Valentino Rossi sucht das Glück

MotoGP-Feld: 2022 endlich wieder mit 24 Piloten

Von Günther Wiesinger
Vor zehn Jahren kriselte es in der MotoGP, es gab nur 17 Stammfahrer. Nächstes Jahr wird wieder die Maximalzahl von 24 Bikes antreten.

Als das MotoGP-Startfeld nach der globalen Wirtschaftskrise in den Jahren 2010 und 2011 nach dem Ausstieg von Kawasaki und Suzuki und dem Ende der lukrativen Zigaretten-Sponsorships (von Marlboro über Camel bis zu Rothmans, Lucky Strike, West, Chesterfield, Parisienne, Cabin, Ducados und Fortuna) auf 17 bis 18 Stammfahrer schrumpfte, reagierten WM-Promoter Dorna, das Hersteller-Bündnis MSMA und die Teamvereinigung IRTA mit ein paar sinnvollen Ideen, um das MotoGP-Feld wieder zu füllen. Zumindest 22 bis 24 Stammfahrer waren erwünscht.

So wurden für 2012 erstmals die Claiming-Rule-Bikes erlaubt. Das waren Prototypen-Chassis von Firmen wie FTR, Ioda, PBM oder Suter mit 1000-ccm-Superbike-Rennmotoren von Honda, Kawasaki, BMW und Aprilia. Denn gleichzeitig wurde für 2012 der MotoGP-Hubraum von 800 auf 1000 ccm erhöht. Den CRT-Piloten wurden weichere Hinterreifen-Mischungen erlaubt, weil die Motoren über weniger PS verfügten. Mit dem weicheren Gummi konnten auch bessere Startplätze erzielt werden.

Claiming-Rule-Bikes lockten neue Teams an

Durch die neue CRT-Kategorie (sie wurde zweimal vom Aprilia-Aspar-Team mit Aleix Espargaró gewonnen) stiegen neue Teams aus der Moto2 und Superbike-WM in die «premier class» auf, bei sehr überschaubaren Kosten. Die Ioda-Aprilia mit Eigenbau-Stahlrahmen hat damals nicht viel mehr als 80.000 Euro gekostet. Der Kaufpreis für eine Suter-BWW samt Elektronik lag bei ca. 170.000 Euro.

Heute liegen die Leasingkosten für zwei Bikes pro Fahrer bei 2,5 Millionen Euro.

Für 2014 wurde die neue «Open Class» eingeführt. Sie löste die CRT-Motorräder allmählich ab. Yamaha setzte im Forward-Team in der Open Class gebrauchte M1-MotoGP-Bikes ein. Honda hingegen baute eine abgespeckte Version der Honda RC213V, die preiswert war, zum Beispile fehlte das Seamless-Getriebe, aber gegen die Konkurrenz von Yamaha und Aprilia auf verlorenem Posten stand. Selbst Nicky Hayden verlor damit oft drei Sekunden pro Runde.

Die Open Class sollte eigentlich den Privatteams helfen, die Lücke zu den Werksteams zu verringern.

Doch der neue Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna spürte ein Schlupfloch im Reglement auf und meldete überraschenderweise das Ducati-Corse-Werksteam für 2014 als «Open Class»-Mannschaft an. Dadurch profitierte es von weicheren Reifen, von 2 Liter mehr Sprit im Rennen, mehr Testfahrten und mehr Motoren pro Saison.

Mit Hilfe dieser Privilegien pirschte sich Ducati mit der nicht siegfähigen Desmosedici innerhalb von zwei Jahren wieder an die Siegerteams heran. Andrea Iannone gewann nach einer sechsjährigen Durststrecke von Ducati 2016 in Spielberg, Andrea Dovizioso 2016 in Sepang.

Als dann Suzuki 2015 (erstmals mit einem Reihenmotor statt einem V4) in die WM zurückkehrte, Aprilia gleichzeitig mit einem verkappten V4-Superbike neu in die WM kam und KTM 2017 in der MotoGP-Klasse debütierte, wurden die Neulinge mit neuen Privilegien geködert. Sie wurden als «concession teams» tituliert, während Honda, Yamaha und Ducati unter dem Factory-Status antraten.

Das bedeutete: Die Neulinge konnten dank der «concessions» (Zugeständnisse) mehr Motoren pro Fahrer und Saison verheizen, die Motorenentwicklung war ab dem Saisonstart nicht eingefroren, die Testtage für die Stammfahrer waren nicht limitiert.

Suzuki verlor die «concessions» erstmals nach den ersten Erfolgen von Viñales für 2017. Dann bekamen sie die Japaner nach der verpatzten Saison 2017 (neue Piloten: Aleix Espargaró und Andrea Iannone) noch einmal für ein Jahr zurück. KTM verlor den «Concession»-Status nach der Saison 2020.

Denn wer in einer Saison sechs «concession points» einsammelt, verliert alle Privilegien für die kommende Saison.
Ein Sieg bringt drei Konzessions-Punkte ein, ein zweiter Platz zwei Punkte, ein dritter Rang einen Punkt.

Honda konnte 2020 und 2021 nicht absteigen

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum Honda nach der Saison 2020 (nur zwei zweite Plätze durch Alex Márquez) nicht in den Status eines «concession teams» down gegradet wurde.

Der Grund: Die Dorna, MSMA und IRTA haben einstimmig beschlossen, dass in der verkürzten Corona-Saison 2020 kein Siegerteam in den Status eines «concession team» verwandelt werden kann.

Als sich abzeichnete, dass die Pandemie auch in der Saison 2021 ihre Spuren hinterlassen wird und mit Absagen einiger Übersee-Events (Argentinien, Japan) gerechnet werden muss, wurde beschlossen: Wegen der Covid-19-Vorschriften kann auch in diesem Jahr kein Siegerteam für 2022 zum «concession team» herabgestuft werden.

So entging der weltgrößte Motorradhersteller Honda einer peinlichen Schmach. denn die «concessions» sollen Neueinsteigern helfen, nicht einem Giganten wie Honda, der seit 40 Jahren pausenlos in der «premier class» mitmischt. 

Im Sommer 2021 wurden Honda und vor allem Marc Márquez wieder konkurrenzfähiger. So stellte sich die Frage des Abstiegs zu den «concessions teams» ohnedies nicht mehr.

Trotzdem: Honda hat in den ersten sieben Grand Prix 2021 keinen Podestplatz erreicht. Doch danach gewann Márquez in Sachsen, Texas und in Misano-2. Dau eroberte er Platz 2 in Aragón, er wurde WM-Siebter, aber in der Marken-WM kam Honda über Rang 4 nicht hinaus. 

Aber den der drei anderen Honda-Stammfahrern (Nakagami, Alex Márquez und Pol Espargaró gelang zusammen nur ein Podestplatz – durch Pol in Misano-2. Es bleib sein einziges Top-3-Ergebnis 2021.

Zuletzt bestand das MotoGP-Teilnehmerfeld 2028 aus 24 Bikes. Doch am Saisonende zog sich Marc VDS-Honda zurück, Jorge Martinez übergab sein Kundenteam an Petronas-Yamaha, Tech3 wechselte von Yamaha zu KTM.

Jetzt bekam Aprilia Racing zwei eigene Plätze, und Gresini Racing verbündete sich neu mit Ducati. Deshalb sollen wieder 24 Fahrer an die Startlinie – wie beim Misano-GP im September, als Michele Pirro und Stefan Bradl mit Wildcards ausrückten. 

MotoGP-Ergebnis, Valencia (14. November):

1. Bagnaia, Ducati, 27 Runden in 41:15,481 min
2. Martin, Ducati, + 0,489 sec
3. Miller, Ducati, + 0,823
4. Mir, Suzuki, + 5,214
5. Quartararo, Yamaha, + 5,439
6. Zarco, Ducati, + 6,993
7. Binder, KTM, + 8,437
8. Bastianini, Ducati, + 10,933
9. Aleix Espargaró, Aprilia, + 12,651
10. Rossi, Yamaha, + 13,468
11. Morbidelli, Yamaha, + 14,085
12. Dovizioso, Yamaha, + 16,534
13. Alex Márquez, Honda, + 17,059
14. Oliveira, KTM, + 18,221
15. Lecuona, KTM, + 19,233
16. Viñales, Aprilia, + 19,815
17. Marini, Ducati, + 28,860
18. Petrucci, KTM, + 32,169
– Rins, Suzuki, 17 Runden zurück
– Nakagami, Honda, 23 Runden zurück

MotoGP Endstand Fahrer-WM (nach 18 Rennen):

1.Quartararo, 278 Punkte. 2. Bagnaia 252. 3. Mir 208. 4. Miller 181. 5. Zarco 173. 6. Binder 151. 7. Marc Márquez 142. 8. Aleix Espargaró 120. 9. Martin 111. 10. Viñales 106. 11. Bastianini 102. 12. Pol Espargaró 100. 13. Rins 99. 14. Oliveira 94. 15. Nakagami 76. 16. Alex Márquez 70. 17. Morbidelli 47. 18. Rossi 44. 19. Marini 41. 20. Lecuona 39. 21. Petrucci 37. 22. Bradl 14. 23. Pirro 12. 24. Dovizioso 12. 25. Pedrosa 6. 26. Savadori 4. 27. Rabat 1.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 357 Punkte. 2. Yamaha 309. 3. Suzuki 240. 4. Honda 214. 5. KTM 205. 6. Aprilia 121.

Team-WM:

1. Ducati Lenovo 433 Punkte. 2. Monster Energy Yamaha 380. 3. Suzuki Ecstar 307. 4. Pramac Racing 288. 5. Repsol Honda 250. 6. Red Bull KTM Factory Racing 245. 7. LCR Honda 146. 8. Esponsorama Racing 143. 9. Aprilia Racing Team Gresini 135. 10. Petronas Yamaha SRT 96. 11. Tech3 KTM Factory Racing 76.

 

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