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Steve McQueen: Ein Hollywood-Star als Rennfahrer

Von Mathias Brunner
​Mit dem Etikett Star wird heute so verschwenderisch umgegangen, dass es seine Strahlkraft verloren hat. Ikone hingegen wird vorsichtiger verwendet. Der US-Amerikaner Steve McQueen war beides.

Eigentlich hätten wir im Titel auch schreiben können: Ein Rennfahrer als Hollywood-Star. Denn die Filmlegende Steve McQueen sagte über sich selber: «Es gab einen Punkt in meiner Karriere, da war ich mir nicht sicher, was ich eigentlich bin – ich wusste nicht, ob ich ein Schauspieler war, der Rennen fährt, oder ein Rennfahrer, der schauspielert.»

Das neue Buch aus der Serie Motorlegenden des Stuttgarter Motorbuch-Verlags beleuchtet ausführlich beide Seiten des 1980 in Mexiko an Krebs verstorbenen McQueen. Er wurde nur 50 Jahre alt.

Wir begleiten McQueen bei seinem Aufstieg aus einfachsten Verhältnissen zum bestbezahlten Hollywood-Star. «The need for speed» war sein ständiger Begleiter, vielleicht auch deshalb, weil der US-Amerikaner seine Probleme gerne hinter sich zurückliess. Im Buch sagt er: «Rennfahren gab mir eine neue Identität. Ich war nicht mehr bloss ein Schauspieler; ich war ein Kerl, der Rennen fuhr. Und es war mir wirklich wichtig – diese eigenständige Identität zu haben.»

Krönung von McQueens Begeisterung für Geschwindigkeit auf zwei und vier Rädern war natürlich der Film «Le Mans», ein Projekt, das ihn an den Rand des finanziellen Ruins brachte. Steve McQueen wollte den Rennsport so zeigen, wie er ist. Dass ihm vom Filmstudio eine Handlung aufs Auge gedrückt wurde, mit einer Love-Story obendrein, das war ihm eher lästig. Ihm ging es um Echtheit. Einmal wollte ihm jemand Schweisstropfen aufs Gesicht sprühen. McQueen wollte davon nichts wissen. Er hechtete ins Auto, fuhr ein paar Runden, stieg wieder aus – nun war der Schweiss echt. Der Amerikaner zeigte dabei auf Blutgefässe an seinem Kopf, die leicht hervorstanden: «So etwas bringt kein Maskenbildner hin.»

Beim Drehen war McQueen meist bei den Berufsrennfahrern anzutreffen. Er wollte von ihnen nicht als Filmstar wahrgenommen werden, sondern als gleichwertiger Rivale der Rennbahn. So wie in Sebring 1970, als er mit viel Hilfe von Peter Revson sensationeller Zweiter wurde.

Es war die Ära der atemraubenden Porsche 917 gegen die nicht weniger eindrucksvollen Ferrari 512, und beim Langstreckenklassiker auf dem US-amerikanischen Flugplatz starben die favorisierten Fünfliter-Renner weg wie die Fliegen. Zuerst traf es Porsche: Elektrikprobleme am Wagen von Redman/Siffert, dann Aufhängungsdefekt, Pedro Rodríguez hatte einen Platten, das Auto von Elford/Ahrens schied durch Unfall aus.

Als es in die Nacht des Zwölfstundenrennens ging, führten drei Ferrari 512. Auf Rang 5: Ein von der Filmgesellschaft «Solar Productions» genannter Porsche 908 mit Steven McQueen (der mit einem eingegipsten linken Fuss fuhr, Folgen eines Motorradunfalls).

Nun traf es auch die Ferrari: Motorschaden bei Ickx/Schetty, Reparaturen bei Giunti/Vaccarella. Dann brachte Mario Andretti seinen Ferrari wegen Getriebeproblemen an die Box. Nun führten Siffert und Rodríguez (der Schweizer hatte das Auto gewechselt, um mit dem Mexikaner schneller Boden gut zu machen). Das Auto von Andretti war nicht mehr zu reparieren. Cheftechniker Mario Forghieri beschloss, den US-Amerikaner in den Wagen von Giunti zu setzen. Andretti begann eine wilde Aufholjagd.

Auf einmal war Leader Siffert ebenfalls wegen eines Aufhängungsproblems in der Box, und der Porsche 908 von McQueen/Revson führte sensationell. Andretti holte aber rasant auf, ging an Revson vorbei – und hatte zu wenig Sprit! Mario also ganz schnell an die Box, nachtanken, wieder Aufholjagd. In der letzten Runde des Zwölfstundenrennens holte Andretti die Führung zurück und gewann. Die Zuschauer waren hingerissen.

Steve McQueen fuhr den Porsche nicht noch einmal, die Versicherungsgesellschaft des Filmstars hatte genug gesehen – der Wagen wurde in Le Mans als Kamerafahrzeug eingesetzt, um sensationelle Aufnahmen für den Film «Le Mans» zu drehen. Trotz zahlreicher Filmwechsel kamen die ausser Konkurrenz fahrenden Herbert Linge und Jonathan Williams ins Ziel und wären eigentlich Neunte geworden. McQueen wurde von seinem Rennprojekt wegen der monatelangen, sündhaft teuren Dreharbeiten in Frankreich an den Rand des Ruins gebracht. Es schien ihm einerlei zu sein, es ging ihm um Wahrhaftigkeit.

Längst wurde McQueen als «The King of Cool» gefeiert, aber sein eigener King of Cool war Jo Siffert: Er kopierte den Schweizer Porsche-Werksfahrer vom Overall über die Brille bis hin zum Tragen der legendären Armbanduhr vom Typ Heuer Monaco.

Die Rennkarriere und die Geschichte um Le Mans spielen in diesem tollen Buch nur Nebenrollen. Das ist durchaus nicht negativ gemeint. Denn wir erfahren sehr viele Seiten eines aussergewöhnlichen Mannes, auch widersprüchliche. Für Fans von Steve McQueen ist dieses hervorragend bebilderte Buch ein Muss, für Filmfreunde ebenfalls, denn wir begleiten den Schauspieler zum Dreh grandioser Filme wie Die glorreichen Sieben, Papillon, Bullit, Thomas Crown ist nicht zu fassen, Getaway oder Flammendes Inferno. Rennanhänger erfahren neue Details der ungewöhnlichen Leidenschaft eines ungewöhnlichen Mannes. Autor Zimmerman beleuchtet auch den Einfluss McQueens auf den Modegeschmack. Fazit: Ein angemessen cooles Buch über den King of Cool.

Dwight Jon Zimmerman: Motorlegenden – Steve McQueen
Aus dem Motorbuch-Verlag, Stuttgart
ISBN: 978-3-613-04143-1
Format 17 x 22,5 cm
240 Seiten
180 Abbildungen
Für 29,90 Euro im Fachhandel

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