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Saisonbilanz: MZ – der Flop des Jahres

Von Günther Wiesinger
Der letzte Auftritt: MZ auf der Intermot

Der letzte Auftritt: MZ auf der Intermot

Bei MZ wurden in der Blütezeit 85.000 Motorräder gebaut. In der Ära Wimmer reihte sich ein Flop an den andern.

Das MZ-Werk beteiligte sich 2012 zum dritten Mal hintereinander an der Moto2-WM, zu diesem Zweck existierte sogar eine eigene Firma namens MZ Racing – mit Sitz in Hongkong.

Dass die Erfolge überschaubar bleiben würden, so wie 2011 mit Anthony West und Max Neukirchner, war angesichts des schmalen Budgets und der Fahrerwahl keine Überraschung: Der Schwede Alexander Lundh taugte nicht zum fahrerischen Aushängeschild. Für ihn sprach in erster Linie seine ansehnliche Mitgift. Man sprach von 500.000 Euro.

Es dauerte aber nicht lange, dann verhandelte MZ-Geschäftsführer Martin Wimmer über eine Ablöse von Lundh. Nach einer Verletzung wurde der Schwede vor die Türe gesetzt und im Juli in Mugello bereits durch den arbeitslosen Mike di Meglio ersetzt. Denn MZ brauchte dringend WM-Punkte, sonst drohte der Wegfall des Startplatzes.

Der ging aber nach dem Brünn-GP im August sowieso flöten. Die Motorradwerke Zschopau GmbH musste wegen Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht Chemnitz einen Insolvenzantrag stellen. Es klaffte wieder einmal eine Finanzlücke, ein angeblich bereits zugesagtes Darlehen soll zurückgezogen worden sein, beklagte sich Wimmer. Vielleicht wegen des nicht sonderlich verheissungsvollen Geschäftsmodells.

Überrascht hat dies niemanden, denn Wimmer hatte gegenüber SPEEDWEEK.DE schon beim europäischen Saisonauftakt in Jerez im Mai erklärt, er könne für MZ Racing vorläufig keine Rechnungen bezahlen, er müsse in erster Linie das Kerngeschäft am Leben halten.

Zu diesem Zeitpunkt waren MZ und MZ Racing bereits mit einer stattlichen Liste von Gläubigern konfrontiert: Neukirchner, Nicotari, Franzen, das Racing Team Germany, Folger, Debon, Techniker Warren Willing und viele andere Partner klagten über unbezahlte Rechnungen.

Nun, das so genannte Kerngeschäft liess leider arg zu wünschen übrig. Im Frühjahr 2009 hatte Wimmer angekündigt, er plane für das dritte Jahr der MZ-Auferstehung den Verkauf von 6000 Rollern und 3000 Motorrädern. Auf diese Weise wollte er den Break Even schaffen. Er wurde aber 2011 nur 80 Vorserien-Roller los. Es gab nicht einmal ein Händlernetz, das seinen Namen verdiente.

Andere Geschäftszweige und Projekte wie eine Biogasanlage auf dem Firmengelände in Hohndorf, ein Blockheizkraftwerk mit Motorradantrieb, elektrische Dreirad-Mopeds für die Post, der 1500 Euro teure Charly-Roller – sie floppten und konnten die teilweise mehr als 56 Mitarbeiter nicht im Brot halten.

Der Freistaat Sachsen hat MZ bei der Wiederbelebung mit Fördermitteln ausgestattet. Es war von bis zu 6,5 Millionen Euro die Rede. Deshalb sah sich Wimmer nach dem Insolvenzantrag auch mit staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen Fördermittelbetrug konfrontiert. Auch von Insolvenzverschleppung war die Rede.

Martin Wimmer hingegen wollte die Welt mit neuen Patenten für Vierzylinder-Zylinderköpfe in Aufruhr versetzen. Er protzte bei der Intermot in Köln mit einem ansehnlichen Stand, der Masseverwalter muss beeindruckt gewesen sein. Aber die zur Schau gestellten 125-ccm-Viertakter stammten im Grunde aus der MZ-Ära mit Petr Karel Korous, die 2008 mit einem Bankrott geendet hatte. Und von den auf der MZ-Website angeführten Händlern hat in drei Jahren keiner ein Fahrzeug verkauft, wie per Telefon leicht zu recherchieren war.

Wimmer hatte im Angesicht des finanziellen Todes für 2012 sein Racing Team gehörig aufgerüstet. Er engagierte im Winter den 18-jährigen GP-Sieger Jonas Folger für die Moto3-WM, musste ihn nach dem ersten Test aus Geldmangel entlassen und holte stattdessen Toni Finsterbusch zurück, weil dieser seine Saison durch eigene Sponsoren finanzierte. Mitte September musste MZ Racing den Sachsen wieder ans Racing Team Germany übergeben, dem Wimmer inzwischen ca. 64.000 Euro schuldig war, von dem er bis zum Saisonende keinen Cent bezahlt hatte.

Immerhin sorgte MZ drei Jahre lang für Unterhaltung. Allein Wimmers Begründung, warum er die Moto2-Chassis 2009 mit überdimensionierten Stahlrohren ausgestattet hat, geht in die Annalen ein. «Wir fanden bei unserer Firmenübernahme 5000 Meter von diesen Rohren im Lager, weil sie einst für das MZ 1000 S-Superbike angefertigt worden sind», schilderte Wimmer. Angesichts dieses Lagerbestands nahm er 17 kg Übergewicht für das Moto2-Bike billigend in Kauf. Übrigens: Mit diesen Rohren hätte MZ noch 2500 Production-Racer anfertigen können.

Im zweiten Jahr verschwanden die Eigenbau-Fahrwerke von MZ aus der WM. Wimmer demonstrierte das sächsische Technologie-Knowhow fortan mit britischen FTR-Fahrwerken, 600-ccm-Einheitsmotoren von Honda und einer Einheits-ECU von Honda.

Die treuen MZ-Fans warfen Wimmer und dem kurzzeitig an MZ beteiligten Ralf Waldmann vor, es fehle an Eigenentwicklungen, man schmücke sich mit fremden Lorbeeren. Tatsächlich weckte «Waldi» falsche Hoffnunhgen, als er beim Sachenring-GP 2009 mit einer angeblichen Moto3-MZ RE 250 rumkurvte, die mit einem KTM-Crossmotor, einer Honda RS 125-Verkleidung und Honda-Fahrwerksteilen ausgestattet war. Selbst die Emmely-Roller waren ein Fernost-Import, dessen Herz durch einen E-Motor der bayerischen Firma «Clean Mobile» ersetzt wurde. Und die Charly-Roller stammten aus den 1990er-Jahren aus der Ära des damaligen MZ-Eigentümers Hong Leong aus Malaysia.

Wimmer gab in einem Interview 2009 dem ehemaligen Minister Jurk die Schuld für seine finanzielle Misere. Sollte keine Bürgschaft gewährt werden, drohte er, werde er die Produktion in ein anderes Bundesland verlegen und nur die Entwicklung und den Ersatzteilverkauf in Hohndorf belassen.

So ein Horror-Szenario hätte das Bundesland Sachsen wirtschaftlich wohl nur knapp überlebt.

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