelöst wurde, war Helmut Marko längst mehr als die graue Eminenz von Red Bull in der Formel 1.

Dass Marko, auch wenn er Sebastian Vettel nicht ursprünglich entdeckt hatte, durch die Förderung des Heppenheimers massgeblich an den vier WM-Titeln beteiligt war, ist unbestritten. Zwischen Marko und Mateschitz hatte sich ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, das es in der Formel 1 selten gibt.

Auch die Idee des zweiten Teams als Ausbildungsstätte, der Kauf von Minardi ein Jahr nach Jaguar und die Transformation zur Scuderia Toro Rosso, heute AlphaTauri, war eine logische Weiterführung von Markos Nachwuchsförderung. Bei AlphaTauri sollen die Red-Bull-Junioren die GP-Siegerreife erhalten, um später bei Red Bull Racing zu glänzen. Mit Vettel, Ricciardo und Verstappen hat das wundervoll funktioniert. Wenn in der komplizierten Statistik kein Fehler unterläuft, hat es seit 1999 stattliche 87 Red-Bull-Junioren gegeben, von denen es 15 in Red-Bull-Farben in die Formel 1 schafften – plus zwei weitere, die nach der Re-Bull-Zeit Grands Prix bestritten haben.

Vielleicht hängt Markos Akribie in der Talenteförderung (von Gerhard Berger über Karl Wendlinger, Jörg Müller bis zu den heutigen Kart-Kids) auch mit dem abrupten Ende der eigenen Karriere zusammen.

Als ich am 25. Juni 1972, wenige Tage nach meiner Matura, für die «Nö. Nachrichten» vom 1000-Kilometer-Rennen auf dem Österreichring und dem zweiten Platz von Helmut Marko/Carlos Pace im Werks-Ferrari 312 PB (hinter den Teamkollegen Jacky Ickx/Brian Redman und vor dem dritten Ferrari mit Tim Schenken/Ronnie Peterson) berichten durfte, ahnte ich nicht, Zeuge von Markos letztem beendeten Rennen geworden zu sein.

Eine Woche später, am 2. Juli 1972, passierte in Runde 9 des französischen GP in Clermont-Ferrand jener Unfall, der Marko ein Auge und die weitere Karriere kostete. Vielleicht wäre die Formel-1-Geschichte anders verlaufen, hätte Ronnie Petersons March diesen Stein nicht aufgewirbelt.

«Ich hatte schon Gespräche wegen eines Wechsels zu Ferrari geführt, mit Rennleiter Peter Schetty, und besass praktisch einen Vorvertrag für 1973», gab Marko Jahrzehnte später preis.

Als Motorsport-Chef von Red Bull wurde er viel später vier Mal Weltmeister und 63facher GP-Sieger (62 Siege mit Red Bull Racing, 1 Sieg mit Toro Rosso).

Nach Vettels drittem WM-Titel 2012 fragte ich Marko nach einem allfälligen Rückzug in die Pension. «Ende 2014 wäre ein guter Zeitpunkt, da enden die Verträge von Vettel, Horner und mir», meinte Marko damals. Doch seither ist mit Honda ein hervorragender Partner für Red Bull Racing und AlphaTauri gefunden worden, der mithelfen soll, Max Verstappen zum Weltmeister zu machen. Da muss der Ruhestand warten.

Alles Gute, Herr Doktor.

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