KTM bekräftigt MotoGP-Teilnahme 2025

Marc Márquez in Portimão: Vom Supermann zu Buhmann

Von Günther Wiesinger
«Alles oder nichts», so lautet meist die Devise von MotoGP-Superstar Marc Márquez. Aber in den letzten drei, vier Jahren führte ihn diese Methode oft schnurstracks ins Krankenhaus.

Der MotoGP-Auftakt auf dem malerischen «Autódromo Internacional do Algarve» erzeugte Schlagzeilen, die für eine halbe Saison reichen würden. Allein in der MotoGP-Klasse existiert bereits ein Lazarett mit fünf Piloten: Pol Espargaró (Kieferbruch, Rückenwirbel angebrochen, Lungenquetschung), Enea Bastianini (rechtes Schulterblatt gebrochen), Jorge Martin (große Zehe rechts gebrochen), Miguel Oliveira (starke Prellungen) und Marc Márquez (erster Mittelhandknochen rechts gebrochen) haben Verletzungen davongetragen. Pol, Enea, Marc und Miguel müssen sogar auf den Argentinien-GP am kommenden Wochenende verzichten.

Jetzt wird noch gerätselt, ob Marc Márquez sein doppelter Long-Lap-Penalty nach dem rücksichtslosen Abschuss von Oliveira erspart bleibt, weil ihn die FIM für Argentinien-GP angekündigt hat, der Honda-Star dort aber nicht fahren wird.

Die Formulierung hätte lauten müssen: «… bei der nächstmöglichen MotoGP-Rennteilnahme.»

Der Penalty muss dann beim Rennen über die volle Distanz absolviert werden, er darf nicht beim Samstag-Sprint (halbe Distanz, halbe Punkte) vollführt werden.

Valentino Rossi sagte mehrmals über Márquez: «Er entschuldigt sich zwar immer nett, aber er meint es nicht ernst und benimmt sich bei der nächstbesten Gelegenheit wieder daneben.»

Dieser Eindruck wurde vom sechsfachen MotoGP-Weltmeister auch am Sonntag vermittelt. Er beteuerte, er habe sich in den ersten zwei Runden nicht im Angriffsmodus befunden, er sei ruhig und gelassen gewesen, denn er habe sich ja nur ein Top-5-Ergebnis ausgerechnet. Aber leider habe dann beim Bremsen das Vorderrad blockiert.

Naja, wenn man in jeder Kurve 50 oder 100 Meter später bremst als die Gegner, wird so etwas früher oder später passieren.

Wenn Marc Márquez am Sonntag in Portimão wirklich entspannt unterwegs war, obwohl er in der ersten Runde Jorge Martin in Kurve 4 rammte und Oliveira in der zweiten Runde in Kurve 3 abräumte, dann bin ich schon gespannt auf den Tag, an dem er in den «attack mode» schaltet.

«Ich bin zornig und frustriert», wetterte Oliveiras RNF-Aprilia-Teamchef Razlan Razali, dessen Nummer 1 von der Nummer 93 ins Elend befördert wurde.

Marc Márquez: Titel schon verspielt?

Es ist kein Geheimnis, dass Marc Márquez einen aussergewöhnlichen Motorradrennfahrer und eine Persönlichkeit darstellt, die jedem Beobachter viel Respekt abverlangt. Sein Fahrkönnen, seine Risikobereitschaft, seine Fahrzeugbeherrschung, seine Opferbereitschaft, sein unermüdlicher Trainingsfleiß stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten.

Aber die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn ist mitunter mit freiem Auge kaum erkennbar.

Deshalb erleben wir bei Marc immer wieder fahrerische Höhepunkte, die sich mit Harakiri-Manövern abwechseln. Deshalb wurde er schon in der Moto2 mehrmals in die letzte Startreihe verbannt. Und als er in Argentinien 2018 von allen guten Geistern verlassen wurde, als er sein Motorrad am Startplatz abwürgte, worauf er innerhalb von 40 Minuten vier Strafen ausfasste, war von Honda nie ein Wort der Kritik zu hören.

Denn Marc Márquez ist für die Honda Racing Corporation seit mehr als zehn Jahren eine Erfolgsgarantie, auch wenn seine kompromisslose Fahrweise längst ihren Tribut gefordert hat – in Form von rund einem Dutzend Verletzungen von Schulterluxationen bis zum Oberarmbruch, der erst bei der vierten OP richtig repariert wurde, dazu kamen zwei Knochentransplantationen, eine Knochenmarksinfektion und drei heimtückische Doppelsichtigkeiten.

Aber Marc Márquez ist offenbar nicht bereit, an seiner Strategie etwas zu ändern. Pokal oder Hospital, alles oder nichts, lautet die simple Devise.

Honda-Testfahrer Stefan Bradl äußerte nach dem Mandalika-GP 2022 die Überzeugung, der zu allem entschlossene Marc Márquez werde seine kompromisslose Fahrweise nicht mehr ändern.

Gut, das ist seine eigene Entscheidung, solange nicht Berufskollegen in Gefahr gebracht werden.

Aber Marcs Honda-Kollegen Joan Mir und Alex Rins reihen sich halt mit der untauglichen Honda vorläufig auf den Plätzen 10 bis 13 ein, weil bei ihnen der Selbsterhaltungstrieb deutlich stärker ausgeprägt ist als bei Marc Márquez. Auch andere Spitzenfahrer mit vorläufig nicht siegfähigem Material geben sich mit entsprechenden Ergebnissen zufrieden – Miller, Binder, Quartararo und so weiter.

Denn die Ducati-Übermacht und die Werks-Aprilia sind schwer zu biegen.

Fakt ist auch: Die Márquez-Vorgänger der jüngeren Vergangenheit von Sheene über Roberts bis zu Schwantz, Lawson, Rainey, Doohan, Biaggi, Rossi, Hayden, Stoner und Lorenzo waren fast nie in solche Schlamassel verwickelt wie Marc Márquez.

Gut möglich, dass Marc Márquez durch seine leichtsinnige Aktion am Sonntag bereits alle WM-Chancen verspielt hat. Denn er hätte für einen möglichen fünften Platz elf kostbare Punkte einheimsen können. So misslang ihm diese Schadensbegrenzung gründlich.

Dazu fehlt er in Argentinien, wo wieder 37 Punkte verteilt werden. Und auf seiner Lieblingsstrecke in Texas wird er am 16. April am Sonntag trotz des Formfehlers der FIM zwei Long-Laps vollführen müssen.

Dadurch könnte ein Top-Ten-Ergebnis außer Reichweite liegen und Márquez mit fast 100 Punkten Rückstand auf Bagnaia zum Jerez-GP kommen.

Der Repsol-Honda-Star hat ja am Sonntag öffentlich beteuert, dass ihm diese Strafe gebührt. Oder hat er es nicht so gemeint?

Wenn Marc Márquez als großer Champion in die Geschichte eingehen will, wird er seine riskante Strategie überdenken müssen.

Bei 21 Grand Prix und 42 Wettkämpfen wäre es zielführend, an jedem Rennwochenende vorne dabei zu sein. Besonders wenn der siegreichste Fahrer der letzten zwei Jahre (Pecco Bagnaia) auch noch auf einem haushoch überlegenen Motorrad sitzt.

Sonst wird der kleine Bruder Alex auf der Gresini-Ducati in der WM-Tabelle konstant besser platziert sein. Das schmerzt auf die Dauer mehr als ein demolierter Mittelhandknochen.

Ergebnisse MotoGP-Rennen Portimao (26.3.):

1. Pecco Bagnaia (I), Ducati, 25 Runden in 41:25,401 min
2. Maverick Viñales (E), Aprilia, +0,687 sec
3. Marco Bezzecchi (I), Ducati, +2,726
4. Johann Zarco (F), Ducati, +8,060
5. Alex Márquez (E), Ducati, +8,125
6. Brad Binder (ZA), KTM, +8,247
7. Jack Miller (AUS), KTM, +8,381
8. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +8,543
9. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +9,294
10. Alex Rins (E), Honda, +11,591
11. Joan Mir (E), Honda, +16,992
12. Takaaki Nakagami (J), Honda, +17,448
13. Augusto Fernandez (E), GASGAS, +21,723
14. Franco Morbidelli (I), Yamaha, +27,050
– Raúl Fernández (E), Aprilia, 2 Runden zurück
– Luca Marini (I), Ducati, 4 Runden zurück
– Jorge Martin (E), Ducati, 6 Runden zurück
– Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, 15 Runden zurück
– Miguel Oliveira (P), Aprilia, 23 Runden zurück
– Marc Márquez (E), Honda, 23 Runden zurück

MotoGP-Ergebnis Sprint, Portimão (25.3.):

1. Bagnaia, Ducati, 12 Rdn in 19:52,862 min
2. Martin, Ducati, + 0,307 sec
3. Marc Márquez, Honda, + 1,517
4. Miller, KTM, + 1,603
5. Viñales, Aprilia, + 1,854
6. Aleix Espargaró, Aprilia, + 2,106
7. Oliveira, Aprilia, + 2,940
8. Zarco, Ducati, + 5,595
9. Alex Márquez, Ducati, + 5,711
10. Quartararo, Yamaha, + 5,924
11. Raúl Fernández, Aprilia, + 8,160
12. Brad Binder, KTM, + 8,384
13. Rins, Honda, + 11,288
14, Morbidelli, Yamaha, + 17,138
15. Nakagami, Honda, + 18,128
16. Di Giannantonio, Ducati, + 21,235

Stand Fahrer-WM nach 2 von 42 Rennen:

1. Bagnaia, 37 Punkte. 2. Viñales 25. 3. Bezzecchi 16. 4. Zarco 15. 5. Miller 15. 6. Alex Márquez 12. 7. Aleix Espargaró 11. 8. Brad Binder 10. 9. Martin 9. 10. Quartararo 8. 11. Marc Márquez 7. 12. Rins 6. 13. Mir 5. 14. Nakagami 4. 15. Augusto Fernández 3. 16. Oliveira 3. 17. Morbidelli 2.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 37 Punkte. 2. Aprilia 25. 3. KTM 16. 4. Honda 13. 5. Yamaha 8.

Team-WM:

1. Ducati Lenovo, 37 Punkte. 2. Aprilia Racing 36. 3. Red Bull KTM 25. 4. Prima Pramac 24. 5. Mooney VR46 Racing 16. 6. Gresini Racing 12. 7. Repsol Honda 12. 8. Monster Energy Yamaha 10. 9. LCR Honda 10. 10. GASGAS Tech3 3. 11. CryptoDATA RNF 3.

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