Valentino Rossi sucht das Glück

Mythos Monaco: Immer wieder verrückte Geschichten

Von Mathias Brunner
​Zwei Rennwagen im Hafenbecken, ein Grand Prix, den offenbar keiner gewinnen wollte, ein Sieger, der zum Spion wurde – immer wieder schreibt Monaco die fabelhaftesten Formel-1-Geschichten.

Der Grosse Preis von Monaco, das Rennen des Jahres: Kein Grand Prix ist von kraftvollerer Symbolik für die Glitzerfassade der Formel 1 als der Rennklassiker von Monte Carlo. So edel der Rahmen mit viel Sonne, träge im Hafen dümpelnden Yachten und glitzerndem Meer auch sein mag, so umständlich waren jahrelang die Arbeitsbedingungen. Die Fans schwärmten, die Mechaniker fluchten. Monaco ist etwas ganz Besonderes, kein Wunder, zog es so viele Maler ins Zauberlicht der Côte d’Azur.

Über kein Formel-1-Rennen wird so viel geredet, beim keinem Grand Prix erhalten die ganz nahe an der Bahn sitzenden Fans eine solche Gelegenheit, den wahren Speed der Autos wahrzunehmen. Und dann wird nächtelang gefachsimpelt, denn an ungewöhnlichen Fakten gibt es jede Menge. Denn Monaco schreibt die fabelhaftesten Formel-1-Geschichten. Hier sind einige davon.

Ausgerechnet ein Monegasse hält den Rekord des ältesten Formel-1-WM-Piloten: In Monaco 1958 war Louis Chiron stattliche 58 Jahre alt! Doch Chiron, Monaco-Sieger 1931, konnte sich nicht für den Grand Prix qualifizieren. 1955 bestritt Chiron sein letztes Heimrennen, als 55-Jähriger. An den Haudegen erinnert eine schöne Büste unten am Hafen.

Der erste Monaco-GP 1929 wurde von Williams gewonnen, doch mit Sir Frank Williams und seinem Team hat das nichts zu tun: Bugatti-Fahrer William Charles Frederick Grover-Williams (geboren 1903 in Montrouge, Frankreich) war ein britisch-französischer Autorennfahrer und Spion, der 1945 im KZ von Sachsenhausen hingerichtet wurde. Auch an den ersten Monaco-Sieger erinnert ein Denkmal. Es zeigt ihn in seinem Rennwagen.

Der Monaco-GP ist der längste an Runden (78), aber der kürzeste an Renndistanz (260,286 km). Vollgas wird im Fürstentum nur knapp 30 Sekunden lang pro Runde gegeben. Daher ist Benzinsparen zum Glück kein Thema.

Keiner gewann den Monaco-GP von weiter hinten: Olivier Panis startete 1996 vom 14. Startplatz und fuhr im Ligier zum Sieg. Es dauerte bis 2020, um auf dem Formel-1-Siegerpodest wieder die Marseillaise zu hören – nachdem Pierre Gasly in Monza gewonnen hat.

Der Aufbau der Rennstrecke dauert doppelt so lange wie der Abbau – jeweils sechs und drei Wochen. Die vielen tausend Einzelteile (Tribünen, Leitschienen, Zäune etc.) sind, Stück für Stück nummeriert, in Lagerhäusern rund um Monaco untergebracht. Verbaut werden unter anderem 33 Kilometer Leitschienen, 20.000 Quadratmeter Fangzäune, 1100 Tonnen Tribünen und 3600 Altreifen.

Typisch Monaco ist, dass hier alles ein wenig Kopf stehen kann: Entweder die Rennen wurden gleich serienweise von Champions gewonnen (Ayrton Senna sechs Mal, Michael Schumacher fünf Mal, Graham Hill fünf Mal, Alain Prost vier Mal, Stirling Moss, Stewart und Lewis Hamilton je drei Mal), oder zwischendurch siegten Fahrer, die nie über den Sieges-Schampus von Monaco hinauskommen sollten – wie obiger Olivier Panis, wie Jean-Pierre Beltoise 1972, wie Jarno Trulli 2004, wie Maurice Trintignant (1955 und 1958).

2006 schenkte David Coulthard dem Red Bull Racing-Team in Monaco den ersten Podestplatz des Rennstalls aus Milton Keynes. Weil RBR beim Strassenrennen Werbung für einen Superman-Film machte, fragte Coulthard den Prinzen Albert, ob er mit einem Superhelden-Cape aufs Podest dürfe. Der Prinz hatte nichts dagegen.

Am 22. Mai 1955 fiel Alberto Ascari samt seines Lancia-Ferrari ins Hafenbecken von Monaco. Er konnte sich schwimmend ans Ufer retten, der Wagen wurde später aus dem Wasser gefischt. Der Australier Paul Hawkins tat es ihm 1965 gleich. Auch er kam mit dem Leben davon.

Der Monaco-GP 1982 war jenes Rennen, das scheinbar keiner gewinnen wollte: Leader Alain Prost hagelte in Runde 74 (von 76) in die Leitschienen. Der neue Leader, Ricciardo Patrese im Brabham, drehte sich und würgte in der Loews-Kurve den Motor ab. Nun führte Didier Pironi, doch dem Ferrari-Fahrer ging ausgangs des Tunnels der Sprit aus. Also sollte Andrea de Cesaris das Kommando übernehmen, doch auch dem Alfa-Fahrer ging der Sprit aus! Der neue Leader Derek Daly rollte mit kaputten Flügeln und Getriebe aus, nach einem Leitschienenkuss. Damit siegte – Riccardo Patrese, der von der Loews auf abschüssiger Bahn den Motor wieder in Gang bringen konnte. Pironi und de Cesaris wurden aufgrund der zurückgelegten Distanz als Zweite und Dritter gewertet. Verrückt!

Die Formel-1-Sieger in Monaco

2020 Rennen abgesagt
2019 Lewis Hamilton – Mercedes *
2018 Daniel Ricciardo – Red Bull Racing *
2017 Sebastian Vettel – Ferrari
2016 Lewis Hamilton – Mercedes
2015 Nico Rosberg – Mercedes
2014 Nico Rosberg – Mercedes *
2013 Nico Rosberg – Mercedes *
2012 Mark Webber – Red Bull Racing-Renault *
2011 Sebastian Vettel – Red Bull Racing-Renault *
2010 Mark Webber – Red Bull Racing-Renault *
2009 Jenson Button – BrawnGP-Mercedes *
2008 Lewis Hamilton – McLaren-Mercedes
2007 Fernando Alonso – McLaren-Mercedes *
2006 Fernando Alonso – Renault *
2005 Kimi Räikkönen – McLaren-Mercedes *
2004 Jarno Trulli – Renault *
2003 Juan Pablo Montoya – Williams-BMW
2002 David Coulthard – McLaren-Mercedes
2001 Michael Schumacher – Ferrari
2000 David Coulthard – McLaren-Mercedes
1999 Michael Schumacher – Ferrari
1998 Mika Häkkinen – McLaren-Mercedes *
1997 Michael Schumacher – Ferrari
1996 Olivier Panis – Ligier-Mugen-Honda
1995 Michael Schumacher – Benetton-Renault
1994 Michael Schumacher – Benetton-Ford *
1993 Ayrton Senna – McLaren-Ford
1992 Ayrton Senna – McLaren-Honda
1991 Ayrton Senna – McLaren-Honda *
1990 Ayrton Senna – McLaren-Honda *
1989 Ayrton Senna – McLaren-Honda *
1988 Alain Prost – McLaren-Honda
1987 Ayrton Senna – Lotus-Honda
1986 Alain Prost – McLaren-TAG Porsche *
1985 Alain Prost – McLaren-TAG Porsche
1984 Alain Prost – McLaren-TAG Porsche *
1983 Keke Rosberg – Williams-Ford
1982 Ricardo Patrese – Brabham-Ford
1981 Gilles Villeneuve – Ferrari
1980 Carlos Reutemann – Williams-Ford
1979 Jody Scheckter – Ferrari *
1978 Patrick Depailler – Tyrrell-Ford
1977 Jody Scheckter – Wolf-Ford
1976 Niki Lauda – Ferrari *
1975 Niki Lauda – Ferrari *
1974 Ronnie Peterson – Lotus-Ford
1973 Jackie Stewart – Tyrrell-Ford *
1972 Jean-Pierre Beltoise – BRM
1971 Jackie Stewart – Tyrrell-Ford *
1970 Jochen Rindt – Lotus-Ford
1969 Graham Hill – Lotus-Ford
1968 Graham Hill – Lotus-Ford *
1967 Denny Hulme – Brabham-Repco
1966 Jackie Stewart – BRM
1965 Graham Hill – BRM *
1964 Graham Hill – BRM
1963 Graham Hill – BRM
1962 Bruce McLaren – Cooper-Climax
1961 Stirling Moss – Lotus-Climax *
1960 Stirling Moss – Lotus-Climax *
1959 Jack Brabham – Cooper-Climax
1958 Maurice Trintignant – Cooper-Climax
1957 Juan Manuel Fangio – Maserati *
1956 Stirling Moss – Maserati
1955 Maurice Trintignant – Ferrari
1950 Juan Manuel Fangio – Alfa Romeo *
* Sieg von der Pole-Position

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