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Fausto Gresini: Die dunklen Zeiten sind vorüber

Von Nereo Balanzin
Teamchef Fausto Gresini mit Moto3-Pilot Niccolò Antonelli

Teamchef Fausto Gresini mit Moto3-Pilot Niccolò Antonelli

Der Tod von Marco Simoncelli hat Teamchef Gresini für immer verändert. Warum er trotz allem weitermachte und was den 52-Jährigen antreibt.

Wird über ein Motorrad-Team geschrieben, wird selten ein Sponsor beim Namen genannt. Dass ein Text sogar mit dem Sponsor beginnt, passiert gar nie. Aber dieses Mal ist es etwas anderes – Dass San Carlo Gresini verlassen (und durch Go&Fun ersetzt wurde) hat, bedeutet viel mehr als nur eine neue Lackierung und eine andere Bank, von der Geld stammt. San Carlo war unzertrennbar mit Marco Simoncelli verbunden, der Italiener starb im Oktober 2011 in Malaysia bei einem Unfall auf der Gresini-Honda.

 

Die neuen Farben und ein neuer Name bedeuten nun, dass ein wichtiger, spannender aber auch tragischer Moment in der Teamgeschichte ein bisschen mehr in den Hintergrund rückt. Das Leben geht weiter, auch wenn die Wunden tiefe Narben hinterlassen haben. Fausto Gresini bestätigt es: «Ja, es hat mein Leben verändert. Mein eigenes Leben, mein ganzes Leben. Für immer. Ich ängstige mich jetzt mehr.»

Draussen in Mailand regnet es, drinnen im Roialto, einem trendigen Restaurant im Nordwesten der norditalienischen Stadt, ist fast alles bereit für die Präsentation des Teams. Die Motorräder – MotoGP, Claiming Rule und Moto3 – sind mit einer grünen Decke verhüllt, während sich die Fahrer, Sponsoren, Gäste und Medienleute davor versammeln.

Fausto hat seine Frisur mit ordentlich Gel in Form gebracht, und er zeigt sich mit einem neuen, dünnen Bart, der ihm gut steht.

Der Gedanke, der aus dem dunklen Tunnel herausführte

«Ja, ich fürchte mich», sagt er wieder. «Und es gibt kein Mittel, das mir helfen könnte. Als ich selber Fahrer war, habe ich mich nicht besonders gekümmert. Meine grösste Angst war, einmal im Rollstuhl zu landen. Dieser Gedanken war mein persönlicher Terror. Aber nachdem Simoncelli gestorben ist... Ich war nicht mehr fähig, meine Aufgaben mit derselben Leidenschaft wie zuvor zu erledigen. Es war nur noch ein Job, nichts mehr als ein gewöhnlicher Job. Ich konnte es nicht mehr geniessen. Willst du wissen, was mich wieder aus diesem dunklen Tunnel herausbrachte? Die Arbeit, unser Moto3-Projekt aufzubauen. Der Gedanke an die Kids war es, der mich wieder in das Leben zurückbrachte.»

Diese Kids sind Niccolò Antonelli, der schon 2012 beim Team war, und Lorenzo Baldassarri, ein junger, grossgewachsener, lockerer Italiener, der 2011 den Red Bull Rookies Cup gewann und 2012 in der Spanischen Meisterschaft startete. «Für mich steht bei ihnen nicht das Management im Vordergrund, sondern der Sport. Sie sind wie Schwämme, sie saugen auf, was du ihnen lehrst. Sie sind meine Zukunft. Und sie sind Italiener, das ist wichtig für mich. Nicht nur aus geschäftlichen Gründen. Wir sind als Nation in einer grossen Krise, wir sind auf den Knien. Aber ich bin noch immer stolz, Italiener zu sein. Wahrscheinlich bin ich von diesem Gefühl gefangen, aber ich kann nicht anders: Ich bin stolz, Italiener zu sein.»

Auf Gresini warten hektische Tage. Sein Team nimmt in allen drei WM-Klassen teil. Dafür ein robustes Budget zu finden, ist mehr als schwierig. «Ich denke, dass wir – ich meine nicht unser Team, sondern den ganzen GP-Tross  – 50 Prozent unserer Wirtschaftskraft verloren haben. Du musst deine Fantasie benutzen und Wege beschreiten, die du vor ein paar Jahren noch gemieden hättest. Warum ich in allen Klassen dabei bin? Weil ich immer noch den Wettbewerb suche, auch in meinen Alter von 52 Jahren. Ich will Erfolg haben. Aber ich muss zugeben, dass wir momentan einfach ein paar gute Resultate brauchen, das würde wirklich helfen.»

«Du musst mithelfen, nicht nur profitieren»

Gresini fährt fort. «In der letzten Saison habe ich beschlossen, dass wir neben dem Prototypen auch eine Claiming-Rule-Maschine einsetzen, weil ich von dieser eingeschlagenen Richtung überzeugt war, die uns Carmelo Ezpeleta bescherte. Es sind derzeit schwierige Zeiten. Aber du kannst nicht sagen ‹nein, ohne mich›, nur weil es harte Zeiten sind und dann profitieren, wenn die schon die ganze Arbeit gemacht ist. Du musst mithelfen, etwas Neues aufzubauen und zu verändern. Und du musst dein Bestes geben. Risiken einzugehen, ist notwendig.»

«Ich freue mich riesig auf den Saisonstart, ich bin gespannt, was passieren wird. Der Titel? Die Logik sagt, Pedrosa und Lorenzo, bei den Motorrädern scheint Honda etwas besser zu funktionieren. Aber der Unterschied ist so klein zwischen den Maschinen, man kann nicht sagen, was den Unterschied ausmachen wird. Welcher Fahrer uns am meisten unterhalten wird? Márquez. Und Valentino. Er ist schon jetzt sehr, sehr schnell, und er wird schneller und schneller. Er ist ein mutiger Mann, ein echter Kämpfer. Sorry, Leute – für mich ist Vale immer noch Vale.»

Eine Stimme aus einem Lautsprecher ruft Faustos Namen. Der kleine, lebhafte Italiener hüpft auf die Bühne, und die Show beginnt.

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