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Dieter Braun: «Zwei Mechaniker zum Preis von einem»

Von Günther Wiesinger
Sepp Schlögl (li.), Dieter Braun und Toni Mang

Sepp Schlögl (li.), Dieter Braun und Toni Mang

In der Corona-Saison 2020 mussten die Teams ihr Personal an der Rennstrecke verringern, in der Moto3 und Moto2 bis auf zwölf Mitglieder. In den 1970er-Jahren kam Dieter Braun auch noch mit einem Mechaniker aus.

Das Jahr 2020 wird uns wegen der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen noch lange in Erinnerung bleiben. Auch in der Motorrad-WM waren die Auswirkungen spürbar: Nur noch 1600 Personen bekamen (mit negativem PCR-Test und eigens entwickelter «MotoGP Medical App») Zutritt zum Fahrerlager, wo der Nasen- und Mundschutz Pflicht war. Die Paddock-Mitglieder sollten die Blase («bubble») möglichst nicht verlassen und sich nur zwischen Rennstrecke und Hotel bewegen.

Teamgäste wurden gar keine mehr erlaubt, selbst die Anzahl der TV-Reporter vor Ort wurde stark eingeschränkt, die Print- und Online-Journalisten sahen die Fahrer nur noch in Zoom-Presserunden. Auch die Team mussten ihre Boxenmannschaften verkleinern.

Bei dieser Gelegenheit erinnerte sich der altersschwache SPEEDWEEK.com-Reporter an die Vergangenheit und die Erzählungen des zweifachen Weltmeisters Dieter Braun, der 14 GP-Siege errungen und dazu die 125er-WM 1970 (auf Suzuki) und die 250er-WM 1973 (auf einer privaten Yamaha) gewonnen hat.

Damals war der Aufwand wesentlich geringer, es gab keine Reifenwärmer, keine Elektronik, die Wartungsarbeiten an den Zweitakt-Motoren waren überschaubar. Dafür nahm ein Weltklassepilot wie Braun an bis zu drei WM-Rennen pro Tag teil, um die bescheidenen Einnahmen (Startgeld, Preisgeld) zu erhöhen.

Braun gewann zum Beispiel 1975 in Opatija das 125-ccm-WM-Rennen auf Morbidelli, die 250er-Klasse auf Yamaha, im 350-ccm-WM-Lauf fiel er als Spitzenreiter durch Kupplungsschaden aus.

Als gebürtiger Schwabe hing Dieter Braun immer der Ruf einer gewissen Sparsamkeit nach. Man kann es auch als Geschäftstüchtigkeit bezeichnen.

Im Gespräch mit SPEEDWEEK.com beschreibt der heute 77-jährige Kaufmann die Begebenheiten der 1970er-Jahre. Braun engagierte vor der Saison 1971 («Da war ich schon Vizeweltmeister und Weltmeister») den genialen Techniker und Zweitakt-Tuner Sepp Schlögl als GP-Mechaniker, der später auch Asse wie Toni Mang, Reinhold Roth, Helmut Bradl, Ralf Waldmann, Tom Lüthi und viele andere betreute.

«Ich bin ja oft oder meistens in drei Klassen angetreten», berichtet Braun. «Der Sepp war mein Mechaniker. Manchmal hat er noch einen Freund als Helfer mitgenommen, der ihn beim Autofahren, beim Reifen- und Benzinholen unterstützt hat. Als Mechaniker war Sepp nach 1971 wieder allein, obwohl er an allen Renn-Wochenenden an zwei Motorrädern gebastelt hat, manchmal an drei. Er hat oft nachts um 24 Uhr Feierabend gemacht und sich schlafen gelegt, aber am Morgen um 6 Uhr hat‘s schon wieder geklappert im Zelt. Da hat er weitergemacht.»

Schlögl blieb bis zu den schweren Unfällen von Braun auf dem Nürburgring (1976) und Salzburgring (1977) im Team des Schwaben, der dann nach schweren Kopfverletzungen und Sehbeschwerden seine Karriere frühzeitig beenden musste. Schlögl begleitete danach die Karriere von Mang bis 1986, das Duo gewann gemeinsam vier WM-Titel.

«1977 bin ich nur ein internationales Rennen in Belgien gefahren. Beim ersten Grand Prix in Salzburg ist dann im 350-ccm-Rennen die folgenschwere Massenkollision passiert», erinnert sich Braun.

Damals starb der Schweizer Hans Stadelmann; Patrick Fernandez, Dieter Braun, Johnny Cecotto und Franco Uncini landeten im Krankenhaus.

Zum Arbeitsbeginn 1971 nahm Schlögl noch seinen Kumpel Toni Mang aus Inning am Ammersee als Unterstützung mit zu Braun nach Hermaring. «Sepp sagte, sie seien Freunde und wollten die Arbeit zu zweit machen zum Preis von einem, weil sie es aus Begeisterung taten. Toni wollte das ganze GP-Geschehen kennenlernen, weil er nacher seine Rennfahrerkarriere fortführen wollte.»

Braun stellte Schlögl und Mang in Hermaringen eine Wohnung zur Verfügung, sie bekamen Kost und Logis. «Aber ich habe ihnen gesagt, ich kann nur einen Mechaniker bezahlen», blickt Braun zurück. «Denn vorher habe ich gar keinen gehabt… Sie haben sich diesen Betrag dann geteilt. Da sie die ganze Saison Lebensmittel und Getränke gratis bekamen und bei den Rennen im Wohnwagen übernachteten, haben sie ja praktisch kein Geld gebraucht.»

Braun bezahlte 1971 insgesamt 800 Mark netto an sein Mechaniker-Duo. «Ich war damals mit Marlies verheiratet. Meine Frau hat für die beiden Frühstück, Mittag- und Abendessen zubereitet, auch Getränke waren immer im Haus», blickt Braun zurück. «Auch bei den Rennen haben Sepp und Toni kein Geld gebraucht. Der Toni war als zweiter Mechaniker nur ein Jahr dabei und hat mir am Saisonende versichert, er habe das ganze Geld gespart und sich damit ein Rennmotorrad gekauft. Der Toni hat dann seine eigene Karriere fortgesetzt und dabei von Anfang an immer wieder Motorräder von mir verwenden dürfen. Ich habe ja mindestens drei gehabt. Wenn ich in zwei Klassen gefahren bin, hat er das dritte benutzen können, meistens eine 250er oder 350er. Und der Sepp hat 1972 wieder allein für mich geschraubt.»

Die Karriere von Dieter Braun

• 1967 – Deutscher 350-ccm-Meister auf Aermacchi
• 1968 – Deutscher 125-ccm-Meister auf MZ
• 1969 – Deutscher 125-ccm-Meister auf MZ
• 1969 – 125-ccm-Vizeweltmeister auf Suzuki
• 1970 – 125-ccm-Weltmeister auf Suzuki
• 1973 – Deutscher 250-ccm-Meister auf Yamaha
• 1973 – 250-ccm-Weltmeister auf Yamaha
• 1974 – Deutscher 350-ccm-Meister auf Yamaha
• 1974 – 250-ccm- und 350-ccm-Vizeweltmeister auf Yamaha
• 1975 – 250-ccm-WM-Dritter auf Yamaha
• 14 Grand Prix-Siege
• ein Isle of Man TT-Sieg

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