Marc Márquez: Zwingt ihn Verletzung zum Rücktritt?
Marc Márquez beim Indonesien-GP: Kann er 2022 noch eimal aufsteigen?
Ist Marc Márquez ausgerechnet die überragende Saison 2019 mit zwölf Siegen und sechs zweiten Plätzen bei 19 Wettkämpfen zum Verhängnis geworden? Damals machte sich bei Repsol-Honda die Überzeugung breit, der Spanier sei nach sechs Titelgewinnen in sieben Saisons über Jahre hinaus unbesiegbar.
Doch dann stellte sich die 2020-Honda beim Katar-Test im Februar als nicht konkurrenzfähig heraus. Wegen der Pandemie begann die Rennsaison zwar erst am 19. Juli in Jerez, aber wegen Corona, wegen des Lockdowns, der eingeschränkten Reisetätigkeit der japanischen Ingenieure sowie des «frozen engine developments» wurde aus der Honda RC213V im ganzen Jahr kein Sieger-Motorrad.
Márquez wollte diese unerfreuliche Tatsache nicht wahrhaben und verletzte sich bei einer Aufholjagd gleich beim Saisonauftakt in Jerez schwer, als die Yamaha-Stars Fabio Quartararo und Maverick Viñales deutlich dominierten. Der Oberarmbruch setzte ihn dann neun Monate lang außer Gefecht.
Der 59-fache MotoGP-Sieger hat wegen der vielen Stürze in den letzten dreieinhalb Jahren zwei Schulter-Operationen, drei Oberarm-Operationen, zwei Knochentransplantationen sowie eine Knochenmarksinfektion sowie seit 2011 drei Phasen der Doppelsichtigkeit (Diplopie) hinnehmen müssen. Zwei davon seit Ende Oktober 2021.
Kein Wunder, wenn jetzt offen darüber diskutiert wird, ob Marc Márquez in diesem Jahr oder überhaupt noch einmal auf einer MotoGP-Maschine zu sehen sein wird.
Verständlicherweise rief die SPEEDWEEK.com-Story mit dem Titel «Spekulationen um Marc Márquez: Geht Karriere zu Ende?» unter den Lesern und Márquez-Fans vor zwei Tagen heftige Reaktionen und Diskussionen hervor.
Aber es darf sich niemand einbilden, dass nach drei gründlich misslungenen Jahren bei der Honda Racing Corporation nicht endlich ein Umdenken erfolgt und die gesundheitliche Zukunft des 29-jährige zuletzt dauer-versehrten Superstars aus Spanien in den Vordergrund gerückt wird.
Wer den Motorrad-GP-Sport auch in den letzten 30 Jahren verfolgt hat, wird einsehen, dass einige renommierte Marc Márquez-Vorgänger ihre glorreichen Karrieren teilweise wegen wesentlich geringfügigeren Verletzungen beenden mussten.
– Freddie Spencer, 500-ccm-Weltmeister auf Honda 1983 und 1985 und dazu 250 ccm-World Champion 1985, heimste 1986 in der 500er-WM wegen einer Sehnenscheidenentzündung keinen einzigen Punkt mehr ein. Er war damals erst 24 Jahre alt und gewann danach keinen Grand Prix mehr. In den Jahren 1987 (auf Honda), 1989 und 1993 (jeweils auf Yamaha) schaffte er bei gescheiterten Combackversuchen nur die WM-Ränge 20, 16 und 17.
– Kevin Schwantz, 500-ccm-Weltmeister 1993 auf Suzuki, zog sich beim Mugello-GP 1995 für immer aus dem GP-Sport zurück. Er sah sich nach mehreren Handverletzungen mit 31 Jahren nicht mehr imstande, um den WM-Titel zu fighten.
– Rothmans-Honda-Werksfahrer Mick Doohan fürchtete 1992 nach einem Crash im Assen, sein rechter Unterschenkel müssen amputiert werden. Sein Knöchel wurde dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen, trotzdem gewann er die 500-ccm-WM von 1994 bis 1998 fünfmal in Serie. Doch nach einem weiteren schweren Sturz in Jerez 1999 zog sich «Quick Mick» im Alter von 34 Jahren mit sofortiger Wirkung vom GP-Sport zurück.
– Casey Stoner hat seine Laufbahn Ende 2012 nach zwei Titelgewinnen (2007 und 2011) im Alter von 27 Jahren (!) beendet. Er litt an einem chronischen Erschöpfungssyndrom und pausierte deshalb 2009 vier Rennen lang (Donington, Brünn, Indianapolis und Misano). «Ich hatte massive Probleme mit meiner Gesundheit. Ich kam an einen Punkt, an dem ich fünf Monate lang kaum das Sofa verlassen konnte. Meine tägliche körperliche Betätigung bestand darin, vom Bett zur Couch und wieder zurück zu gehen. Ich konnte es nicht erklären, wir konnten es nicht verstehen – ich hatte mental Mühe und körperlich extreme Probleme», schilderte Stoner 2021 beim Besuch des Portugal-GP.
– Jorge Lorenzo, MotoGP-Weltmeister auf Yamaha 2010, 2012 und 2015, erlitt bei Repsol-Honda 2019 in Assen einen Bruch des sechsten Rückenwirbels und fuhr nachher nie mehr in die Top-Ten. Ende 2019 gab er seinen Rücktritt bekannt – mit 32 Jahren.
– Wayne Rainey, 500-ccm-Weltmeister auf Yamaha 1990, 1991 und 1992, wurde hingegen durch eine verheerende Verletzung zum Rücktritt gezwungen. Der Kalifornier zog sich 1993 im Alter von 32 Jahren beim Titelfight gegen Schwantz in Misano eine Rückenmarksverletzung zu und sitzt seither im Rollstuhl.