Weltmeister & Sicherheitsapostel Franco Uncini ist 70

Franco Uncini am Sachsenring 2017
Franco Uncini erblickte am 9. März 1955 im mittelitalienischen, unweit der Adriaküste gelegenen Recanati als Spross einer wohlhabenden Unternehmerfamilie, die Musikinstrumente herstellte, das Licht der Welt.
Später entschloss er sich, trotz seines damaligen geringen Kampfgewichts von nur 54 Kilogramm, mit einer schwergewichtigen Laverda 750 SFC in der seriennahen 750er-Klasse in den professionellen Rennsport einzusteigen. 1974 gewann er damit die Coppa Campidoglio auf der Rennstrecke von Vallelunga. Auf Ducati konnte er zudem einige nationale Meisterschaften gewinnen.
1976 debütierte er beim Großen Preis der Nationen in Mugello mit einer privat eingesetzten Yamaha in der Motorrad-Weltmeisterschaft. Im Rennen der 250-ccm-Klasse kam er nicht in die Punkte, doch bei den 350ern fuhr er hinter dem Vorjahresweltmeister und Superstar Johnny Cecotto aus Venezuela sensationell auf den zweiten Platz. Nach einem weiteren Podestplatz (Rang 3) in Barcelona belegte er mit nur drei Rennen (Mugello, Assen und Barcelona) in der WM-Endabrechnung der 350er-Klasse punktgleich mit, jedoch im Ranking hinter dem Franzosen Olivier Chevallier den zehnten Platz.
Uncinis Talent war auch Harley-Davidson, wohinter sich Aermacchi verbarg, nicht verborgen geblieben, die ihren Landsmann für 1977 anstelle von Gianfranco Bonera an die Seite des vierfachen Weltmeisters Walter Villa (1974 bis 1976 250 cccm sowie 1976 auch 350 ccm) stellten.
Wiederum bei seinem Heimrennen, diesmal in Imola, feierte Franco Uncini im Rennen der 250-ccm-Klasse seinen ersten Grand-Prix-Sieg. Nach einem weiteren in Brno und sowie zwei weiteren Podestplätzen wurde er am Saisonende hinter seinem Landsmann Mario Lega auf Yamaha/Morbidelli und vor Walter Villa Vize-Weltmeister.
Sein Verhältnis zu Villa kann man vorsichtig mit schwierig umschreiben, was ihn veranlasste, Harley-Davidson zu verlassen und sich 1978 wieder in Yamaha-Sattel zu schwingen. Dabei waren die besten Tage von Harley-Davidson in den beiden Mittelklassen ohnehin vorbei. Diese Saison beendete er mit drei Podiumsplätzen bei den 250ern auf dem achten WM-Rang. Bei den 350ern fuhr er einmal aufs Podest und wurde WM-12.
In der Saison 1979 stieg das Leichtgewicht mit einer gebrauchten Suzuki und seinem eigenen Privat-Team in die 500-ccm-Klasse auf. Beim Saisonauftakt in Caracas/Venezuela wurde er guter Vierter und später schaffte er im damals noch jugoslawischen Rijeka als Dritter hinter Kenny Roberts (sr.) und Virginio Ferrari sein erstes 500er-Podest. Die WM beendete er als bester Privatfahrer auf Rang 5.
Auch 1980 wurde er, diesmal mit zwei Podiumsplatzierungen, als WM-Vierter der beste der Privatfahrer. Allerdings standen den Protagonisten in jenem Jahr nach drei Renn-Absagen nur acht Rennen zur Verfügung. 1979 waren es noch zwölf.
Seine Saison 1981 war durch Stürze und Verletzungen gekennzeichnet, doch nach dem Wechsel seines Landsmannes Marco Lucchinelli von Suzuki zu Honda, trotz errungenen WM-Titels, bekam Uncini für 1982 von den Japanern aus Hamamatsu einen Werksvertrag angeboten. Auf einer Gallina-Suzuki galt er zwar als Außenseiter, zahlte dieses Vertrauen jedoch voll und ganz zurück. Er holte fünf Saisonsiege (Salzburgring, Misano, Assen, Rijeka und Silverstone) sowie zwei weitere Podestplätze, sodass er den WM-Titel ziemlich souverän vor den Hochkarätern Graeme Crosby aus Neuseeland, den US-Amerikanern Freddie Spencer und Kenny Roberts sowie Barry Sheene aus Großbritannien gewann. Was damals niemand ahnte: Es war nach 13 WM-Titeln durch Italiener in der Königsklasse der letzte, bis 2001 Valentino Rossi diese lange Durststrecke für die bedeutende Motorradsport-Nation beendete.
Im darauffolgenden Jahr 1983 landete Uncini in Assen bei einem Sturz auf der Strecke. Beim Versuch, sich in Sicherheit zu bringen, wurde er vom nachfolgenden Wayne Gardner überrollt. Bei diesem Zusammenprall verlor er seinen Helm und blieb regungslos liegen. Mit u.a. schweren Kopfverletzungen wurde er lange im Koma gehalten, sodass dieser Sturz seine Karriere fast beendet hätte. Er erholte sich zwar, konnte danach aber nicht mehr an seine Glanzzeiten anknüpfen und beendete seine aktive Karriere schließlich Ende 1985.
Danach war er als Teammanager von Ducati Corse in der Superbike-Weltmeisterschaft im Business zurück und leistete 1991 seinen Beitrag zum Gewinn des WM-Titels des US-Amerikaners Doug Polen.
1993 wechselte er die Seiten und wurde Funktionär, indem er von der GP-Hersteller- und -Teamvereinigung IRTA zum Sicherheitsbeauftragten für die Motorrad-WM auserkoren wurde.
2013 wurde er dann vom Motorrad-Weltverband FIM zum offiziellen Grand Prix Safety Manager befördert und war zusammen mit Loris Capirossi für Sicherheitsfragen bei den Motorrad-WM-Läufen zuständig. Vor allem zeichnete er ab da für die Homologation der GP-Strecken nach den Grade-A-Vorschriften der FIM verantwortlich. Auch als Mitglied der Race Direction hat er sich große Verdienste um die Sicherheit auf den Rennstrecken dieser Welt erworben.
Ende der Saison 2022 wollte der inzwischen 67-jährige Uncini jedoch kürzertreten, sodass er sein Engagement auf diesem Gebiet beendete.
Insgesamt bestritt Franco Uncini als Aktiver 80 Motorrad-WM-Läufe und feierte dabei neben seinem 500er-WM-Titel sieben Grand-Prix-Siege.