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Pit Beirer: «8 bis 10 Europa-Rennen wären auch gut»

Von Günther Wiesinger
Pit Beirer

Pit Beirer

KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer macht sich keine Illusionen. Er kann sich sogar vorstellen, dass es 2020 keine MotoGP-Events außerhalb von Europa geben kann. Jetzt herrsche zuerst mal drei Monate Funkstille, meint er.

Das Unternehmen PIERER Mobility AG hat für die Marken KTM, Husqvarna und GasGas nicht weniger als 75 Werksfahrer unter Vertrag und in den verschiedenen Teams (MotoGP, Moto3, MXGP, MX2, Supercross, Enduro, Super-Enduro, Cross-Country-Rallye-WM) rund um die Welt 460 Mitarbeiter beschäftigt.

Der Coronavirus hat zu einer Vollbremsung im globalen Motorsport geführt. KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer hat frühzeitig und umsichtig reagiert und die Teilnahme am privaten MotoGP-Test (18. bis 20. März) in Jerez als erster der vier Teilnehmer (Honda, Suzuki, KTM und Aprilia) abgesagt. Danach holte er vorsorglich seine sechs Werksfahrer von der Dubai Desert Challenge in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zurück; erst einen Tag später wurde der Auftakt zur Cross Country-WM von der FIM abgesagt.

Pit Beirer hat heute die Absage des Jerez-GP vom 3. Mai zur Kenntnis genommen; auch Le Mans und Mugello werden im Mai auf keinen Fall ausgetragen werden können.

Im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com offenbart der ehemalige Weltklasse-Motocrosser seine nüchterne Sicht der Dinge.

Pit, du hast vor zwei Wochen gehofft, dass von der MotoGP-WM 2020 wenigstens zehn Grand Prix übrig bleiben würden. Damit könne man einen würdigen Weltmeister küren, hast du gemeint. Seither ist viel passiert. Wie sieht deine Einschätzung am 26. März aus?

Damals ging wegen dieser Aussage noch ein unheimlich lauter Aufschrei durch die Motorsport-Landschaft, weil alle noch von einer Saison mit 20 Grand Prix geträumt haben. Das war damals schon nicht mehr ganz realistisch, wenn man die Medienberichterstattung aufmerksam beobachtet hat.

Ich halte jetzt nach wie vor an dieser Einschätzung fest, zehn Grand Prix, das wäre ein Ziel, vielleicht steckt da auch ein bisschen Wunschdenken und ein Traum mit drin.

Wenn wir in jeder Rennklasse zehn WM-Läufe zusammenbringen, hätten wir funktionierende Meisterschaften, dann hätten die Teams eine gescheite Aufgabe, dann könnten wir für unsere Sponsoren und unsere Fans einen anständigen Job machen und irgendwelche Weltmeister küren.

Es muss nach wie vor unser Ziel sein, halbwegs vernünftige Meisterschaften über die Bühne zu bringen.

Aber dazu brauchen wir eine gewisse Reisefreiheit, denn es kann ja nicht jeder in seinem Heimatland die Meisterschaft alleine fahren.

Es lässt sich momentan nicht einschätzen, wann in Europa die Maßnahmen wieder gelockert werden. GP-Destinationen wie USA, Argentinien, Thailand und so weiter haben die Grenzen auch dicht gemacht. Womöglich wird man 2020 nur noch in Europa fahren können.

Ja, diesen Gedanken gibt es.

Wenn wir in Europa acht oder zehn Grand Prix zusammen kriegen, ist auch alles gut. Das wäre immer noch besser als gar nicht zu fahren. Zuerst müssen die Reiseverbote gelockert werden, dann müssen wieder Veranstaltungen mit Zuschauern gestattet werden. Das wird schon etwas länger dauern.

In Europa ist gerade begonnen worden, ganz harte Maßnahmen zu setzen, die wichtig waren.

Jetzt muss man die Resultate dieser Einschränkungen abwarten. Gleichzeitig beträgt ja die Inkubationszeit bis zu 14 Tage. Also steigen die Zahlen der Infizierten weiter, ehe es zur Trendwende kommt.

Und wenn die Zahlen der Erkrankten weiter steigen, traut sich ja keiner ernsthaft über den MotoGP-Neuanfang zu sprechen. Aber ich hoffe, dass wir uns an den Zahlen von China orientieren können. Dann haben wir es mit einem Zeitraum von acht, zehn oder zwölf Wochen zu tun, den wir einfach akzeptieren müssen.

In dieser Phase kann es richtig heftig werden, bevor es zu einem langsamen Abschwung kommt. Danach müssen wir die Systeme wieder hochfahren.

Wenn ich jetzt ab April mal drei Monate ausrechnen, also April, Mai und Juni, dann ist ab Juli in der zweiten Saisonhälfte sowohl in der Wirtschaft als auch im Motorsport oder generell im Sport noch ein vernünftiges Jahr machbar.

Die Anzahl der infizierten Personen sinkt inzwischen prozentuell in vielen Ländern, in denen strenge Maßnahmen getroffen wurden. Aber trotzdem wird im Juli noch keine Normalität herrschen. Risikosportarten werden dann vielleicht noch eine Weile verboten bleiben.

Ja, man muss sich jetzt gedanklich eine gewisse Zeit geben. Ich mache mich jetzt auf ein 3-Monats-Fenster gefasst, in dem im Motorsport sehr wenig passieren wird. Darauf habe ich mir schon vor einer gewissen Zeit eingestellt.

Und wir dürfen nicht täglich enttäuscht sein, wenn die Situation noch nicht besser geworden ist. Es gibt keinen logischen Grund, warum die Verbreitung des Virus jetzt schon eingedämmt werden kann.
Aber irgendwann wird die Lage besser werden. Und auf diesen Zeitpunkt müssen wir uns einstellen.

Die Politik in Österreich hat extrem stark und entschlossen reagiert. Sie hat der Wirtschaft Werkzeuge in die Hand gegeben und 34 Milliarden bereit gestellt, um das Fortkommen der Wirtschaft zu garantieren und möglichst viele Beschäftigte in Arbeit zu halten.

Bayern hat dann ganz schnell nachgezogen, nachher langsam der Rest von Deutschland. Aber Österreich hat mit entschlossenen Schritten den Anfang gemacht, der sehr gut und wichtig war. Jetzt müssen sich alle Menschen an die Maßnahmen halten.

Gleichzeitig müssen wir jetzt die Weichen stellen für die Zeit danach. Die Leute müssen wieder raus, vor allem die jungen Menschen müssen ganz schnell wieder raus, denn sie müssen den Lebens- und Wirtschaftskreislauf wieder in Schwung bringen.

Ich gehe davon aus, dass wir die Pferde Ende Juni wieder satteln und uns darauf vorbereiten können, in der zweiten Jahreshälfte noch möglichst viele WM-Läufe zu bestreiten.

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