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Cortese-Teamchef Lingg: «2013 war ein Lehrjahr»

Von Sharleena Wirsing
Sandro Cortese musste sich 2013 an eine neue Klasse und eine neue Maschine gewöhnen. Auch sein Team Dynavolt Intact GP musste im letzten Jahr viel lernen, wie Teamchef Jürgen Lingg berichtet.

Als Moto3-Weltmeister stieg Sandro Cortese 2013 in die Moto2-Klasse auf und trat für das Team Dynavolt Intact GP an, das eigens für ihn gegründet wurde. Die Crew um Teamchef Jürgen Lingg verhalf Cortese in seiner ersten Moto2-Saison zu sieben Top-15-Ergebnissen und WM-Rang 20. In Aragón holte der Deutsche mit Rang 10 sein bestes Ergebnis in diesem Jahr. Im Interview sprachen Jürgen Lingg sowie die Mit-Gesellschafter des Teams Stefan Keckeisen und Wolfgang Kuhn über die Entstehung des Teams, die Höhen und Tiefen der Saison 2013 und die Ziele für das nächste Jahr.

Jürgen, wann kam die Idee auf, ein eigenes Team zu gründen und wie hat sich alles entwickelt?

Man muss ja sagen, dass es den Plan schon länger gab. Konkret haben wir eigentlich schon vor fast zwei Jahren begonnen, das Projekt zu organisieren. Vor eineinhalb Jahren haben wir richtig Gas gegeben, damit wir, nachdem Sandro seinen Titel geholt hat, im November loslegen konnten. Es war natürlich viel Aufwand, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt und es hat auch Spaß gemacht. Wir haben alles getan dafür und nichts dem Zufall überlassen. Deshalb hat es auch vom Ablauf her schon gut funktioniert, gleich im ersten Jahr.

Wie zufrieden bist du als Teamchef mit der Saison 2013?

Von den Ergebnissen her und auch was die Erfolge betrifft, muss ich schon sagen, dass alles eigentlich genauso eingetroffen ist, wie ich es erwartet habe. Die Moto2 ist einfach eine brutale Klasse, und das erste Jahr sowieso. Die Umstellung ist gewaltig für den Fahrer.
Man hat aber auch gesehen, beispielsweise in Brünn, welchen Sprung Sandro nach der Sommerpause gemacht hat. Leider hat uns die Verletzung (gebrochener rechter Unterarmknochen nach Sturz im Rennen von Brünn) zurückgeworfen. Aber das gehört dazu, das muss man wegstecken. Es war ein Lehrjahr und wir wissen jetzt alle wo wir uns verbessern müssen und auch können.

Euer Start als neues Team schien sehr rund zu laufen. Wie sah es hinter den Kulissen aus?

Klar, als Außenstehender bekommt man nicht jedes kleine Detail mit. Natürlich ist nicht immer alles so rund und perfekt gelaufen wie es vielleicht aussah. Aber es hat schon von Anfang an sehr gut geklappt. Man muss aber auch dazu sagen, dass ich diese Dinge ja auch schon in anderen Teams vorher gemacht habe. Die Arbeit an sich war für mich nichts Neues. Nur zuvor habe ich immer im Hintergrund agiert. Darum gab es nichts, was wir uns jetzt nicht zugetraut hätten. Wir wussten, wie es geht. Stefan und Wolfgang gaben uns natürlich auch die nötige Sicherheit und viel Rückhalt. Wir konnten uns voll auf unsere eigentliche Arbeit konzentrieren.

Hat das ganze Team als Einheit funktioniert?

Es ist eine super Truppe und wir kennen uns schon lange. Mit einigen habe ich schon vor über zehn Jahren zusammengearbeitet. Die Saison ist lang und sehr anstrengend, nicht nur für den Piloten. Man muss immer unter Druck Hand in Hand agieren und sich gegenseitig sehr respektieren und Rücksicht aufeinander nehmen, da man immer zusammen ist, selbst nach Feierabend. Ich muss Gero, Manu und Steffen ein großes Kompliment machen: Sie haben immer hart gearbeitet und unsere Ideen letztendlich in die Tat umgesetzt. Das war nicht einfach. Die Harmonie stimmte auch im ganzen Team. Stefan, Wolfgang und Heike haben mir immer den Rücken freigehalten und uns unterstützt, wo es nur ging. Fritz stellte uns immer tolle Bilder zur Verfügung und Karina hat immer professionelle Berichte geschrieben. Das war schon echt eine beachtliche Leistung von allen, gleich im ersten Jahr.

Was speziell meine Person betrifft, musste ich lernen, dass ich jetzt einfach in einer anderen Position bin. Zuvor habe ich mich immer vor ‹meine› Mechaniker gestellt, habe ihre und unsere gemeinsamen Interessen vertreten und versucht für die Jungs das Maximale bei der Teamleitung rauszuholen. Jetzt geht das natürlich nicht mehr so einfach, denn jetzt bin ich Chefmechaniker und gleichzeitig Teilhaber. Da musste ich in mancher Hinsicht anders agieren. Das war wiederum auch für die Jungs eine neue Situation und teilweise schwer zu verstehen für sie. Das war nicht immer einfach für mich und hat mich viel Energie gekostet. Im Endeffekt hat es dann aber jeder akzeptiert und die Burschen haben einen tollen Job gemacht.

Reden wir über die Zukunft: Möchtet ihr irgendwann mit einem zweiten Fahrer antreten? Wenn ja, wie sollte das ablaufen?

Unser Fokus liegt komplett auf Sandro. Das ist der Anspruch des Teams. Wenn es sich in Zukunft irgendwie ergibt und die Sponsoren mitziehen, würden wir den Schritt eventuell machen, aber darüber denken wir momentan nicht nach.

Gab es neben Sandros Verletzung auch technische Probleme, die über die Saison aufgetreten sind?

Auf jeden Fall lief die ganze Saison besser als es die Ergebnisliste wiedergibt. Gegen Ende der Saison hatten wir viel Pech. In Australien bekamen wir im Warm-Up unerwartet ein Problem mit der Elektronik, was natürlich sehr knapp vor dem Rennen war und schwer zu lösen war, da es nur ein einziges Mal auftrat und logischerweise die Zeit sehr, sehr knapp war. Letztendlich konnten wir das Problem nicht rechtzeitig lösen, obwohl wir alles versucht hatten. Wir arbeiteten bis zur letzten Sekunde am Motorrad. In Japan ist der Schaltautomat nach ein paar Runden im Rennen kaputtgegangen. In Valencia hatten wir einen fehlerhaften Reifen fürs Rennen erwischt. Das war natürlich in den letzten drei Rennen sehr unglücklich. Da kann man aber nichts machen, das ist einfach Pech. So ist das eben im Rennsport manchmal. Speziell auf Phillip Island wäre sehr viel im Rennen möglich gewesen, da bin ich mir ganz sicher.

Eine Frage zum Abschlusstest in Almeria: Ihr habt den 2014er-Rahmen von Kalex mit neuen Schwingen getestet. Was hat sich noch am Bike geändert und wie sind eure Erkenntnisse?

Wir versuchen natürlich unentwegt, uns einen technischen Vorsprung zu erarbeiten. Kalex macht auch sehr gute Arbeit und entwickelt immer weiter. Wir haben neue Schwingen-Variationen und einen neuen Rahmen mit verschiedenen Steifigkeiten probiert, aber da wird sich mit Sicherheit nochmal etwas ändern. Das ist alles noch nicht hundertprozentig aussortiert. Von Öhlins werden sicherlich auch noch Updates für die Federelemente kommen. Von der elektronischen Seite her, kommen in der Klasse nächstes Jahr auch neue Sachen dazu. Die Moto2-Klasse nähert sich etwas mehr der MotoGP an, der Fahrer bekommt dann mehr Information im Dashboard zu sehen wie Sektor-Zeiten und Flaggen-Signale. Wir arbeiten auch an einem neuen Schaltautomaten, der schnellere Schaltvorgänge erlaubt und vor allem zuverlässiger ist, um einem Problem wie in Motegi vorzubeugen.

Es steht eine längere Winterpause an. Das bedeutet nicht immer gleichzeitig, dass jetzt Ferien angesagt sind. Machst du trotzdem Urlaub?

Für mich wird es kaum Zeit zum Ausruhen geben. Ich muss die Vorbereitungen für die nächste Saison treffen und umso früher ich das tue, umso besser ist es. Damit natürlich auch das Material rechtzeitig für die nächsten Tests ab 06. Februar da ist. Anfang Februar sind wir schon wieder hier in Almeria. Deshalb kann ich keine Zeit verschwenden und muss alles in die Wege leiten. Auch letztes Jahr wartete besonders im Dezember und Januar die meiste Arbeit auf mich.

Hinter dem Team stehen auch die beiden Mit-Gesellschafter Stefan Keckeisen (Inhaber Keckeisen Akkumulatoren in Memmingen) und Wolfgang Kuhn (Inhaber Kuhn Bau in Bad Wurzach). Wie zufrieden seid ihr mit der Teamleistung 2013 und wie sehen eure Erwartungen für die bevorstehende Saison aus?

Stefan Keckeisen: Ich ziehe definitiv ein positives Fazit. Wir haben von Anfang an gewusst, dass es nicht einfach werden wird. Die Moto2 ist die wahrlich am härtesten umkämpfte Klasse überhaupt. Die ersten 20 Fahrer liegen innerhalb von nur einer Sekunde. Unser Blick richtet sich nach vorne. Ich bin überzeugt, dass wir nächstes Jahr einen großen Schritt nach vorne machen werden. Unser Ziel sind ganz klar die Top-10.

Wolfgang Kuhn: Wir wussten, dass das erste Halbjahr der vergangenen Saison schwierig werden würde. Ich bin mir sicher, wenn Brünn ohne Sturz und die damit verbundene Verletzung von Sandro abgelaufen wäre, hätten wir in den restlichen Rennen sehr gute Ergebnisse erzielt.

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