Valentino Rossi sucht das Glück

Übernimmt Miguel Oliveira Repsol-Platz von Márquez?

Von Günther Wiesinger
Repsol-Honda und HRC suchen seit Wochen verzweifelt nach einem halbwegs würdigen Nachfolger von Marc Márquez. Aprilia betont, Miguel Oliveira müsse für 2024 bei RNF bleiben. Doch der schnelle Portugiese sieht das anders.

Es ist natürlich schwer vorstellbar, dass das ruhmreiche Repsol-Honda-Team mit der Honda Racing Corporation im Hintergrund in der kommenden Saison nach dem Weggang von Marc Márquez mit der Formation Joan Mir (er ist WM-22.) und Iker Lecuona (er holte bei fünf Rennen 2023 keinen WM-Punkt) antreten wird.

Deshalb gibt es Überlegungen, Johann Zarco von LCR zu Repsol zu transferieren. Aber dagegen sträubt sich LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello nach Leibeskräften, denn er war im vergangenen April «zu 100 Prozent» davon überzeugt, dass Alex Rins nach dem Texas-Sieg auch 2024 bei ihm fahren werde. Denn es existierte eine entsprechende Vereinbarung mit HRC. Doch inzwischen hat HRC den Indonesien-GP-Neunten Rins ans Yamaha Factory Team verloren. Und der italienische Teambesitzer will seinen Sponsoren wie Castrol, Givi und so weiter bei einem Gesamtbudget von ca. 15 Millionen Euro keine mittelprächtige Fahrerpaarung mit Taka Nakagami und Iker Lecuona zumuten.

Auch Repsol hat an Lecuona kein großes Interesse. Erstens wegen seiner umstrittenen fahrerischen Qualitäten, zweitens ist er als Persönlichkeit schwer vermittelbar, deshalb war auch sein MotoGP-Auftritt 2020 beim KTM-Tech3-Team nicht von langer Dauer. Red Bull hatte an dem jungen Spanier null Interesse.

Deshalb streckten die HRC-Manager in den letzten Wochen ihre Fühler in alle Richtungen aus – zu Augusto Fernández, zu Pedro Acosta und Fabio Di Giannantonio zum Beispiel.

SPEEDWEEK.com meldete am 1. Oktober am Abend nach dem Japan-GP, auch Miguel Oliveira sei von HRC kontaktiert worden, obwohl er bei Aprilia Racing einen Vertrag für 2024 habe. Der sechsfache MotoGP-Sieger (auf KTM) soll als Teamkollege neben Joan Mir ins Repsol-Honda-Team gelockt werden.

Aprilia Racing CEO Massimo Rivola und RNF-Teamprinzipal Razlan Razali dementierten die Wechselgerüchte von Oliveira am Donnerstag vor dem Mandalika-GP auf Nachfrage von SPEEDWEEK.com heftig. Miguel habe einen wasserdichten Vertrag, wurde betont. Aber für HRC ist das Thema Oliveira nicht vom Tisch.

Für den Mandalika-GP-Sieger von 2022 ebenfalls nicht. Auf die Frage, ob er Rivola und Razali zustimme und 2024 tatsächlich bei Aprilia fahren müsse, erklärte Oliveira am Mandalika-Wochenende trocken und kurz angebunden: «Nein, das stimmt nicht.»

Massimo Rivola bleibt jedoch bei seiner festen Überzeugung. «Der Vertrag ist klar. Miguel muss 2024 bei uns fahren.»

Der stolze und selbstbewusste Oliveira, ein ehemaliger Zahnmedizin-Student, von Pol Espargaró wegen seiner Uni-Ausbildung gern spöttisch als «Einstein» bezeichnet, wechselte vor einem Jahr von Red Bull KTM zu RNF-Aprilia, weil ihn die Pierer-Gruppe ins GASGAS-Tech3-Team stecken wollte, um im Factory Team Platz für Jack Miller (der vierfache MotoGP-Sieger kam von Lenovo Ducati) zu schaffen.

Oliveira, der bei KTM zwischen 2020 (zwei im Tech3-Kundenteam) und 2022 (im Red Bull-Team) insgesamt sechs MotoGP-Rennen gewann, hat in der laufenden Saison erst 73 Punkte einkassiert, obwohl es erstmals Sprints gibt. Als WM-Neunter 2020 (mit 125 Punkten) und WM-Zehnter 2022 (mit 149 Punkten) ist der zweifache Vizeweltmeister (2015 Moto3 auf KTM) und 2018 (Moto2 auf KTM) eine andere Ausbeute gewöhnt.

Doch der Portugiese wusste, dass er bei Aprilia zwei Jahre eine Vorjahres-Maschine steuern muss und während der Saison keine Technik-Updates bekommen wird. 

Deshalb reizt Oliveira jetzt ein Wechsel zu Repsol-Honda, wo er eine Jahresgage von ca. 3 bis 5 Millionen Euro kassieren und sich damit sogar bei Aprilia freikaufen könnte. 

Und da HRC das LCR-Kundenteam (seit 2006 mit Honda verbündet) auf keinen Fall verlieren will (der Vertrag läuft Ende 2024 aus), kann von dort nicht Zarco zu Repsol befördert werden.

Lucio Cecchinello hat mit Lecuona nichts am Hut. Er will Zarco unbedingt für zwei Jahre behalten. Er verfügt über starke Argumente bei HRC: Denn das LCR-Team wird für 2025 längst von der Pierer-Gruppe (KTM, GASGAS oder MV Agusta) sowie von Yamaha sowie Aprilia umworben. 

Viele gebrochene Verträge

Aus den letzten Jahren gibt es viele Beispiele, die beweisen, dass kein MotoGP-Team oder -Werk einen Fahrer mit Fluchtabsichten bei der Stange halten kann. Jorge Martin nahm nach 2020 bei KTM trotz einer Option der Österreicher Richtung Pramac Ducati Reissaus; Zarco löste seinen KTM-Vertrag für 2020 bereits im August 2019 auf; Lorenzo nahm bei Repsol-Honda nach einem von zwei Jahren Abschied – und wurde Yamaha-Testfahrrer 2020. Viñales und Yamaha trennten sich sogar mitten im August 2021. Fast gleichzeitig stieg Dovizioso bei Aprilia als Testfahrer aus und heuerte bei Yamaha an. Und Alex Rins verlässt HRC trotz eines Vertrags für 2024 und Marc Márquez ebenfalls.

Könnte Aprilia Racing versuchen, Oliveira für 2024 mit einem besseren Angebot und optimierten Technik-Paket zum Bleiben zu überreden? Rivola: «Ich schätze Miguel ganz sicher als Topfahrer ein. Deshalb werde ich mein Bestes geben, um ihm zu helfen.»

Ergebnis MotoGP-Rennen, Mandalika (15.10.):

1. Bagnaia, Ducati, 27 Rdn in 41:20,293 min
2. Viñales, Aprilia, + 0,306 sec
3. Quartararo, Yamaha, + 0,433
4. Di Giannantonio, Ducati, + 6,962
5. Bezzecchi, Ducati, + 11,111
6. Binder, KTM, + 11,228
7. Miller, KTM, + 12,474
8. Bastianini, Ducati, + 12,684
9. Rins, Honda, + 22,540
10. Aleix Espargaró, Aprilia, + 30,468
11. Nakagami, Honda, + 30,823
12. Oliveira, Aprilia, + 36,639
13. Raúl Fernández, Aprilia, + 42,864
14. Morbidelli, Yamaha, 4 Runden zurück
– Zarco, Ducati, 13 Runden zurück
– Martin, Ducati, 15 Runden zurück
– Mir, Honda, 16 Runden zurück
– Augusto Fernández, KTM, 16 Runden zurück
– Marc Márquez, Honda, 20 Runden zurück
– Marini, Ducati, 23 Runden zurück
– Pol Espargaró, KTM, 26 Runden zurück

Ergebnis MotoGP-Sprint, Mandalika (14.10.):

1. Martin, Ducati, 13 Rdn in 19:49,711 min
2. Marini, Ducati, + 1,131 sec
3. Bezzecchi, Ducati, + 2,081
4. Viñales, Aprilia, + 2,720
5. Quartararo, Yamaha, + 3,121
6. Di Giannantonio, Ducati, + 4,203
7. Bastianini, Ducati, + 4,981
8. Bagnaia, Ducati, + 5,465
9. Miller, KTM, + 7,852
10. Oliveira, Aprilia, + 8,942
11. Nakagami, Honda, + 12,034
12. Zarco, Ducati, + 14,015
13. Augusto Fernández, KTM, + 14,823
14. Raúl Fernández, Aprilia, + 15,699
15. Morbidelli, Yamaha, + 23,331
16. Mir, Honda, + 24,894
17. Pol Espargaró, KTM, + 27,169
18. Rins, Honda, + 28,980
19. Binder, KTM, + 43,090
– Aleix Espargaró, Aprilia, 6 Runden zurück
– Marc Márquez, Honda, erste Runde nicht beendet

WM-Stand nach 30 von 40 Rennen:

1. Bagnaia, 346 Punkte. 2. Martin 328. 3. Bezzecchi 283. 4. Binder 211. 5. Aleix Espargaró 177. 6. Viñales 165. 7. Zarco 162. 8. Marini 144. 9. Miller 135. 10. Quartararo 132. 11. Alex Márquez 108. 12. Morbidelli 79. 13. Oliveira 73. 14. Di Giannantonio 70. 15. Augusto Fernández 67. 16. Marc Márquez 64. 17. Rins 54. 18. Nakagami 50. 19. Raúl Fernández 39. 20. Bastianini 36. 21. Pedrosa 32. 22. Mir 20. 23. Pol Espargaró 12. 24. Savadori 9. 25. Folger 9. 26. Bradl 8. 27. Pirro 5. 28. Petrucci 5. 29. Crutchlow 3.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 527 Punkte (Weltmeister). 2. KTM 283. 3. Aprilia 266. 4. Yamaha 152. 6. Honda 149.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing, 490 Punkte. 2. Mooney VR46 Racing 427. 3. Ducati Lenovo Team 392. 4. Red Bull KTM Factory Racing 346. 5. Aprilia Racing 342. 6. Monster Energy Yamaha 211. 7. Gresini Racing 178. 8. CryptoDATA RNF 116. 9. LCR Honda 110. 10. GASGAS Factory Racing Tech3, 88. 10. Repsol Honda 84.

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