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Alexander Rossi nach Indy: Brauche einen Psychiater

Von Andreas Reiners
Alexander Rossi

Alexander Rossi

Die Geschichte ist fast schon zu kitschig, um sie aufzuschreiben. Da kommt ein völlig unbeschriebenes Blatt wie Alexander Rossi zu den 500 Meilen von Indianapolis und fährt die Konkurrenz in Grund und Boden.

Es ist ein kleines Märchen. Eines, das die US-Amerikaner ja bekanntlich so lieben.

Denn eigentlich ist die IndyCar-Serie nur so etwas wie eine 1B-Lösung gewesen, ein Ersatz. Denn Alexander Rossi wollte ursprünglich in die Formel 1. Und das hatte er eigentlich auch geschafft.

Rossi bestritt in der vergangenen Saison fünf WM-Läufe für Manor. Man kann nicht sagen, dass er aus seiner Formel-1-Chance 2015 nichts gemacht hätte: Den angeblichen Team-Leader Will Stevens liess er mit 4:1 im Quali-Duell gleich mal alt aussehen. In den Rennen mit beiden Autos im Ziel lautete es am Schluss 3:1 für den US-Amerikaner.

Doch Rossi wurde auf beiden Seiten überholt, die Stammcockpits für 2016 erhielten Pascal Wehrlein und Rio Haryanto. Immerhin wurde Rossi als offizieller Testfahrer verpflichtet. «Die Reserverolle bei Manor ist eine gute Gelegenheit, um mich in der Formel 1 zu halten und mit den neusten Entwicklungen vertraut zu bleiben. Ich habe einen ziemlich vollen Terminkalender, aber ich glaube, dass eine Saison bei Andretti eine wichtige Lektion ist, die mir letztlich auch für die Formel 1 hilft», hatte Rossi erklärt.

Und was das für eine Lektion war. Bis vor neun Wochen hatte er den Indianapolis Motor Speedway noch nicht aus der Nähe gesehen. Im Oval war er vor April auch noch nicht gefahren. Und die Sponsorenfarben? Kamen auch erst kurz vor der Jubiläumsausgabe der Indy 500 auf sein Auto. Und dass der IndyCar-Rookie aus dem Nichts kam und alle überraschte, bewiesen auch die ungläubigen Gesichter bei den Journalisten, die sich fragten: «Wo kommt der Kerl bitte her?»

Es ist die Ironie der Geschichte, dass Rossi sich nur zu gerne in der Formel 1 einen Namen gemacht hätte, auch in den USA. Dort ist er nur den Experten bekannt. Nun kennt ihn aber in der Heimat jeder Motorsport-Fan, wenn auch nicht durch die Motorsport-Königsklasse. Es dürfte Rossi herzlich egal sein.

Andretti hatte ihn «vorgewarnt». Dass in der Formel 1 zu viel Politik herrsche, der Spaß bleibe ein wenig auf der Strecke. «Wenn du hierhin kommst, wirst du das Rennen fahren wirklich genießen. Es dreht sich alles ums Racing, und es ist ein Spaß, wenn du Fahrer bist. Ich denke, dass er jetzt weiß, was ich gemeint habe», sagte Andretti.

Das Rennen selbst lieferte den Beweis für seine Ankündigung. Rossi war beim Re-Start nach der letzten Neutralisation 33 Runden vor dem Ende Neunter. Nach und nach mussten die Fahrer in der Spitze, angefangen von Tony Kanaan in Runde 190, zum letzten Nachtanken an die Box. Der Sieger von 2013 im schnellsten Indy 500 aller Zeiten wurde am Ende noch als bester Ganassi-Fahrer Vierter. Rossi blieb auf der Piste und hatte nicht nur plötzlich, vier Runden vor Schluss, die Führung inne, sondern nach Runde 199 14 Sekunden Vorsprung – 2,5 Meilen (vier Kilometer) später waren es gerade noch 4,5. Die Verfolger hetzten mit 220 Meilen pro Stunde Rossi in der Schlussrunde hinterher, der Leader schaffte gerade noch 180. Als er die Ziellinie passierte, war ihm der Sprit ausgegangen. Gereicht hatte es trotzdem.

«Die emotionale Achterbahn bei diesem Rennen ist irre», sagte Rossi. «Es gab Momente, in denen ich begeistert war, Momente als ich untröstlich war, und dann wieder begeistert. Ich brauche danach einen Psychiater. Es war hart. Aber ich habe mich nur auf meinen Job fokussiert», so Rossi weiter.

Sein Job beinhaltet in dieser Saison auch weiterhin die Formel 1. Rossi wird 2016 bei elf WM-Läufen anwesend sein, wo er an allen Sitzungen mit den Ingenieuren teilnimmt. Es ist derzeit aber nicht geplant, dass er an Freitagtrainings teilnehmen wird. Rossi weiterhin mit einem Fuß in der Formel 1 zu haben, ist auch für den Sport wichtig. Die USA hat mit dem Rennstall von Gene Haas erstmals seit mehr als 30 Jahren wieder ein eigenes Team (damals war es Lola-Force), aber ein Pilot aus den USA ist unverzichtbar, um das Interesse in Nordamerika anzufachen. Erst recht nach solch einem Triumph.

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