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Tom Lüthi (2.): «Ein großer Tag für die Schweiz»

Von Günther Wiesinger
Dominique Aegerter vor Tom Lüthi

Dominique Aegerter vor Tom Lüthi

Während WM-Leader Franco Morbidelli einen Sturz fabrizierte, behielt Tom Lüthi in der Moto2-Regenschlacht von Misano die Nerven. «Ich wusste, dass es ein wichtiger Tag im WM-Kampf wird.»

Mit 29 Punkten Rückstand auf WM-Leader Franco Morbidelli ging Tom Lüthi in das Moto2-Rennen von Misano. Durch Platz 2 hinter Dominique Aegerter nach dem Sturz von Morbidelli hat der Schweizer seinen Rückstand auf nur noch neun Punkte reduziert.

1,4 sec hinter Sieger Aegerter überquerte Lüthi die Ziellinie. «Zuerst möchte ich Domi gratulieren, denn wir sprechen schon seit langer Zeit darüber, einmal zusammen auf dem Podest zu stehen. Nun ist der Tag gekommen. Es ist ein großer Tag für die Schweiz und für den Schweizer Motorradsport», freute sich Lüthi. «Lasst uns das genießen. Das ist sehr cool. Er machte heute einen sehr guten Job.»

Erstmals seit Silverstone 1983 mit Hans Müller und Bruno Kneubühler in der 125-ccm-Klasse standen zwei Schweizer auf dem GP-Podest. In der mittleren WM-Klasse gelang zuvor noch kein Doppelsieg für die Schweiz.

«Das Rennen war wirklich schwierig. Im Warm-up dachte ich: ‹Okay, die Bedingungen sind perfekt, um ein Regenrennen vorzubereiten.› Ich ging auf die Strecke und hatte sofort ein gutes Gefühl. Doch nach nur einer Runde kam ich zu Sturz, also war es keine gute Vorbereitung für das Rennen. Zu Beginn des Rennens erlebte ich dann Probleme, einen guten Rhythmus zu finden. Aber es wurde immer besser. Franco legte an der Spitze eine starke Pace vor. Er zog davon. Ich wusste, dass es ein wichtiger Tag im Titelkampf wird. Dann sah ich Morbidelli im Kies. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich natürlich die Gesamtwertung im Kopf, aber meine Pace war gut. So konnte ich zu Domi aufschließen. Er war auf der Bremse sehr stark, in diesem Bereich konnte ich nicht so sehr pushen. Ich war eher am Kurvenausgang schneller als er. Es war allerdings nicht einfach, ein Überholmanöver zu starten, ohne ein Risiko einzugehen. Ich fragte mich immer: ‹Soll ich es probieren oder nicht?› Es ging darum, clever zu sein und das Risiko abzuwägen. In den letzten beiden Runden ging ich auf Nummer sicher und holte die Punkte.»

Wie schwierig war es, dieses Rennen zu fahren und dabei Rücksicht auf den WM-Kampf zu nehmen? «Sehr schwierig, sehr schwierig», räumte Lüthi ein. «Eigentlich war es möglich. Ich hatte das Gefühl und den Speed. Aber nach dem Sturz am Morgen sagte ich mir: ‹Hey! Pass auf, Tom!› Ich überlegte hin und her, am Ende musste ich mich wirklich zurückhalten und den zweiten Platz sichern, denn Domi war auf der Bremse einfach zu stark. Ich wollte nicht mehr riskieren.»

«Nach dem Sturz im Warm-up war es schwierig, wieder Vertrauen zu fassen. Der Crash kam durch ‹front wheel locking›. Da bleibt das Vorderrad einfach stehen – ohne Vorwarnung. Ich musste ein paar Runden fahren, um wieder Vertrauen aufzubauen. Später war Domi für mich eine Hilfe, weil ich sah, wo er ins Schwimmen geriet und dann aufpassen konnte», berichtete der 31-Jährige, der 2018 in die MotoGP-Klasse aufsteigt und im Marc VDS-Team Kollege von Franco Morbidelli wird.

Um Aegerter zu schnappen, hätte Lüthi das Risiko auf sich nehmen müssen, durch höhere Pfützen zu fahren. «Richtig. Ich habe herausgefunden, wo weniger Wasser steht und hätte dann seine Linie kreuzen müssen. Zwei oder drei Mal habe ich versucht, mit möglichst wenig Risiko zu überholen. Aber auf diesem Niveau ist das nicht ganz zu einfach. Als er einen Rutscher hatte, war ich kurz vorne, konnte die Linie aber dann auch nicht halten. Die Gefahr war zu groß, dass mir das Vorderrad einklappt. Die Chance auf den Sieg war da, aber nach Morbidellis Sturz hatte ich die Weltmeisterschaft im Kopf.»

In den letzten Runden verringerte Regenspezialist Hafizh Syahrin seinen Rückstand zur Spitze. «Natürlich habe ich das durch meine Boxentafel erfahren. Er hat etwas Druck gemacht, aber ich habe zu Domi aufgeholt. Ich konnte aber auch nicht einfach überholen und wegfahren. Dafür war das Risiko zu groß.»

Lüthi liegt fünf Rennen vor Schluss nur noch neun Punkte hinter Franco Morbidelli. «Der Titelkampf wird noch lange offen sein. Gilles [Bigot, Crew-Chief] hat mir schon in der Startaufstellung gesagt, dass das ein wichtiger Tag im Titelkampf sein kann. Es war schwierig, das ganze Rennen ruhig zu bleiben, aber ich konnte nun 20 Punkte aufholen. Das ist ein wichtiger Schritt. Nun müssen wir weiter Druck auf ihn machen.»

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