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Adi Stadler: 30 Jahre Motorradsport

Von Sharleena Wirsing
Die HRC-Grössen Suppo, Koinuma (jetzt im Ruhestand), Puig und Stadler (v. li.)

Die HRC-Grössen Suppo, Koinuma (jetzt im Ruhestand), Puig und Stadler (v. li.)

Der ehemalige WM-Pilot und heutige HRC-Mitarbeiter Adi Stadler über 30 Jahre Motorradsport: seine Karriere, die Nachwuchsförderung in Deutschland und was früher alles anders war. Teil 2 des grossen Interviews.

Adi Stadler feierte 2012 sein 30-jähriges Jubiläum im Motorradsport: 1982 startete er seine Rennsport-Karriere im Hercules Sachs Cup. Fünf Jahre später eroberte er den Titel des Europameisters und stieg 1988 in die 125-ccm-Weltmeisterschaft ein, wo er auf Anhieb Rang 7 der Gesamtwertung erreichte. 1992 wechselte er  in die 250-ccm-WM. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn 1995 wechselte der KFZ-Mechaniker-Meister auf die andere Seite der Boxenmauer und betreute für HRC nationale und internationale Meisterschaften auf technischer Ebene.

Derzeit ist er für die Klassen Moto2 und Moto3 zuständig. Zudem unterstützte der Bayer, der sich nun seit 30 Jahren ununterbrochen im Motorradrennsport bewegt, stetig junge deutsche Talente wie Reinhard Stolz, Marcel Schrötter oder Michael Ecklmaier.

Der 48-Jährige empfing SPEEDWEEK.de in seinem Haus im oberbayerischen Obing zusammen mit seinem ehemaligen Vorgesetzten und engen Freund Keijiro Koinuma. Der japanische HRC-Manager war in jungen Jahren ebenfalls als Rennfahrer erfolgreich. 1981 errang er den japanischen Meistertitel in der 125-ccm-Klasse. Nach der Saison 2012 ist er in den Ruhestand getreten.

Adi, du bist 1982 in den Hercules Sachs Cup eingestiegen und hast dort erste Erfahrungen als Rennfahrer gesammelt. Woher rührte dein Wunsch, Motorradfahrer zu werden?
Diesen Wunsch hatte ich schon als Kind. Ein Besuch mit meinem Vater am Salzburgring hat mich fasziniert. Zudem habe ich den Rennfahrer Sepp Huber aus meinem Heimatort Obing schon immer bewundert. Eine Zeit lang schien es mir aber, als wäre ich von meinem Traum so weit entfernt wie die Erde vom Mond.

Was faszinierte dich zu deiner aktiven Zeit an diesem Sport? Ist es etwas anderes als heute?
Damals haben mich die Schnelligkeit, die Risikofreude, der Wettbewerb und vor allem die Technik gereizt. Heute ist die Leistung der Top-Fahrer in allen Klassen unglaublich. Je weiter es nach oben geht, desto mehr Präzision herrscht vor. In der MotoGP-Klasse ist es gigantisch zu beobachten, wie die Zeiten der besten Piloten über den Grossteil der Renndistanz teilweise nur um 0,2 sec variieren. Früher war dies auch gar nicht so sichtbar, denn heute werden die Zeiten perfekt aufbereitet auf den Monitoren an der Strecke sofort sichtbar.

War es nach deinem Gewinn des Europameistertitels 1987 einfacher Sponsoren zu finden? Ist dies für deutsche Fahrer heute noch schwieriger?
Diese Schwierigkeit ist in unserem Sport immer gleich, denn er verlangt einfach grossen finanziellen Einsatz. Toni Mang wurde 1987 Weltmeister, Reinhold Roth Vizeweltmeister und Karl Maier Langbahnweltmeister, somit war die Aufmerksamkeit für den Motorradsport sehr gross.  Davon hat man auch in der zweiten Reihe profitiert, aber ich wurde vor allem durch meinen Heimatort begünstigt. Obing hat eine lange Motorsporttradition die bis in die 1930er Jahre zurückreicht. Dieser Ort ist aussergewöhnlich, denn man ist als Rennfahrer anerkannt und alle stehen hinter einem. Ich habe auf diese Weise viel Unterstützung erhalten.

Was hat sich in den letzten 30 Jahren in der Motorrad-WM am stärksten verändert?
Im Grunde ist der Motorsport Vorreiter der Technik und wie sich das Leben verändert, tut dies auch der Sport. Die Entwicklung schreitet unglaublich schnell voran. Aber auch bei der Organisation hat sich einiges verändert. Früher waren noch viele Fahrer eigenverantwortlich und hatten ein Team aus Freunden und Helfern hinter sich. Nun sind die Teams oft nur noch Technik-Dienstleister, welche die Fahrer durch das Geld ihrer Sponsoren in Anspruch nehmen. Teams und Fahrer haben oft keinen Bezug zueinander. Deshalb trennen sie sich auch immer öfter während der Saison, wenn der Erfolg ausbleibt.

Du arbeitest seit 1998 für die Honda Racing Corporation. Seit letztem Jahr bist du auch für die Betreuung der Moto3-Klasse zuständig. Wie bist du zu diesem Beruf gekommen?
Anfangs habe ich in nationalen Meisterschaften in Deutschland, Italien, Spanien und Grossbritannien gearbeitet. Es gab damals viele Production-Racer von Honda in allen Klassen, diesen Service habe ich betreut. Als ich dann in die WM wechselte, gab es zwei Personen für diesen Job und ich habe mir die kleinere Klasse ausgesucht. Honda war von 2003 bis 2005 mit Dani Pedrosa, Andrea Dovizioso und Tom Lüthi dreimal Weltmeister der 125-ccm-Kategorie, das war einmalig in der Firmengeschichte. Nachdem die Arbeit an den 125-ccm-Maschinen eingestellt wurde, wechselte ich in die 250-ccm-Klasse. Das hat mir ebenfalls Spass gemacht, da ich früher selbst diese Motorräder fuhr. Ich habe mich dort spezialisiert und viele nützliche Dinge erfahren, die ich im deutschen Red Bull Rookies Cup eingebracht habe.

Wie gerade angesprochen, hast du das deutsche Nachwuchsprojekt Red Bull Rookies Cup mit in die Wege geleitet und in Sepp Schlögl den idealen technischen Betreuer gefunden. Warum wurde der Cup bereits 2005 wieder eingestellt?
Es war ein sehr grosses Projekt und meine Idee war es, die besten Leute dafür zu gewinnen. Ich dachte dabei an Sepp Schlögl für die Technik und Toni Mang als Vorbild für den sportlichen Teil. Sepp wurde vom ADAC akzeptiert, Toni nicht. Das war gleich zu Anfang etwas enttäuschend und somit lief nicht alles nach Plan. Das Projekt wurde 2002 gestartet. Träger waren der ADAC, Honda Deutschland und als Hauptsponsor Red Bull. Im ersten Jahr haben wir 24 Fahrer betreut. Die Besten durften mit weiterer Betreuung in die IDM aufsteigen. Doch die Struktur ist immer grösser geworden und wir mussten das Personal aufstocken. Im Managementbereich haben wir uns nicht genug Verstärkung geholt.
Der nächste Schritt für die Piloten wäre der WM-Einstieg gewesen, aber das war nicht erfolgreich. Daraufhin zog der ADAC die Konsequenzen und wollte das Projekt verändern. Es brach wie ein Kartenhaus zusammen. Das war enttäuschend, aber ich hatte sofort die Idee, Sepp Schlögl und Dani Epp zusammenzuführen. Kurze Zeit später war Sepp mit denselben Leuten im Elit-Team tätig und 2005 wurde Tom Lüthi Weltmeister.

Seit letztem Jahr betreust du die neu eingeführte Moto3-WM. Doch warum wurden von den Stars wie Maverick Viñales keine Serien-Chassis von Honda verwendet?
In der Moto3-Klasse sind fünf Fahrer mit Honda-Chassis gefahren. Auf dem Sachsenring befanden sich vier dieser Fahrer unter den Top-11. Alexis Masbou erreichte sogar den zweiten Rang. Honda bietet an, dass andere Rahmen verwendet werden, aber das Honda-Chassis ist eine gute Basis und hat durchaus Potential. Zudem bietet es ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für viele nationale Meisterschaften. Man muss nur bedenken, dass es sehr kompakt gebaut ist und daher grösseren Fahrern die Konstruktion des FTR-Chassis mehr entgegenkommt.

Wie fühlt es sich an, als ehemaliger Rennfahrer für eine neue Generation zu arbeiten? Kribbelt es dabei noch manchmal in der Gashand?
In der Gashand eher weniger, aber ansonsten kribbelt es gewaltig. Vor allem in Bezug auf die Fahrer, denn als ich selbst noch Rennfahrer war, hatte ich nicht die Möglichkeit alles so wahrzunehmen wie heute. Man ist als Pilot immer voll konzentriert. Heute fühle ich mich als Mitkämpfer, wenn sich der Titelkampf zuspitzt. Man gibt alles und freut sich mit. Die vielen Reisen können schon mal ermüdend sein, aber der Sport ist grossartig.

Du arbeitest mit Fahrern und Teams zusammen. Wie lässt sich der Umgang im Fahrerlager beschreiben?
Das ist schwierig zu beschreiben. Ich wirke auf die Leute vielleicht introvertiert oder zurückhaltend, aber mit denen, die mich kennen, pflege ich gute Freundschaften. Ansonsten sind die Rennwochenenden von intensiver Arbeit geprägt und man bemüht sich stets um eine faire Basis in der Zusammenarbeit mit den Teams. Vor allem in den kleinen Klassen merkt man, dass die Budgets oft mit heisser Nadel gestrickt sind, denn den finanziellen Kampf spürt man auch im Umgang miteinander. Daran bin ich allerdings gewöhnt.

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