MotoGP: Große Veränderungen bei KTM

Domi Aegerter: «In der MotoE ist eine Rechnung offen»

Von Günther Wiesinger
Dominque Aegerter in Misano auf der Elektroko-Rennmaschine Energica Ego Corse

Dominque Aegerter in Misano auf der Elektroko-Rennmaschine Energica Ego Corse

Dominique Aegerter könnte heute in Argentinien den ersten Titelgewinn seiner Karriere feiern. Er geht mit 52 Punkten Vorsprung auf Kontrahent Odendaal in den Supersport-WM-Lauf von San Juan.

Dominique Aegerter hat in Misano den Titelgewinn bei den letzten zwei turbulenten Rennen des MotoE-Weltcups um 7 Punkte verspielt. Heute will er sich in San Juan in Argentinien schadlos halten und den Supersport-WM-Titel für das Ten-Kate-Yamaha-Team gewinnen. Sandro Cortese 2018 und Randy Krummenacher 2019 haben diese Meisterschaft ebenfalls für sich entschieden.

Aegerter bekam in Misano am Sonntag im Finalrennen 38 Strafsekunden aufgebrummt, weil er den führen Jordi Torres in der drittletzten Kurve bei einem umstrittenen Überholmanöver zu Fall gebracht hatte.

Überraschend hoch fiel die Zeitstrafe aus, deren Höhe im Ermessen der FIM MotoGP Stewards liegt. «Die Stewards haben uns klar gesagt, sie wollen nicht, dass ich den Cup-Führenden runterfahre und auf diese Weise die Meisterschaft gewinne. Deshalb haben sie mir eine so große Strafe aufgebrummt», schilderte Domi Aegerter im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Sie haben mir auch mitgeteilt. Wenn dieser Vorfall bei einem anderen Rennen zu Beginn der Saison passiert wäre, wäre die Strafe milder ausgefallen.»

Manche Kritiker verglichen die ungestüme Aktion von Aegerter in Kurve 14 mit dem Manöver von Loris Capirossi 1998 beim 250-ccm-WM-Finale in Argentinien, wo der Italiener seinen japanischen Widersacher Tetsuya Harada beiseite räumte – und trotzdem Weltmeister wurde.

Doch damals existierten die heutigen Strafenkataloge nicht. Dafür wurde Capirossi 1998 nach diesem Zwischenfall von Aprilia aus dem siegreichen Werksteam entlassen!

«Ich habe das Überholmanöver von Capirossi nie gesehen, deshalb kann ich es nicht beurteilen», sagt Aegerter, den den Weltcup-Sieg um 7 Punkte verlor. «Aber mein Überholmanöver ist nicht total ‚crazy‘ gewesen, es war ganz normal. Klar, dass Torres zu Sturz kommt, war nicht meine Absicht. Aber wenn ich an dieser Stelle keinen Angriff probiert hätte, hätte ich es vielleicht mein Leben lang bereut. Denn das war meine letzte Chance auf den Titelgewinn, so wie es Granado im Samstagrennen in der letzten Kurve noch einmal probiert hat…»

«Für mich war schlussendlich Scheiße, was da von den Funktionären entschieden worden ist. Ich wollte einfach diesen Sieg in der MotoE für das Intact-Team noch einfahren, auch für meine Mechaniker und so weiter. Der Titel wäre nicht mehr möglich gewesen, wenn Torres hinter mir auf Platz 2 gelandet wäre. Aber ich wäre happy gewesen, wenn ich wenigstens das Rennen gewinnen hätte können. So bin ich doppelt bestraft worden», ärgerte sich der 31-jährige Rohrbacher. «Das war schon 2020 so, als ich in Le Mans und Misano in der MotoE abgeschossen und disqualifiziert worden bin.»

Aegerter (er kam vor 15 Jahren im Oktober beim Portugal-GP in Estoril kurz nach seinem 15. Geburtstag mit der Caponera-Aprilia und Geld von Olivier Métraux in die 125er-WM) hat noch nie eine renommierte Meisterschaft gewonnen und den MotoE-Weltcup 2020 als Dritter und 2021 als Zweiter beendet.

Wird er nächstes Jahr einen dritten Titelversuch starten? «Da sind wir noch am Schauen, wie wir das vereinbaren können. Es sieht so aus, als würde die Priorität 2022 auf der Supersport-WM bei Ten Kate liegen. Voraussichtlich werde ich dort weiterfahren. Klar, es ist in der MotoE noch eine Rechnung offen. Aber es darf keine Terminüberschneidung mehr geben. Die Dorna muss probieren, an diesen GP-Wochenenden mit MotoE keine Supersport-Rennen zu organisieren. Sonst wird es schwierig, wieder beide Serien zu bestreiten. Die Dorna plant für 2022 erstmals 14 MotoE-Läufe bei sieben Grand Prix, lauter Doppelrennen, habe ich gehört.»

MotoE: Weltcup statt WM

Das Intact-Team und Aegerter sprachen nach dem Misano-Desaster immer wieder vom verlorenen Weltmeistertitel. Aber die MotoE bekam von der FIM nur den wesentlich weniger ruhmreichen Weltcup-Status zugesprochen.

«Ob man jetzt sagt Weltmeister oder Weltcup-Sieger, das ist nebensächlich», meint der populäre Schweizer, der jahrelang als «Domi Fighter» auftrat. «Viele Fans haben halt gesagt, ich kann 2021 Doppel-Weltmeister werden. Ich habe immer geantwortet: ‚Ja, ja, das ist schon gut.‘ Ich selber habe immer gewusst, dass die MotoE nur ein Weltcup ist.»

Beim Titelgewinn in der Supersport-WM geht es weniger knapp zu.  Aegerter reiste mit 54 Punkten Vorsprung auf Verfolger Steven Odendaal nach San Juan. 100 Punkte waren insgesamt noch zu ergattern. «Wenn ich in beiden Rennen vor ihm bin, habe ich gewonnen. Dann bin ich Weltmeister», erklärte Domi vor dem Weekend voller Zuversicht. 

Gestern im ersten WM-Lauf in San Juan landete er hinter Odendaal an fünfter Position, so geht er mit 52 Punkten Vorsprung ins heutige Rennen.

Das SSP-Finale findet von 19. bis 21. November auf dem neuen Mandalika Street Circuit auf der Ferieninsel Lombok in Indonesien statt. 

Ergebnis Rennen, Misano, 19. September

1. Matteo Ferrari (I), 8 Runden in 12:11,858 min. 2. Mattia Casadei (I), 0,348 sec zur. 3. Miquel Pons (E), +1,038 sec. 4. Kevin Zannoni (I). 5. Eric Granado (BRA). 6. Hikari Okubo (JAP). 7. Fermin Aldeguer (E). 8. Xavi Cardelus (AND). 9. Andrea Mantovani (I). 10. Corentin Perolari (F). 11. Maria Herrera (E). 12. Dominique Aegerter (CH). 13. Jordi Torres (E). 14. Jasper Iwema (NL). 15. Lukas Tulovic (D).

MotoE-Endstand (nach 7 Rennen)

1. Torres, 100 Punkte. 2. Aegerter, 93. 3. Ferrari, 86. 4. Granado, 84. 5. Alessandro Zaccone (I), 80. 6. Casadei, 79. 7. Pons, 73. 8. Tulovic, 62. 9. Aldeguer, 51. 10. Hernandez, 47. 11. Okubo, 45. 12. Zannoni, 44. 13. Perolari, 31. 14. Mantovani, 29. 15. Herrera, 27. 16. Cardelus, 21. 17. Iwema, 13. 18. Andre Pires (P), 12. 19. Stefano Valtulini (I), 1.

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