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Motorraddemo in der Schweiz: Es ist viel zu früh!

Von Rolf Lüthi
Nicht mal der Inhalt des Flyers stimmt wirklich: Eine Demonstration in Bern wäre - mit Auflagen - möglich gewesen

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In den sozialen Medien wird zu einer Motorraddemonstration am 8. August auf dem Gotthardpass aufgerufen. Die drei grössten Schweizer Motorradverbände raten eindringlich von einer Teilnahme ab.

Nachdem eine Motorraddemonstration am 1. August (dem Schweizer Nationalfeiertag) in Bern nicht bewilligt wurde, rufen nun verschiedene Gruppen in den sozialen Medien am 8. August zu einer Motorraddemonstration auf dem Gotthardpass auf. Demonstriert werden soll gegen drohende Fahrverbote für Motorräder mit einem Standgeräusch von mehr als 95 dB.

Nun ist die Situation in der Schweiz mit jener in Deutschland oder Österreich/Tirol nicht vergleichbar. Der politische Prozess zur allfälligen Einführung solcher Restriktionen steht noch ganz am Anfang.

Die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter hat drei parlamentarische Initiativen eingereicht. Sie fordert ein zeitlich unbeschränktes, generelles Fahrverbot auf dem Schweizer Strassennetz für Motorräder mit einem Standgeräusch von mehr als 95 dB, eine (Zitat) «PS-Beschränkung für Auto-Junglenker*innen» und «den Einsatz von Lärmradargeräten (Lärmblitzern)».

Von den 246 Schweizer Parlamentariern unterzeichneten lediglich 21 Suters Initiative gegen laute Motorräder. Die Unterstützung ist somit selbst im linksgrünen Lager (SP und Grüne), das 95 Sitze innehat, eher marginal.

Der ganze Prozess, bis aus so einem Vorstoss gültige Gesetze und Verordnungen werden, wird zwischen zwei und vier Jahren dauern. Ebensogut kann der Vorstoss abgelehnt werden. In drei jahren finden wieder Parlamentswahlen statt. Da wird sich zeigen, ob die rot-grünen Wahlerfolge von 2019 nachhaltig sind oder ob es erneut zu Verschiebungen der Kräfteverhältnisse kommt. Zudem werden voraussichtlich 2023/24 neue, strengere Lärmvorschriften für neue Fahrzeuge in der EU in Kraft treten, welche die Schweiz übernehmen wird. Das Problem wäre dann entsprechend entschärft.

Zu diesem frühen Zeitpunkt des politischen Prozesses schon zu demonstrieren, hält SVP-Nationalrat Walter Wobmann entschieden für viel zu früh. Wobmann ist Präsident der Föderation der Motorradfahrer der Schweiz (FMS), des grössten Schweizer Motorradverbandes.

Die drei grössten Motorradverbände der Schweiz, neben der FMS sind das der Schweizer Auto- und Motorradfahrerverband SAM und die IG Motorrad, haben eine gemeinsame Stellungnahme gegen eine Motorraddemonstration zum aktuellen Zeitpunkt veröffentlicht: «Die Verbände FMS, SAM und IG Motorrad, sind der Meinung, dass eine Motorraddemo in der demokratischen Schweiz und zurzeit der falsche Weg ist. Der politische Prozess wird erst noch beginnen, und er wird lange dauern. Es gibt Abläufe und Mechanismen, die eingehalten werden müssen. Weiter sind wir der Meinung, dass solche Aktionen in der Covid-19 Zeit nicht angebracht sind. Wir werden den eingeschlagenen Weg gehen und hoffen, dass die allenfalls stattfindenden Demos nicht kontraproduktiv sein werden.»

«Die FMS wird in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Interessengruppen weiterhin dran bleiben und mögliche Verbote mit aller Kraft bekämpfen, aber zuerst ist nun der politische Weg gefragt», präsiziert Wobmann. «Da ich Mitglied der nationalrätlichen Verkehrskommission bin, kann ich zur gegebener Zeit entsprechend Einfluss nehmen. Meine Vorbereitungen dazu laufen schon auf Hochtouren. In der Schweiz haben wir andere Möglichkeiten als in Deutschland und Österreich. Darum ist die heutige Situation in unserem Land auch nicht vergleichbar.»

Eine Grossdemo schliesst Wobmann keinesfalls grundsätzlich aus, doch für ihn wird eine solche in der Schweiz wird erst dann ein Thema, wenn auf politischem Weg kein Erfolg sichtbar ist. Das ist derzeit nicht der Fall. In der Tat könnten Motorradfahrer Sympathie verspielen, wenn sie mit einer Demonstration den Urlaubsverkehr am Gotthard lahm legen.

Das letzte Mal demonstrierte die Schweizer Motorradszene am 17. Mai 2003. Trotz schlechtem Wetter fuhren damals 35.000 Motorradfahrer nach Bern und verhinderten mit ihrer disziplinierten Massenauffahrt eine Drosselung aller Motorräder auf 80 km/h.

Nach der Demonstration fanden die Reinigungsteams den Bundesplatz (Platz vor dem Parlamentsgebäude) blitzsauber vor. Selbst der mit der Demonstration angegriffene damalige Verkehrsminister Moritz Leuenberger attestierte später, «die Motorradfahrer wissen wenigstens, wie man richtig demonstriert».

Sollte zu einem späteren Zeitpunkt eine Grossdemonstration angebracht sein, um den politischen Prozess zu beeinflussen, muss diese gut organisiert sein. Da mit den Motorrädern nicht auf den Bundesplatz gefahren werden kann, müsste unter anderem ein Parkdienst eingerichtet sein. «Was wir jetzt nicht brauchen, sind unüberlegte Schnellschüsse», warnt Wobmann.

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