Imola: Ferrari verzückt Tifosi, Druck im Kessel fällt

Unvergleichliche Stimmung in Imola
Die Formel 1 ist der Sport der Extreme. Wo sonst liegen Tiefen und Höhen so dicht beisammen? Das beste Beispiel ist jener Grand-Prix-Rennstall, der weltweit am meisten Fans in seinen Bann zieht – Ferrari.
Imola 2025 nach dem Abschlusstraining: Die Tifosi im Tal der Tränen, eine Klatsche für die stolze Scuderia. Ausgerechnet im Autodromo Enzo e Dino Ferrari von Imola war die Ernüchterung unter den Fans riesig, als die Qualifikation vorbei war: Charles Leclerc und Lewis Hamilton schon im zweiten Quali-Segment ausgeschieden, das schlechteste Mannschaftsergebnis vor den treuen Tifosi in 45 Jahren Imola-GP, was für eine krachende Blamage!
Imola 2025 nach dem Rennen: Die Tifosi mit stolzgeschwellter Brust, Charles Leclerc und Lewis Hamilton fuhren sich die Seele aus dem Leib, unterschiedlich belohnt. Leclerc hätte eigentlich Dritter werden müssen, hatte dann aber ein wenig Pech. Hamilton hätte Dritter werden können, aber dazu hätte der Grosse Preis der Emilia-Romagna mehr Runden haben müssen als diese 63. Am Ende kreuzte Lewis knapp hinter Oscar Piastri die Ziellinie, als Vierter.
Beide Fahrer hatten ihren treuen Anhängern versprochen, dass sie alles geben würden, um die Trainings-Schmach vergessen zu machen, und wie sie Wort gehalten haben!
Lewis Hamilton sagt: «Viele Leute haben mir das zwar nicht so richtig geglaubt, aber ich habe immer gesagt – wenn wir es schaffen, das Potenzial des Wagens anzuzapfen, dann hat der Ferrari richtig Speed. In Shanghai beim Sieg im Sprint konnten wir das zeigen und nun auch hier in Imola. Das gibt uns Mut.»
Ein solcher Befreiungsschlag war dringend notwendig.
Denn in den Wochen zuvor gab es haufenweise Kritik für den ältesten und berühmtesten Rennstall der Welt.
Das stolze Ferrari wollte mit dem Rennwagen des Typs SF-25 einen Sprung nach vorne machen und ein Wörtchen mitreden bei der Titelvergabe. Aber nach einem Viertel der GP-Saison 2025 sagte sich selbst der leidenschaftlichste Tifoso: Das wird wieder nichts mit dem WM-Titel.
Und dann wird schnell mal nach Schuldigen gesucht. Die Frage begann zu kreisen: Hat der neue Technikchef Loic Serra versagt?
Zur Erinnerung: Der letzte Fahrer-WM-Titel eines Piloten im Ferrari geht zurück auf Kimi Räikkönen 2007, der letzte Triumph im Konstrukteurs-Pokal? 2008.
Ferrari ging mit viel Elan in die Saison 2025. Das erklärte Ziel: Die Lücke zur Spitze (McLaren) schliessen und ein Wörtchen mitreden bei der Titelvergabe. Der diesjährige Rennwagen des Typs SF-25 sollte das schaffen in Form einer aggressiven Evolution des 2024er Fahrzeugs.
Vor der starken Leistung im Imola-GP war der Unmut gross, und die italienische Medienlandschaft ist rau.
Während sich die Kritik an Teamchef Fred Vasseur (noch) in Grenzen hielt, wurde die Rolle von Technikchef Loic Serra hinterfragt, der im Oktober 2024 nach Maranello gekommen war; nach seiner erfolgreichen Zeit bei Mercedes.
Noch vor dem Rennen hat sich Vasseur schützend vor seinen französischen Landsmann gestellt: «Als Loic vor sechs Monaten nach Maranello kam, war der aktuelle Einsitzer zu 90 Prozent fertig. Die grundlegenden Design-Entscheidungen waren getroffen. Ich spreche hier von Grundsätzlichem wie Basiskonzept, Gewichtsverteilung, Radstand.»
Die Botschaft von Vasseur: Serra muss damit leben, was sein Vorgänger Enrico Cardile hinterlassen hat (der inzwischen für Aston Martin tätig ist).
Auf der anderen Seite: Cardile hat Maranello Anfang Juli 2024 verlassen, das Projekt SF-25 kommt einem fast etwas vor wie ein Waisenkind.
Vasseur gibt zu bedenken: «Andererseits ist das Team zu 95 Prozent das gleiche Team, das sich um die Projekte 2023, 2024 und 2025 gekümmert hat, und ich bin überzeugt, dass ein Projekt mit Problemen nicht bedeutet, dass die Struktur nicht funktioniert.»
«Ich habe grosses Vertrauen in unsere Mannschaft. Wir wissen natürlich, dass wir uns verbessern müssen, aber das ist eine Konstante im Motorsport. Selbst wer an der Spitze steht, muss sich weiter verbessern, Stillstand ist Rückschritt.»
«Aber die Motivation bei uns ist intakt, die Sieger-Mentalität ist da, und ich bin mir sicher, dass wir uns einfach weiterentwickeln und Probleme erkennen und lösen müssen.»
Ein starker Auftritt beim Imola-GP lässt die Kritiker erst mal ein wenig leiser werden.
Und nun geht es auf jene Strecke, auf welcher vor allem Charles Leclerc vor Ehrgeiz fast platzt – auf die Strassen seines Monte Carlo.