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An seinem 35. Geburtstag: Spuren von Marco Simoncelli

Heute wäre Marco Simoncelli 35 Jahre alt geworden. Zehn Jahre nach seinem tragischen Tod in Sepang ist der 250er-Weltmeister von 2008 in der MotoGP und darüber hinaus unvergessen.

Marco Simoncelli wurde am 20. Januar 1987 in Cattolica geboren. 2008 kürte er sich zum 250-ccm-Weltmeister, insgesamt gewann er in der zweithöchsten Klasse zwölf Grand Prix, dazu zwei in der 125er-Kategorie. In der Königsklasse MotoGP deutete er sein Potenzial mit zwei Podestplätzen an, ehe sich ausgerechnet in Sepang, wo der charismatische Lockenkopf drei Jahre zuvor noch seinen Titelgewinn fixiert hatte, die Tragödie ereignete. Marco Simoncelli verstarb am 23. Oktober 2011 nach einem Unfall in der zweiten Runde des MotoGP-Rennens. Er wurde nur 24 Jahre alt.

Seinen zehnten Todestag beging die MotoGP-Familie im vergangenen Oktober in Misano und damit auf der GP-Strecke, die seit 2012 ganz offiziell den Namen «Misano World Circuit Marco Simoncelli» trägt. Im Gedenken an «Super-SIC» wurde auf dem Hügel der La Quercia-Kurve ein Baum für ihn gepflanzt. Marcos Eltern Paolo und Rosella enthüllten dazu unter Nieselregen eine Gedenktafel.

«An diesem Wochenende erlebte ich einige besondere Momente», erzählte Paolo Simoncelli. «Die Zeremonie, bei der eine Eiche gepflanzt wurde, ‚La quercia del Sic‘, war sehr intim. Es war unglaublich, wie es ein Sonnenstrahl an einem verregneten Tag durch die Wolken schaffte und einen Regenbogen schuf, der etwas Magisches an sich hatte. Das war wunderschön.»

«Als es dunkel wurde, strahlte in Coriano 58 Sekunden lang die Flamme des Denkmals, das uns Lino Dainese einst schenkte. Ich schätzte die respektvolle Stille, die fast schon unwirklich war. Es war ein berührender Moment des gemeinsamen Gedenkens, der mich und seine Mama sehr bewegte», betonte Marcos Papa, der mit seiner SIC58 Squadra Corse die Moto3-WM bestreitet.

«Meine gesamte Mannschaft war dabei, der ich danke, dass sie uns beistand. Und ich danke der ganzen Welt dafür, dass sie einfach dabei waren. Ich sage die ganze Welt, weil ich Französisch, Spanisch, Deutsch usw. reden hörte und weiß, dass die, die nicht vor Ort waren, diesen Jahrestag vor dem TV-Gerät oder auf den sozialen Netzwerken miterlebten. Auch wenn ich euch nicht kenne, ein großes Dankeschön», ergänzte Paolo Simoncelli.

Marco Simoncelli hat Spuren hinterlassen

Seit dem Tod von Ayrton Senna 1994 hatte kein so charismatischer und populärer Motorsportler auf der Rennstrecke sein Leben verloren. Deshalb ging der Tod von Super-SIC vielen Menschen so nahe. Die Betroffenheit nahm ungeahnte Ausmaße an – und sie ist heute im Fahrerlager noch an allen Ecken und Enden spürbar. An jedem Rennwochenende läuft man 20 Mal an einem Truck vorbei, auf dem die Nr. 58 klebt, Journalisten haben ihre Notebooks mit der 58 dekoriert, auch die Buttons sind überall zu sehen.

Nicht nur das: Es wurde eine «Fondazione Marco Simoncelli 58» gegründet, ein «SIC Supermoto Day» wurde organisiert, bei dem 2013 leider Doriano Romboni ums Leben kam. In der Unglückskurve in Sepang steht eine SIC58-Gedenktafel; im Heimatort Coriano ist ein sehenswertes SIC-Museum (mit seiner Honda RC213V) entstanden und dazu ein Kunstwerk mit Strahlkraft. Die Fondazione hat inzwischen bereits den Bau einer Einrichtung für Kinder mit Beeinträchtigung («La casa del Sic») in Coriano mitfinanziert. Eine Zufahrtstraße zum Misano World Circuit, ein wichtiges Verbindungsstück zwischen der Autobahn und der Rennstrecke, wurde «Via Marco Simoncelli» genannt. Zum zehnten Todestag produzierte Sky einen Doku-Film unter dem Titel «SIC», der Ende 2021 in ausgewählten italienischen Kinos gezeigt wurde.

Das bringt uns zu einem Thema: SIC? Was heißt das?

Wie bringt man es als Träger des Namens Simoncelli zu so einem merkwürdigen Markenzeichen?

Das kann doch mit dem Familiennamen nichts zu tun haben, oder?

Tatsächlich haben wir aus reiner Neugier einmal die Hintergründe des Zustandekommens dieses Kürzels recherchiert. Wir fanden heraus: Simoncelli hat sich den nicht sehr gebräuchlichen italienischen Ausdruck «sbatti i coglioni» zum Lebensmotto gemacht, das bedeutet so viel wie «fuck it» oder «das ist mir scheißegal».

Der furchtlose Italiener war ein Nonkonformist, ein Rebell, ein Draufgänger, ein Kämpfer, sein Charisma reichte an jenes von Valentino Rossi heran. Deshalb lebt er in den Herzen von Tausenden Fans weiter. Sie nannten ihn bald Super-SIC.

Bei SIC-Kumpel Rossi wissen ja auch nur die Eingeweihten, warum er seit Kindertagen das Kürzel «VVLF» auf dem Kragen der Lederkombi stehen hatte. Das heißt: «Viva viva la Figa» – er lässt damit ein primäres weibliches Geschlechtsorgan hochleben.

Es ist eine merkwürdige Ironie des Schicksals, dass auch die GP-Strecke in Malaysia SIC heißt – das steht für Sepang International Circuit.

Das SIC58-Team und eine namhafte Academy

Papa Paolo kehrte 2017 mit seinem Moto3-Team «SIC58 Squadra Corse» in die Weltmeisterschaft zurück. «Ich habe mir nach Marcos Tod vorgenommen, irgend einmal wieder mit einem Teamtruck durch das Tor zum Fahrerlager zu fahren», erklärte er. «Ich habe die SIC58 Squadra Corse im Namen von Marco gegründet, um Kindern zu helfen, die sonst nicht die Möglichkeit hätten, Rennen zu fahren.» Inzwischen hat sein Team schon drei GP-Siege gefeiert.

Die Startnummer 58 wird in der MotoGP-Kategorie nicht mehr vergeben. Nur die Familie Simoncelli kann diese Entscheidung rückgängig machen.

MotoGP-Superstar Valentino Rossi sagte am zehnten Todestag seines Kumpels: «Marco fehlt mir sehr, vor allem als Freund, weil wir zusammen großen Spaß hatten. Mit ihm war es immer lustig. Er fehlt uns auch als Fahrer, denn ich glaube, dass Marco eine große Chance gehabt hätte, 2012 auf einer Werks-Honda zu fahren und um den Titel zu kämpfen.»

«Die Academy haben wir zu seinen Ehren geschaffen, denn er war der erste Fahrer, dem wir geholfen haben», ergänzte der 42-jährige Italiener mit Blick auf seine erfolgreiche Nachwuchsschmiede, die VR46 Riders Academy. «Vale» räumte aber auch ein: «Es ist nichts Besonderes und es wäre besser, ihn hier bei uns zu haben, aber das ist das, was wir tun können.»

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