KTM bekräftigt MotoGP-Teilnahme 2025

Honda-Fiasko: Neues Bike langsamer als 2019-Modell

Von Günther Wiesinger
Katar-Test am 24. Februar: Marc Márquez mit Nakagami-Bike von 2019 (rechts) in der Box

Katar-Test am 24. Februar: Marc Márquez mit Nakagami-Bike von 2019 (rechts) in der Box

Das Honda-Dilemma wurde schon am 24. Februar offenkundig, als Marc Márquez und Cal Crutchlow beim Katar-Test plötzlich mit 2019-Teilen ausrückten. Danach konnte kein Top-Motorrad mehr homologiert werden.

Die sich anbahnende Blamage von Honda in der MotoGP-Saison 2020 dokumentierte sich bereits am 23. Februar vor dem Ausbruch des Coronavirus, als sich beim zweiten großen Wintertest des Jahres auf dem Losail Circuit in Doha/Katar eine riesige Schlappe anbahnte. Denn die Honda-Ränge am 2. Tag des Losail-Tests vom 23.2.2020 sahen für den Triple-Crown-Gewinner von 2019 erbärmlich aus: 10. Nakagami, 0,721 sec. 14. Marc Márquez, + 1,055 sec. 19. Alex Márquez, +1,687 sec. 21. Crutchlow, + 2,140 sec.

An diesem besagten Abend läuteten bei den HRC-Managern und Ingenieuren endgültig die Alarmglocken. Denn ausgerechnet Taka Nakagami (bis dahin bestes MotoGP-Ergebnis: einmal Fünfter) aus dem LCR-Honda-Kundenteam stand als bester Honda-Pilot da, er lenkte als einziger des Quartetts eine Honda RC213V des Jahrgangs 2019. Das neue 2020-Honda-Bike harmonierte offenbar überhaupt nicht mit der neuen Hinterreifen-Konstruktion von Michelin. Sie hilft vermehrt jenen Herstellern, deren Bikes auf viel Kurvenspeed ausgerichtet sind, also jedenfalls Yamaha und KTM.

Für den nächsten Tag wurden etliche Fahrzeuge und Bestandteile aus der LCR-Box in die Repsol-Honda-Garage gekarrt; auch Cal Crutchlow bekam einiges aus den Nakagami-Fundus ab. Am Montag und letzten Tag besserten sich die Ergebnisse von Honda.

Inzwischen hat bei den Gegnern von Yamaha über Ducati bis KTM Verwunderung über die HRC-Situation Platz gegriffen, die Schadenfreude ist gewichen. Schönreden lässt sich die HRC-Situation schon lange nicht mehr. Die technischen Hausaufgaben wurden trotz eines unvorstellbaren MotoGP-Budgets nicht erledigt. «Wir sind Honda, wir können uns das leisten», pflegte Ex-HRC-Manager Livio Suppo bei jeder Gelegenheit zu sagen.

Demnächst werden Köpfe rollen. Auch Yamaha hat nach 2018 die gesamte überforderte alte Führungscrew ausgewechselt,

Die bisherigen Ergebnisse zählen nicht mehr. In der MotoGP bist du nur so gut wie das Resultat von gestern.

Weil wir uns gerade zwischen zwei Grand Prix in Spielberg befunden, fällt mir eine Situation vom Österreich-GP 2018 ein, als sich Yamaha-Projektleiter Tsuji am Freitag hinstellte und sich vor dem Media Debrief bei seinen Fahrern Rossi und Viñales öffentlich für das nicht konkurrenzfähige Motorrad entschuldigte.

Bei Honda ist so etwas nicht zu erwarten. Denn dort war die Öffentlichkeitsarbeit schon zu Zeiten von Nakamoto und Suppo eine Farce, inzwischen existiert sie gar nicht mehr.

Das spielte keine Rolle, HRC konnte sich das erlauben, weil Marc Márquez einfach die Taten auf der Rennstrecke sprechen ließ und zwischen 2013 und 2019 sechs von sieben Fahrer-WM-Titeln gewann. Jede Kritik an HRC wurde als Gotteslästerung empfunden,

Mit der Zeit entstand bei HRC offenbar die Illusion, man verfüge über das beste Motorrad im Feld. Dass Márquez besonders in den letzten Jahren oft 30 Mal in der Saison stürzte, um die Schwächen der MotoGP-Honda zu vertuschen, und dazu noch 20 unmenschliche «Saves» leistete, belustigte die Honda-Truppe. Marc wünschte sich dringend ein besseres Chassis, Honda brachte es weder 2019 noch 2020 zustande. Die Ergebnisse der jeweils zweitbesten Honda-Fahrer fielen oft mager aus.

Trotzdem kannte die Euphorie der erfolgsverwöhnten HRC-Truppe keine Grenzen. Marc Márquez wurde von seiner entfesselten Crew beim ersten Jerez-GP von seiner Box sogar noch angestachelt, als der Ausserirdische nach dem furiosen Ausritt und einer beispiellosen Aufholjagd wieder auf Platz 2 lag.

Das Resultat ist bekannt: Sturz, Oberarmbruch, gescheitertes Comeback, zweite Operation, rund zwei Monate Pause, Comeback frühestens in Misano am 13. September.

Dass die Genesung jetzt zwei Monate dauert, beweist den Leichtsinn des ersten Comebacks – drei Tage nach der Operation.

Jetzt erst macht sich Márquez-Manager Emilio Alzamora Gedanken über die ärztliche Beratung. Aber er selbst und die HRC-Verantwortlichen hätten sich auch ohne Medizin-Studium ausmalen können, dass es sich bei einem Oberarmbruch nicht um eine Lappalie handelt.

Außerdem ist Márquez bis Ende 2024 unter Vertrag. Man hätte also langfristig planen können.

Wenn es jetzt zwei Monate dauert bis zur 100-prozentigen Fitness, kann das Comeback in Jerez nach drei Tagen nur als grob fahrlässig betrachtet werden.

Heute muss man nur ein paar Blicke auf die Statistik werfen, dann wird das Honda-Fiasko offenkundig. Honda fehlt nach vier Grand Prix ein Podestplatz, und wer dachte, Brünn sei schon der Tiefpunkt gewesen, wurde in Spielberg-1 eines Schlechteren belehrt.

Der aktuelle WM-Stand nach Brünn sprach schon Bände: 8. Nakagami, 27 Punkte. 13. Alex Márquez, 13 Punkte. 19. Cal Crutchlow, 6 Punkte. Die Honda-Startplätze von Brünn: 12. Crutchlow, + 1,110 sec. 17. Nakagami. 20. Bradl. 21. Alex Márquez.

Nach dem Österreich-GP sieht der WM-Stand immer noch trostlos aus: 6. Nakagami, 37 Punkte. 13. Alex Márquez, 15 Punkte. 21. Cal Crutchlow, 7 Punkte. Weltmeister Marc Márquez hält bei null Punkten, WM-Leader Fabio Quartararo hat 67 von maximal 100 eingesammelt.

Die Honda-Startplätze von Österreich: 10. Nakagami, + 0,422. 15. Crutchlow, + 0,778 sec. 18. Alex Márquez. 19. Bradl.

Honda-Situation schwer zu verkraften

Wenn man sich die Rundenzeiten der Honda-Asse im Vergleich zur Konkurrenz genauer anschaut, wird eine Tatsache sichtbar: Honda hat die RC213V nach rückwärts entwickelt, während sich Yamaha, Ducati, Suzuki und KTM deutlich gesteigert haben.

Die Verletzung von Weltmeister Marc Márquez verschlimmert diese Situation, die für den größten Motorradhersteller der Welt und das ruhmreiche Repsol-Honda-Team schwer zu verkraften ist.

Wir haben einen Blick auf die Quali-Zeiten der Honda-Fahrer in Spielberg geworfen. Cal Crutchlow fuhr im Vorjahr um 0,474 sec schneller, Nakagami um 0,203 Sekunden. Stefan Bradl war 2019 in seiner besten Spielberg-Runde ca. 0,5 sec schneller als jetzt am Wochenende.

Da der 29-jährige Japaner Nakagami ist in diesem Jahr mit der 2019-Maschine verlässlich schnellster Honda-Werkspilot. Er verfügt über das bessere Motorrad, das greift ein Blinder mit dem Stock.

Vielleicht hat Honda auch deshalb keine Eile, Marc Márquez zurück an die Strecke zu bringen. Denn mit diesem Paket kann auch der Zauberer aus Cervera keine Wunderdinge vollbringen.

Dovizioso fuhr 2019 im Österreich-Quali 1:23,515 min. Am Samstag war er um 0,091 sec schneller. Viñales umkreiste den 4,3 km langen Red Bull Ring im Quali diesmal 0,073 sec schneller als 2019.

Fabio Quartararo stand im Vorjahr mit 1:23,461 min auf dem zweiten Startplatz, diesmal fuhr er als Dritter los. Also auch bei Yamaha ist Konstanz zu sehen. Und Suzuki hat sich sogar beträchtlich gesteigert, Rins und Mir hatten Podestchancen, doch Rins rutschte weg.

Pol Espargaró dominierte mit der KTM diesmal die vier freien Trainings, er stürmte im ersten Rennen vom fünften Platz auf Platz 1, er verbesserte seine Quali-Zeit gegenüber 2019 immerhin um 0,254 sec.

Übrigens: Marc Márquez stand 2019 in Österreich mit 1:23,027 min auf der Pole. Nakagami war mit demselben Motorrad am Samstag um 0,845 sec langsamer!

Fazit: Von allen Werken ist nur Honda ist langsamer geworden.

In der prestigeträchtigen Konstrukteurs-WM hat Honda nur noch Aprilia hinter sich.

Jetzt dürfen wir gespannt sein, ob Honda die Situation 2020 mit einem gesunden Marc Márquez noch umdrehen und zum Beispiel das Chassis besser an die neuen Michelin-Reifen anpassen kann.

Ergebnisse MotoGP Spielberg, 16. August

1. Andrea Dovizioso, Ducati, 28 Runden
2. Joan Mir, Suzuki, +1,377 sec
3. Jack Miller, Ducati, +1,549
4. Brad Binder, KTM, +5,526
5. Valentino Rossi, Yamaha, +5,837
6. Takaaki Nakagami, Honda, +6,403
7. Danilo Petrucci, Ducati, +12,498
8. Fabio Quartararo, Yamaha, +12,534
9. Iker Lecuona, KTM, +14,117
10. Maverick Viñales, Yamaha, +15,276
11. Aleix Espargaró, Aprilia, +17,772
12. Michele Pirro, Ducati, +23,271
13. Bradley Smith, Aprilia, +24,868
14. Alex Márquez, Honda, +24,943
15. Cal Crutchlow, Honda, +27,435
16. Tito Rabat, Ducati, +28,502
17.
Stefan Bradl, Honda, +28,609

WM-Stand nach 4 von 14 Rennen:

1. Quartararo, 67 Punkte. 2. Dovizioso 56. 3. Viñales 48. 4. Binder 41. 5. Rossi 38. 6. Nakagami 37. 7. Miller 36. 8. Morbidelli 31. 9. Mir 31. 10. Zarco 28. 11. Petrucci 20. 12. Rins 19. 13. Pol Espargaró 19. 14. Oliveira 18. 13. Alex Márquez 15. 16. Aleix Espargaró 11. 17. Bagnaia 9. 18. Smith 8. 19. Lecuona 7. 20. 17. Rabat 7. 21. Crutchlow 7. 22. Pirro 4.

Konstrukteurs-WM nach 4 von 14 Rennen:

1. Yamaha 81. 2. Ducati 67. 3. KTM 57. 4. Suzuki 44. 5. Honda 37. 6. Aprilia 16.

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