Valentino Rossi sucht das Glück

Valentino Rossi: Erinnerungen an einen Liebesbrief

Von Günther Wiesinger
Als Valentino Rossi nach 2010 und vier Titelgewinnen auf der M1 von Yamaha zu Ducati wechselte, schrieb er einen Liebesbrief an sein Rennmotorrad. Inzwischen kriselt es in dieser Liebesbeziehung. Nicht erst seit gestern.

Für Valentino Rossi hat der Motorradsport viel mit Leidenschaft und Emotionen zu tun. Und natürlich betrachtet er sein Fahrzeug nicht als einen seelenlosen Haufen Leichtmetall mit viel Karbon, sondern er hält in der Box regelmäßig Zwiesprache mit seinem geliebten Gefährt, meist am Abend, wenn die Box entvölkert ist und er sich unbeobachtet fühlt.

«M1» heißt die MotoGP-Rennversion von Yamaha, und Rossi sprach «vom Ende eine wunderschönen Liebesbeziehung», als er Yamaha nach der Saison 2010 den Rücken kehrte und zu Ducati ging. Als «Vale» damals nach sieben Jahren und vier Titelgewinnen bei Yamaha Abschied nahm, hinterließ er einen öffentlichen, handgeschriebenen Liebesbrief.

«Es ist sehr schwierig, mit wenigen Worten mein Verhältnis zu Yamaha zu erklären. Seit meiner Ankunft 2004 hat sich viel verändert. Besonders sie – meine M1 – hat sich verändert. Damals war sie ein armseliges Mittelfeld-Motorrad, die meisten Fahrer machen einen weiten Bogen um sie. Ich habe ihr auf die Sprünge geholfen, sie ist besser und erwachsen geworden, man kann sie in der Box lächeln sehen, sie wird behütet und bewundert, sie gilt als Gradmesser in dieser Klasse. Jetzt ist der Augenblick gekommen, nach neuen Herausforderungen Ausschau zu halten. Meine Aufgabe bei Yamaha ist beendet. Leider gehen auch die prächtigsten Lovestorys zu Ende. Aber es bleiben unvergessliche Erinnerungen zurück, die uns niemand nehmen kann. Zum Beispiel an den Welkom-GP 2004, als meine M1 und ich den ersten Kuss ausgetauscht haben, im Gras neben der Piste, sie hat mir gerade und aufrichtig in die Augen geblickt und geseufzt: ‘Ich liebe dich!’»

Rossi hat 2004 in Südafrika gleich bei seinem ersten Rennen auf der M1-Yamaha gegen die favorisierte Honda-Meute und deren 990-ccm-Fünfzylinder-Raketen grandios triumphiert. Yamaha hatte damals seit Wayne Rainey (1990 bis 1992) in der Königsklasse keine Weltmeisterschaft mehr für sich entschieden, auch nicht mit Stars wie Biaggi, Checa und Melandri. 2003 hatte Yamaha mit der M1 nicht einmal ein einziges Rennen gewonnen! Das Bike mit dem Vierzylinder-Reihenmotor schien den Honda-Bikes klar unterlegen zu sein.

Irgendwann will Vale diesen literarisch wertvollen Liebesbrief auf E-bay zugunsten von wohltätigen Zwecken versteigern.
Und ausgerechnet im 13. Ehejahr mit Yamaha blieb Rossi 2018 mit der M1 erstmals sieglos.

Und der letzte MotoGP-Sieg (15. Juni 2017 in Assen) liegt jetzt bald vier Jahre zurück.

Immerhin: Im Juli 2020 hat Rossi in Jerez hinter Quartararo und Viñales beim zweiten Saisonrennen noch einen Yamaha-Hattrick komplettiert.

Aber er hat dann die Saison nur als WM-15. mit insgesamt 66 Punkten bveendet. Es war sien schlechtestes WM-Jahr.

Aber die Talfahrt geht weiter. beim Doha-GP 2021 musste Rossi mit Startplatz 21 sein bisher schlechtes GP-Quali-Ergebnis hinnehmen.

Und während Maverick Viñales und Fabio Quartararo die ersten zwei Rennen 2021 für Yamaha gewannen, kam der 42-jährige Valentino (9 WM-Titel, 115 GP-Siege) über die Plätze 12 und 16 nicht hinaus. Jetzt will er auf den europäischen Strecken das Steuer herumreißen.

Die Bilanz von Rossi in der Königsklasse

2000: WM-2. auf Honda 500, 209 Punkte, zwei GP-Siege
2001: WM-1. auf Honda, 325 Punkte, elf Siege
2002: WM-1. auf Honda, 355 Punkte, elf Siege
2003: WM-1. auf Honda, 357 Punkte, neun Siege
2004: WM-1. auf Yamaha, 304 Punkte, neun Siege
2005: WM-1. auf Yamaha, 367 Punkte, elf Siege
2006: WM-2. auf Yamaha, 247 Punkte, fünf Siege
2007: WM-3. auf Yamaha, 271 Punkte, vier Siege
2008: WM-1. auf Yamaha, 373 Punkte, neun Siege
2009: WM-1. auf Yamaha, 306 Punkte, sechs Siege
2010: WM-3. auf Yamaha, 233 Punkte, zwei Siege
2011: WM-7. auf Ducati, 139 Punkte, kein Sieg
2012: WM-8. auf Ducati, 163 Punkte, kein Sieg
2013: WM-4. auf Yamaha, 237 Punkte, ein Sieg
2014: WM-2. auf Yamaha, 295 Punkte, zwei Siege
2015: WM-2. auf Yamaha, 325 Punkte, vier Siege
2016: WM-2. auf Yamaha 249 Punkte, zwei Siege
2017: WM-5. auf Yamaha, 208 Punkte, ein Sieg
2018: WM-3. auf Yamaha, 198 Punkte, kein Sieg
2019: WM-7. auf Yamaha, 174 Punkte, kein Sieg
2020: WM-15. auf Yamaha, 66 Punkte, kein Sieg

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Dr. Helmut Marko: «Wir wissen, was zu tun ist»

Von Dr. Helmut Marko
Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko blickt in seiner SPEEDWEEK.com-Kolumne auf die Saison zurück und erklärt, wie sich Max Verstappen weiter verbessern konnte. Und er sagt, warum wir uns auf 2025 freuen dürfen.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Di. 24.12., 23:35, Motorvision TV
    FastZone
  • Mi. 25.12., 00:30, Sport1
    Triebwerk - Das Automagazin
  • Mi. 25.12., 01:45, Hamburg 1
    car port
  • Mi. 25.12., 02:30, Hamburg 1
    car port
  • Mi. 25.12., 03:50, Motorvision TV
    On Tour
  • Mi. 25.12., 04:20, SPORT1+
    NASCAR Cup Series
  • Mi. 25.12., 05:10, Motorvision TV
    US Pro Pulling
  • Mi. 25.12., 05:35, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Mi. 25.12., 06:00, Motorvision TV
    Australian Motocross Championship
  • Mi. 25.12., 06:55, Motorvision TV
    Classic
» zum TV-Programm
6.762 20111003 C2412054514 | 4