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Zollvorschriften: Was man alles wissen muss

Von Rolf Lüthi
Beamte des Deutschen Zolls kontrollierten an der Messe «Motorradwelt Bodensee» gezielt Schweizer Aussteller und kassierten horrende Bussgelder ein. Nun klärt der Deutsche Zoll allgemeine Fragen.

Nach dem grossen Echo, den der Artikel in Speedweek auslöste, baten wir das zuständige Hauptzollamt Ulm um eine Klärung grundsätzlicher Fragen um Reisen in die Europäische Union mit einem nicht in der EU zugelassenen Fahrzeug. Diese Fragestellung betrifft im Einzugsgebiet von Speedweek vor allem Schweizer Fahrer und Fahrzeugbesitzer.

Dazu schreibt das Hauptzollamt Ulm: «Ein in einem Drittland zugelassenes Fahrzeug kann durch eine außerhalb der EU ansässige Person in die EU durch eine als Zollanmeldung geltende Handlung in die vorübergehende Verwendung überführt werden (z.B. anlässlich einer Urlaubsreise oder Geschäftsreise), Art. 136 (1), Art. 139 (1) und Art. 141 (1)-b UZK-DA. Eine als Zollanmeldung geltende Handlung ist z.B. das Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge (Art. 141 (1)-b UZK-DA). Passieren heißt hier konkret, dass das
Fahrzeug auf der Straße über ein Grenzzollamt in das Zollgebiet der EU einfährt.»

Das heisst sprachlich kürzer: Wer mit seinem Fahrzeug über einen offiziellen Grenzübergang mit Zollstelle in die EU einfährt, hat seine Pflicht erfüllt. Es sind keinerlei weitere Formalitäten notwendig.

Zur Wiederausfuhr des Fahrzeugs nach Beendigung der Reise schreibt das Hauptzollamt Ulm: «Mit Beendigung der Reise in der EU wird das Fahrzeug wieder aus dem Zollgebiet der EU in den Drittstaat verbracht. Wie oben heißt Passieren hier konkret, dass das Fahrzeug auf der Straße über ein Grenzzollamt aus dem Zollgebiet der EU ausfährt. Das Einfahren und Ausfahren über ein Grenzzollamt ist in diesen Fällen mitgliedstaatübergreifend beliebig möglich.»

Das Hauptzollamt Ulm nennt dazu als Beispiel: «Das Fahrzeug fährt über ein deutsches Grenzzollamt in die EU ein und verlässt die EU über ein österreichisches oder französisches Grenzzollamt zur Schweiz. Oder es fährt über ein französisches Grenzzollamt ein und über ein deutsches Grenzzollamt wieder in die Schweiz aus.»

Schweizer können also mit dem eigenen Fahrzeug ohne weitere Formalitäten die Länder der EU bereisen. Das Hauptzollamt Ulm macht in seiner Antwort darauf aufmerksam, «dass der Verbringer des Fahrzeugs dieses nicht ohne Mitteilung an die Zollbehörden an eine in der Union ansässige Person weitergeben darf, da sonst die Zollschuld für das Fahrzeug entstehen kann (Art. 79 UZK) und weiterhin ein ahndungsrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.»

Das bedeutet, dass man sein in der Schweiz zugelassenes Fahrzeug keinesfalls einer in der EU wohnhaften Person überlassen darf. Der deutsche Motorradkumpel kann also nicht mit dem neuen Motorrad seines Schweizer Freundes, der auf Besuch ist, eine Proberunde drehen, um ein Beispiel zu nennen.

Die vereinfachte Zollanmeldung durch einfaches Passieren eines offiziellen Grenzübergangs ist in allen Fällen möglich, in denen das Fahrzeug wenigstens teilweise als Beförderungsmittel benutzt wird. Dazu zählt das Hauptzollamt Ulm einige Beispiele auf: «Das im Drittland zugelassene Fahrzeug wird auf einem Anhänger in die EU verbracht und das transportierte Fahrzeug wird in der EU - zumindest teilweise - als Beförderungsmittel verwendet, z.B. auf einem Oldtimertreffen. Ebenso kann ein [in der Schweiz] amtlich zugelassenes Motorrad auf einem Anhänger transportiert werden, wenn das Motorrad hier [in Deutschland] gefahren wird.» Das gilt auch bei Mitnahme eines Motorrades oder Scooters mit dem Wohnmobil.

Während des Aufenthaltes in der EU dürfen am Fahrzeug Reparaturen und Wartungen vorgenommen werden, nicht aber Aufwertungen durch Tuning oder aufwändige Restaurationen. Solche Fälle sollte man vorab mit einer EU-Zollverwaltung abstimmen.

Ist der Fahrer des Fahrzeugs nicht auch dessen Besitzer, benötigt er «die schriftliche Ermächtigung des Fahrzeugbesitzers bzw. Zulassungsinhabers (Art. 212 (2) letzter UA UZKDA)», weist das Hauptzollamt Ulm auf einen möglichen Stolperstein hin. Reist ein Schweizer also mit dem Motorrad seines Vaters oder mit dem Auto seiner Frau in die EU, braucht er eine schriftliche Ermächtigung der Person, die auf dem Fahrzeugausweis als Halter aufgeführt ist, auch wenn man mit dieser Person im gleichen Haushalt lebt. Formulare für eine solche Ermächtigungen bieten zB die Automobilverbände.

Alle bis hierher beschriebenen Fälle gelten für zugelassene Fahrzeuge. «Nicht in diese Fallgruppe gehören Fahrzeuge ohne amtliche Zulassung des Drittlandes auf einem Anhänger. Diese Fahrzeuge sind bei der Grenzzollstelle zu gestellen und es ist dort eine Zollanmeldung zu einem Zollverfahren abzugeben», schreibt dazu das Hauptzollamt Ulm. Dabei wird eine Sicherheitsleistung in der Höhe der entstehenden Zollschulden fällig. Diese wird bei der Wiederausreise zurückerstattet.

Ein Sonderfall sind Fahrzeuge ohne gültige Strassenzulassung, die zu Sportzwecken in die EU ein- und wieder ausgeführt werden, etwa Wettbewerbsfahrzeuge wie Motocross-Motorräder, Rennwagen oder Motorräder für Rundstreckentrainings, die nicht eingelöst sind.

«Eine Verwendung zu Sportzwecken liegt vor, wenn das Fahrzeug auf einer Rennstrecke oder einem Trainingsgelände in der EU als Sportgerät genutzt werden soll. Die tatsächliche Verwendung wäre gegebenenfalls für Kontrollzwecke nachzuweisen (Buchung der Rennstrecke, Ausschreibung der sportlichen Veranstaltung, Einladungsschreiben zu Rennen usw.)», schreibt dazu das Hauptzollamt Ulm. <Eine straßenverkehrsrechtliche Zulassung ist in diesem Fall nicht erforderlich. Ohne Zulassung muss das Fahrzeug auf einem LKW oder Anhänger vom im Drittland ansässigen Reisenden transportiert werden und kann nur an einer Sportveranstaltung auf einer Rennstrecke oder auf einem Trainingsgelände teilnehmen.»

Grundsätzlich könnten also Sportfahrzeuge im einfachen Verfahren ein- und ausgeführt werden, doch in der Praxis funktioniert das eben nicht so problemlos, weshalb das Hauptzollamt empfiehlt: «Um gerade bei nicht zugelassenen Beförderungsmitteln, die als Sportgeräte verwendet werden, Probleme mit den (kontrollierenden) Zollbehörden zu vermeiden, empfiehlt sich eine mündliche Zollanmeldung bei der Grenzzollstelle nach Art. 136 UZK-DA unter Vorlage einer Unterlage für mündlich zur vorübergehenden Verwendung angemeldete Waren (Art. 165 UZK-DA i.V.m. Anh. 71-01 UZK-DA).»

Verwendet wird für diese mündliche Zollanmeldung das Formular 71-01 UZK-DA, das sich auf den Seiten 626 und 627 dieses Links befindet. Dieses Formular in deutscher Sprache könnte jedoch an Grenzübergängen nach Frankreich oder Italien zu Problemen führen. Deshalb empfiehlt des Hauptzollamt Ulm: «Bei der Verwendung des Beförderungsmittel als Sportgerät (Punkt V) bietet es sich an, alle mitgeführten Gegenstände
und Beförderungsmittel mit einem Carnet ATA anzumelden. Dieses wird durch die Industrie- und Handelskammern ausgestellt.»

Soll nur ein nicht eingelöstes Fahrzeug zollfrei in die EU ein- und wieder ausgeführt werden, reicht auch ein Carnet de Passage. Das ist ein Zolldokument, mit dem die temporäre Ein- und Ausfuhr von Fahrzeugen zollfrei möglich ist. Das Carnet muss bei der Ein- und Ausfuhr abgestempelt werden, was in der Praxis nur an grösseren, rund um die Uhr besetzten Grenzübergängen möglich ist. Carnet de Passages sind beim Motorrad-Landesverband FMS, beim Schweizer Auto- und Motorradfahrerverband SAM oder beim Touring Club der Schweiz erhältlich, zu Preisen ab 220 Franken.

Hat man neben dem Fahrzeug noch weitere Waren dabei, zum Beispiel neue Ersatzteile, ist man mit dem Carnet ATA auf der sicheren Seite, weil man mit dem Carnet ATA nicht nur ein Fahrzeug, sondern auch weitere Waren zollfrei ein- ausführen kann. Die Carnet ATA werden online von der Handelskammer des Wohnortkantons ausgestellt. Das Carnet ATA ist auch für Aussteller an Messen die einfachste Lösung. Der Preis das Carnet ATA richtet sich nach dem Wert der im Carnet aufgeführten Waren.

Zum Schluss noch einer der Sonderfälle, die Speedweek nach der Messe Motorradwelt Bodensee beschrieben hat. Es ging um den Aufbau eines Motorrads auf der Messebühne: Die Inhaber einer Schweizer Customizing-Schmiede brachten ein zerlegtes Motorrad nach Friedrichshafen/Deutschland und bauten im Verlauf der Messe ein Motorrad auf, das nach erfolgtem Zusammenbau funktionstüchtig war.

Dazu schreibt das Hauptzollamt Ulm: «Ein Fahrzeug wird zerlegt zu einer Ausstellung transportiert. Dort soll es bei einem sogenannten Bike Build Off auf der Ausstellungsbühne zusammengebaut werden. Der Zusammenbau erfolgt in der EU, daher handelt es sich um das Zollverfahren der aktiven Veredelung. Der Veredelungsvorgang besteht hier in dem Zusammenmontieren von Teilen zu einem Motorrad/Fahrzeug. Hier muss die Zollanmeldung ebenfalls elektronisch oder schriftlich, also ausdrücklich erfolgen. Im Rahmen eines vereinfachten Bewilligungsverfahrens gilt diese Zollanmeldung auch als Antrag auf die Bewilligung zur aktiven Veredelung (Art. 163 (1) -c UZK-DA). Abweichend von Art. 211 (3) -a UZK kann in einzelnen Fällen gem. Art. 161 UZK-DA, sofern dies gerechtfertigt erscheint, auch Personen, die nicht im Zollgebiet der Union ansässig sind, eine solche Bewilligung zur aktiven Veredelung erteilt werden. Die Erteilung der Bewilligung ist gerechtfertigt, wenn der Bewilligungsantrag gem. Art. 163 (1) –c UZK-DA i.V.m. Art. 170 (3) –b UZK gelegentlich (= höchstens 9-mal im Kalenderjahr) auf Grundlage einer ausdrücklichen Zollanmeldung erfolgt. Es muss eine Sicherheitsleistung in Höhe in Höhe der evtl. entstehenden Zollschuld geleistet werden (Art. 211 (3) –c UZK i.V.m. Art. 89 UZK). Bei erfolgter Ausfuhr aus dem Zollgebiet der EU wird die aktive Veredlung an einem Grenzzollamt beendet und die Sicherheit ausgezahlt.»

Wir befürchten, dass Schweizer Customizer auf die Teilnahme an Bike Build Offs in der EU künftig verzichten werden.

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