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Wie stark drückst du auf den Lenker?

Von Rolf Lüthi
Der Idealzustand ist bekannt: Der Fahrer hält den Lenker schön locker und gibt nur in Kurven gezielte Inputs. Wie nah oder weit einer von diesem Idealzustand ist, kann man jetzt messen.

Der Schweizer Peter «Pedro» Spörri (54) hat sich auf Rennstrecken-Coachings spezialisiert. Er kommt nicht aus dem Rennsport, sondern hat einst angefangen wie die meisten Hobbyfahrer: In Textilbekleidung nahm er mit seiner Bimota an einem Trackday teil.

Das war vor mehr als 30 Jahren und mehreren Tausend Rundstreckenkilometern. Als Instruktor für das klassische Training in Gruppen führte seine Entwicklung zu individuellen Coachings. Inzwischen macht Pedro seit zehn Jahren Einzelcoachings, 140 Fahrer haben seine Dienste ein- oder mehrmals in Anspruch genommen, fast 100 Tage pro Jahr ist Pedro auf einer Rundstrecke im Einsatz. Mit seiner analytischen Vorgehensweise hat er schon viele Fahrer weitergebracht, unter anderen war Dominique Aegerter im Dezember 2016 zum Coaching bei Pedro. Er zeigte sich schon etwas überrascht, was Pedro alles sah und zu bemerken hatte.

Vor diesem Hintergrund kommt häufig die Frage auf: Wie stark klammert man sich am Lenker fest, wie stark drückt man beim Kurveneingang auf den Lenker? Dass starker Druck auf die kurveninnere Lenkerseite bei gleichzeitigem Bremsen und Einlenken die Sturzgefahr übers Vorderrad erhöht, ist jedem Fahrer bekannt. Doch wie stark drückt man? Und ginge es auch mit weniger Druck

Bei den Coachings fährt Pedro den gecoachten Fahrern hinterher und voran. Wie stark sie auf den Lenker drücken, kann er nicht sehen, aber wissen wollte er es immer. Darum hat er zusammen mit der ZHAW Winterthur (Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften) in zwei Jahren ein System entwickelt, mit dem man die Drücke messen kann, die der Fahrer auf die Lenkerstummel abgibt.

Das System besteht aus so genannten Palm Savern, Handflächenschonern, wie sie Motorrad-Geländefahrer unter den Handschuhen tragen. Darin eingenäht sind Drucksensoren, deren Messdaten per Kabel zu einem Kästchen geleitet werden. Dieses hat etwa die Grösse einer Zündholzschachtel und sendet die Daten per Bluetooth weiter an das auf dem Tank befestigte Smartphone, wo sie gespeichert werden.

Pedro folgt dem mit diesem System ausgerüsteten Fahrer und zeichnet die Fahrt mit einer GPS-gestützten Actioncam auf. Dann müssen die Messdaten mit dem Film der Actioncam synchronisiert werden. Diese Synchronisation der per Balkendiagramm dargestellten Messwerte mit den bewegten Bildern der Fahrt muss mit einer Genauigkeit von mindestens einer Zehntelsekunde erfolgen, damit man die richtigen Schlüsse ziehen kann.

Zwei Hauptschwierigkeiten waren zu überwinden: Die Kalibrierung der Drucksensoren und die Umwandlung der Messdaten in Werte in Kilogramm war zu bewältigen. Die ZHAW brachte die Synchronisierung der Daten und Bilder mit der geforderten Genauigkeit zuwege.

«Das System funktioniert nicht wie plug & play, die Bedienung ist umständlich», sagt Pedro. «Aber ein erster Schritt ist getan, ich habe es in Coachings bereits eingesetzt. Bei praktisch allen Coachings ist Sitzposition ein Thema. Unter anderem geht es darum, dass der Pilot zu stark mit den Armen arbeitet und dadurch zu viel Druck in den Lenker abgibt. So verpasst er die Kurve oder - noch schlimmer - er kann übers Vorderrad stürzen. Nun ist es möglich, diese Kräfte zu messen und auszuwerten.» Dargestellt werden die Messwerte in Kombination mit der Fahraufnahme.

Folgeprojekte sind bereits in Arbeit. Als Bachelor-Arbeit an der ZHAW ist ein Projekt ausgeschrieben, um die Drucksensoren direkt mit der Actioncam zu koppeln. Dadurch würde die derzeit noch mühsame, nachträgliche Datensynchronisation entfallen. Bereits hat Pedro auch mit Drucksensoren in den Stiefeln experimentiert und dabei festgestellt, dass das wegen den unterschiedlichen Fusspositionen mit einem Sensor pro Stiefel nicht funktioniert, es bräuchte mehrere, aufeinander abgestimmte Sensoren.

Denkbar ist noch viel mehr, erklärt Pedro: «Zusätzlich zu den Sensoren an Händen und Füssen zwei Kameras, welche die Füsse filmen, dazu der Fahrer in Aktion von hinten oder vorne gefilmt. Das alles auf einem grossen, aufgesplitteten Bildschirm gleichzeitig dargestellt. Da wäre man dann in Sachen Datenübertragung auf einem zu hohen Level für einen Einmann-Unternehmer wie mich.» Noch aufwändiger wäre die Erfassung der Drücke im Sattel. Und generell wäre eine solche Datenerfassung bei vielen Sport- und Spielarten nützlich, bei denen der Mensch mit einem Sportgerät oder einem Spielgerät interagiert.

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