Valentino Rossi sucht das Glück

Wilco Zeelenberg: «Honda ist stark, ohne Zweifel»

Von Günther Wiesinger
Wilco Zeelenberg: «Das nächste Rennen ist wichtiger»

Wilco Zeelenberg: «Das nächste Rennen ist wichtiger»

Jorge Lorenzos Yamaha-Teammanager Wilco Zeelenberg über die letzten zwei schwachen Rennen, die Vorteile von Honda und die Schlagkraft von Yamaha.

Jorge Lorenzo büsste beim Le-Mans-GP durch den enttäuschenden siebten Platz 16 Punkte auf WM-Leader Dani Pedrosa ein. Die Ursache für das Versagen wurde noch nicht restlos erforscht, versichert Yamaha-Teammanager Wilco Zeelenberg.

Wilco, was ist bei Jorge in Le Mans schief gegangen?
Er hatte im Rennen nicht genug Hinterradgrip. Am Vormittag im Warm-up war noch alles okay.

Bei Bridgestone wurde erzählt, Crew-Chief Ramon Forcada habe das Set-up noch am Startplatz verändert?
Ja und nein. Wenn ich dir verrate, was wir verändert haben, beginnst du zu lachen.
Was unsere Philosophie von einem Regen-Set-up betrifft, ist das so gut wie nichts gewesen. Ein halber oder ein ganzer Millimeter an Fahrhöhe oder bei der Federvorspannung. Solche Kleinigkeiten. So etwas würden wir gar nicht als Set-up-Änderung bezeichnen. Das Warm-up war gut, aber da war es nicht komplett nass. Als Jorge vor dem Rennen rausgefahren ist, war es viel nasser. Er beschwerte sich nach der Besichtigungsrunde über den Hinterradgrip. Ramon hat also darauf reagiert. Wir würden das sofort noch einmal so machen. Es ging um feine Nuancen, wie gesagt. Eines ist klar: Wir haben keinen Grund, die Schuld an Bridgestone zu schieben. Vielleicht lag es an unserer Elektronik. Vielleicht am Set-up. Das ist sehr unklar.

Nach einem dritten und einem siebten Platz und 17 Punkten Rückstand auf Dani Pedrosa sieht es in der WM bedrohlicher aus als erwartet.
Gut, sicher, es ist schwieriger als erwartet, die WM ist aber auch interessanter. Wir waren um diese Jahreszeit in den letzten drei Jahren immer in einer besseren Position als jetzt. Anderseits müssen wir analysieren, was bei den letzten zwei Rennen passiert ist. In den Trainings waren wir immer konkurrenzfähig. Jorge stand in Jerez auf der Pole-Position. Deshalb geraten wir nicht in Panik. Wir haben keinen Anlass, das Motorrad als problematisch zu bezeichnen. Wir können zweimal besondere Umstände verantwortlich machen. Klar, wir sind nicht happy, aber wir erwarten in Mugello keine Probleme.

Zwei Dinge lassen sich nicht bestreiten: Dani Pedrosa ist in der Form seines Lebens. Und Márquez ist besser als erwartet?
Ahhh... Okay, Dani führt in der Weltmeisterschaft. Er fährt sehr gut. Er hatte am Anfang etwas Mühe, in Katar war er nur Vierter. Marc ist sehr eindrucksvoll, sehr konstant. Bereits jetzt. Er ist einer der Jungs, die in Zukunft um die Weltmeisterschaft kämpfen werden.

Dani Pedrosa hat acht der letzten zwölf Rennen gewonnen.

Ja, das habe ich gelesen.

Lorenzo und Rossi sehnen sich nach einem Ziehkeilgetriebe, wie es Honda seit August 2011 verwendet. So ein Schnellschaltgetriebe, das selbst inmaximaler Schräglage völlig ruckfrei schaltet, soll zwei bis drei Zehntel pro Runde bringen?
Ich hoffe, dass es so ist... Natürlich hat Honda dadurch einen Vorteil. Wie gross er ist, können wir erst beurteilen, wenn wir selber so eine «seamless gearbox» haben.

Warum dauert es zwei Jahre, bis Yamaha auf diesem Sektor nachzieht?
Honda hat für die Entwicklung dieses Motorradgetriebes auch lange gebraucht. Sie haben es aus der Formel 1 abgeleitet. Wenn du so ein Getriebe für ein Motorrad entwickelst, muss es sehr standfest und sehr sicher sein. Wenn in einem Motorradgetriebe etwas schiefgeht, gibt es ein Riesenproblem.

Wird Yamaha dieses Getriebe noch vor dem Sommer einsetzen?
(Er lacht). Darauf kann ich keine Antwort geben. Ich kann das nicht sagen. Die Fahrer müssen das vorher testen, es muss vor dem ersten Renneinsatz alles kugelsicher sein. Das ist eine sehr delikate Angelegenheit. Wir können mehr verlieren als wir gewinnen können, wenn wir es einsetzen, bevor es klaglos funktioniert. Bevor es nicht ausgereift ist, macht es keinen Sinn.

Yamaha hat seit 2002 nur zwei Rennen in Mugello verloren. Ein gutes Omen?
Die Statistik hilft uns nicht weiter... Aber Mugello sollte unserem Motorrad liegen. Die Bikes müssen dort nicht nach langen Geraden für enge, langsame Haarnadeln abgebremst werden. Dieses Gebiet ist momentan unsere Schwachstelle. In Mugello ist alles flüssig, man kann den Speed mitnehmen; das ist alles positiv für uns. Aber wir müssen auch auf unseren Gegner achten. Die scheinen momentan nirgends Probleme zu haben. Am Sonntag werden wir wissen, ob wir im Rennen konkurrenzfähig waren.

Jerez galt als Yamaha-Piste, doch Honda schaffte die Plätze 1 und 2. In Le Mans war es ähnlich: 1. Pedrosa. 3. Márquez. Honda scheint zu einem Höhenflug anzusetzen?
Gut, wenn man Jerez ansieht, dann ist dort der falsche Vorderreifen angeliefert worden, mit dem niemand Freude hatte. Nicht einmal die Honda-Piloten konnten so fahren, wie sie wollten. Es war eine Frage des Überlebens. Alle Fahrer hatten Angst vor Vorderradrutschern. Wenn man das Resultat anschaut, hatten wir etwas mehr Probleme mit diesem Vorderreifen als die Konkurrenz. Le Mans war eine komplett andere Geschichte. Die Trainings waren trocken, das Rennen fand im Nassen statt. Ich glaube nicht, dass Yamaha der Speed fehlte, Crutchlow ist Zweiter geworden, Valentino war bis zum Sturz Dritter. Normal hätte auch Jorge vorne mitkämpfen sollen... Aber es ist etwas schief gelaufen. Trotzdem: Wir können nicht behaupten, Honda sei auf den letzten zwei Pisten nicht stark gewesen.

Valentino und Jorge hatten in Le Mans Probleme mit dem Helmvisier. Ich habe nachher  auch mit Nicky und Cal gesprochen. Sie fahren Arai-Helme, die bei so einem Wetter immer gut funktionieren. Auch sie haben von Sichtproblemen berichtet; sie hatten auch Mühe. Es ist nämlich sehr viel Dreck vom Fahrbahnbelag aufgewirbelt worden. Jorge hat gesagt, er habe besonders in der Gruppe viel Zeit verloren, ein, zwei oder drei Sekunden pro Runde. Auch andere Fahrer haben über die Verkleidung geschaut, um Frischluft zu bekommen oder eine bessere Sicht. Ich glaube, in der Gruppe war es fast unmöglich, die Bremspunkte klar zu erkennen. Da hat fast jeder Zeit verloren. Ich habe nach Fotos Ausschau gehalten, wo man bei Jorge ein beschlagenes Visier sieht. Ich habe keines gefunden.

Man könnte auch sagen: Wenn man in der Gruppe mitfährt, verlieren wegen der Sicht alle gleich viel Zeit?

Als Ex-Rennfahrer bin ich der Meinung, dass man den Piloten im Zweifelsfall immer Glauben schenken soll. Nicht weil sie unbedingt Recht haben, sondern weil das nächste Rennen viel wichtiger ist als das letzte. Wenn du anfängst, an deinem Fahrer zu zweifeln, und wenn er das merkt, geht das nächste Rennen auch gleich in die Hose.

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