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Jules Bianchi-Crash: Hintergründe zur Kopfverletzung

Von Vanessa Georgoulas
Gary Hartstein war 16 Jahre lang als Notfallmediziner an den GP-Wochenenden an der Strecke

Gary Hartstein war 16 Jahre lang als Notfallmediziner an den GP-Wochenenden an der Strecke

Nachdem sich Marussia-Pilot Jules Bianchi bei einem Crash im Japan-GP schwere Kopfverletzungen zugezogen hat, erklärt der ehemalige Formel-1-Arzt Prof. Gary Hartstein, wie die Hilfe an der Unfallstelle abläuft.

Der Crash von Jules Bianchi im Japan-GP hat schwere Folgen für den 25-jährigen Marussia-Piloten aus Nizza. In einem ersten offiziellen Statement erklärt der Automobilweltverbandes FIA: «Eine Computer-Tomographie hat gezeigt, dass Jules Bianchi eine schwere Kopfverletzung erlitten hat, er wird gegenwärtig operiert. Anschliessend kommt er zur Beobachtung auf die Intensivstation. Das Mie General Hospital wird neue Nachrichten veröffentlichen, sobald weitere Erkenntnisse vorliegen.»

Der ehemalige Formel-1-Streckenarzt Prof. Gary Hartstein, der 16 Jahre lang an den GP-Wochenenden als Notarzt an der Strecke weilte, kennt das Notfall-Prozedere an der Rennstrecke auswendig. Der 59-jährige New Yorker hatte das Amt 2005 von Professor Sid Watkins übernommen und schon zuvor unter dem legendären Professor an den GP-Strecken gedient.

Pupillen als Spiegel des Gehirns

In seinem Blog schreibt der US-Amerikaner: «Oft teilt man Kopfverletzungen in drei Kategorien ein: Leicht, mittelmässig und schwer. Die Einstufung erfolgt durch ein Klassierungssystem, das sich Glasgow Coma Score (GCS) nennt. Das ist eine standardisierte Skala, die weltweit eingesetzt wird, um die Schwere eines Komas zu bestimmen und es erlaubt, den Zustand des Patienten genau zu dokumentieren.»

Hartstein weiss: «Einer der ersten Schritte bei einem Patienten mit einer Kopfverletzung ist die Prüfung der Pupillen. Das kommt gleich nachdem man die Sauerstoffzufuhr gesichert und die Kreislaufsituation geklärt hat. Normalerweise sind die Pupillen halboffen und lichtempfindlich. Das kann sich unter gewissen Bedingungen ändern. Wenn man bedenkt, dass der Durchmesser der Pupillen vom Stammhirn gesteuert wird, das die meisten Vitalfunktionen managt, dann realisiert man, dass die Pupillen gewisse neurologische Prozesse widerspiegeln.»

Der Professor verrät: «Geweitete Pupillen, die sich bei Licht nicht zusammenziehen, bereiten uns grosse Sorgen, und damit meine ich wirklich grosse, ernste Sorgen. Wenn nur eine Pupille geweitet ist, dann bedeutet das, dass der Hirnstamm durch einen asymmetrischen Druck auf einer Seite eingeklemmt wird. Das ist gar nicht gut, hier ist sehr schnelles Handeln gefragt.»

Augen, Sprache, Reaktion

Hartstein fährt fort: «Als nächster Punkt folgt die Ermittlung des GCS. Die Skala reicht von drei bis acht Punkten und erlaubt die Einteilung in leichte (GCS 13-15), mittelmässige (GCS 9-12) und schwere (GCS ≤ 8) Kopfverletzungen. Der Rettungsmediziner schaut sich nicht nur die Pupillen an, sondern auch die Augen. Öffnet der Verunfallte die Augen spontan, dann ist das vier GCS-Punkte wert. Öffnet er sie erst, wenn er angesprochen wird, dann gibt das 3 GCS-Punkte und wenn die Augen erst nach einem schmerzhaften Impuls geöffnet werden, dann gibt es nur noch zwei Punkte. Bleiben die Augen geschlossen, entspricht das einem GCS-Punkt.»

Der New Yorker erklärt weiter: «Danach wird die Sprache unter die Lupe genommen. Wenn der Rennfahrer orientiert wirkt und ohne Probleme Fragen beantworten kann, entspricht das fünf Punkten, ist er verwirrt, dann entspricht das einem Wert von vier Punkten, wenn er nur noch unzusammenhängende Worte spricht, entspricht das einem Wert von drei Punkten. Wenn er nur noch mit Lauten kommuniziert, dann sind es zwei Punkte und wenn er gar nicht spricht, dann gibt es wiederum einen Punkt.»

Auch die Bewegungen werden geprüft. Hartstein schildert: «Wenn der Patient einfache Befehle befolgen kann, dann gibt es die Maximalpunktzahl von sechs Punkten, wenn er sich gar nicht bewegt, gibt es wieder nur einen Punkt. Dazwischen gibt es vier Abstufungen. Patienten mit schweren Kopfverletzungen verlieren viele Punkte beim Augen-Test. Auch die Sprache leidet. Wenn wir sehr schnell beim Patienten ankommen, ist es gut möglich, dass er zuerst noch sprechen kann, das Gesagte sich aber schnell in Gemurmel verliert. Nicht selten zeigen diese Patienten auch die beängstigenden abnormalen Reaktionen, die oft durch ein Hämatom entstehen, das zu viel Druck auf das Hirn ausübt.»

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