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Die Fahrer warnen: MotoGP geht den falschen Weg

Von Manuel Pecino
«Mit dem Aufkommen der Aerodynamik ist das Überholen komplizierter geworden.» Diese Aussage haben wir seit 2016 von vielen MotoGP-Fahrern gehört. Gigi Dall’Igna begann einen neuen Weg der aerodynamischen Entwicklung.

Viele Fahrer haben seitdem ihre Meinung von «Überholen ist komplizierter geworden» in «Überholen ist unmöglich» geändert – mit Ausnahme der Ducati-Fahrer. Die Aerodynamik der aktuellen MotoGP-Generation hat die Überholmanöver auf der Bremse komplett verändert. Sie hat es auf drei verschiedenen Wegen beeinflusst.

Auf der einen Seite wird im Windschatten eines Motorrads ein Vakuum generiert, was einen Saugeffekt am hinteren Bike zur Folge hat. «Das ist bestialisch», betonte Aleix Espargaró (Aprilia).

«Du musst es unbedingt mit einberechnen, wenn du hinter einem anderen Fahrer bist. Bremst du dort, wo du bei Alleinfahrt bremsen würdest, kannst du as Bike nicht mehr rechtzeitig verlangsamen. So einfach ist es. Du musst den Saugeffekt einberechnen und früher bremsen», machte der Aprilia-Werksfahrer klar.

Als bestes Beispiel dafür: Repsol Honda-Fahrer Pol Espargaró versuchte beim Katar-GP Enea Bastianini auf der Bremse anzugreifen, als der ihn gerade überholt hatte. Der Spanier musste weitgehen. Er kam somit von der Strecke ab.

Der zweite Effekt der Aerodynamik bei einem Überholmanöver ist die Folge des Windschattens. Dieser Effekt übt sich auf die Front aus und erlaubt den Fahrern, später und härter zu bremsen.
«Als ich 2015 in die MotoGP-Klasse kam, hatten die Motorräder keine Flügel; man musste sie anders fahren», erklärte Maverick Viñales. «Nun bremst du deutlich später, denn die Räder haben mehr Kontakt zum Boden, durch den Anpressdruck, generiert durch die Aerodynamik.»

Setzt man den ersten und den zweiten Effekt zusammen, dann haben wir ein Bild, das erklärt, wie kompliziert das Überholen geworden ist. Hinzu kommt noch der dritte Aspekt, der das Überholen erschwert: Luftdruck am Vorderreifen.

In den letzten Wochen ein großes Thema in der «premier class», denn immer wieder gab es Schwierigkeiten mit dem Druck am Vorderreifen klarzukommen, aus oben genannten Gründen. Durch das generierte Vakuum des Vordermanns kommt keine frische Luft an den Vorderreifen. Das wird zu einem großen Problem, wenn der Fahrer lange hinter seinem Vordermann bleibt, weil er aufgrund der Aerodynamik nicht überholen kann. Geht der Reifendruck nach oben, verändert sich das Verhalten der Maschine dramatisch.

«Man bemerkt, dass das Motorrad nicht mehr normal verlangsamt», sagte Luca Marini in Le Mans. «Steigt der Druck weiter an, klappt dir das Vorderrad in schnellen Kurven ein. Nein, das ist nicht besonders schön.»

Marinis Teamkollge Marco Bezzecchi dazu: «Ich fuhr hinter ‚Diggia‘ und ich wusste einfach nicht, wie ich ihn überholen sollte. Ich bemerkte, dass der Druck anstieg, also musste ich mich ein paar Meter zurückfallen lassen, um frische Luft an den Reifen zu lassen. Als der Druck wieder normal war, habe ich wieder attackiert, doch ich wusste, dass ich nur eine Chance haben würde.»

Beim Frankreich-GP erreichte die Überholkrise eine neue Phase. Nur die Ducati-Fahrer konnten überholen. Bagnaia kam an Miller vorbei, Bastianini ebenfalls. Zarco überholte Marc Márquez (Honda), Bezzecchi kam an Di Giannantonio vorbei. Ja, es gab auch ein paar andere, aber nach dem Rennen war der Aufschrei der Nicht-Ducati-Fahrer riesengroß.

Fabio Quartararo und Pol Espargaró beklagten sich bitter über die Unmöglichkeit, überhaupt einen Überholversuch unternehmen zu können, während Marc Márquez den Diskurs auf eine andere Ebene brachte. Er wies auf die schlechte Show gegenüber den Zuschauern in der aktuellen Situation hin. «Ich habe das in der ‚Safety Commission kundgetan», sagte er anschließend.

«Die Fans bemerken nicht, ob wir eine halbe Sekunde langsamer oder schneller sind», erklärte der Honda-Star. «Sie möchten Überholmanöver und Kämpfe sehen; mit den aktuellen Motorrädern ist das nicht möglich.»

Dass die Fahrer mit der aktuellen Technologie einen Schritt zurückgehen möchten, ist ganz klar. Die Rede ist von Aerodynamik, Absenksystemen am Kurvenausgang («Ride Height Devices») und so weiter.

«Es ist paradox», stellte Viñales klar. «Die aktuellen Motorräder sind einfacher zu fahren. Am Kurvenausgang öffnest du das Gas auf Vollgas und das wars. Die Elektronik macht die Arbeit, die der Fahrer normalerweise machen müsste. Die Bikes sind sicherer, aber dadurch wirst du auch schneller, was dazu führt, dass die Strecken kleiner und kleiner wirken.»

Der Wille der Fahrer, einen Teil der MotoGP-Entwicklung umzukehren, ist eine Tatsache, aber in ihrem Kreuzzug werden sie sicher auf die Ingenieure stoßen. Denn von einem Ingenieur zu verlangen, einen technologischen Fortschritt aufzugeben, ist wie der Versuch, Öl und Wasser zu mischen: Wenn es von ihnen abhängt, wird nichts passieren.

Für einen Ingenieur ist Rennsport Entwicklung. Dieses Konzept, das sicher auch einige Fans unterstützen, umzukehren, ist kaum möglich. Ganz besonders, wenn wir über Gigi Dall’Igna sprechen, den wir als Vater der Entwicklung bezeichnen können.

Es war der Italiener, der das Rennen der Aerodynamik startete, der die Devices für die Absenkung der Gabel beim Start sowie für das Absenken des Motorrads am Kurvenausgang erfand. Er ist die treibende Kraft der Neuentwicklungen.

Im Kampf «Fahrer gegen Ingenieure» habe ich keinen Zweifel, dass Dall'Igna den technologischen Fortschritt der MotoGP mit aller Kraft verteidigen wird. Aber in Anbetracht der Vorzugsrolle, die Carmelo Ezpeleta seinen Fahrern immer einräumt, würde ich viel mehr auf sie setzen. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis wir es sehen.

WM-Stand nach 7 von 21 Grand Prix:

1. Quartararo 102 Punkte. 2. Aleix Espargaró 98. 3. Bastianini 94. 4. Rins 69. 5. Miller 62. 6. Zarco 62. 7. Bagnaia 56. 8. Brad Binder 56. 9. Mir 56. 10. Marc Márquez 54. 11. Oliveira 43. 12. Pol Espargaró 40. 13. Viñales 33. 14. Nakagami 30. 15. Martin 28. 16. Marini 21. 17. Morbidelli 19. 18. Bezzecchi 19. 19. Alex Márquez 18. 20. Dovizioso 8. 21. Darryn Binder 6. 22. Di Giannantonio 3. 23. Gardner 3.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 156 Punkte. 2. Yamaha 102. 3. Aprilia 99. 4. KTM 84. 5. Suzuki 80. 6. Honda 67.

Team-WM:

1. Aprilia Racing 131 Punkte. 2. Suzuki Ecstar 125. 3. Monster Energy Yamaha 121. 4. Ducati Lenovo 118. 5. Red Bull KTM Factory 99. 6. Gresini Racing MotoGP 97. 7. Repsol Honda 94. 8. Pramac Racing 90. 9. LCR Honda 48. 10. Mooney VR46 Racing 40. 11. WithU Yamaha RNF 14. 12. Tech3 KTM Factory 3.

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