MotoGP: Große Veränderungen bei KTM

Joël Smets: «Wille und Herz machen den Unterschied»

Von Nora Lantschner
Joël Smets (rechts) mit Andrea Adamo; links Trainings-Mechaniker Nino Suriano

Joël Smets (rechts) mit Andrea Adamo; links Trainings-Mechaniker Nino Suriano

Der fünffache Weltmeister Joël Smets bejubelte in Villars-sous-Écot ein weiteres Doppelpodium für Red Bull KTM Factory und sprach mit SPEEDWEEK.com über die Überraschung der MX2-Saison, den WM-Zweiten Andrea Adamo.

Mit Andrea Adamo und Liam Everts standen am Sonntag in Villars-sous-Écot nach Arco d Trento bereits zum zweiten Mal in dieser Saison zwei Red Bull-KTM-Werksfahrer auf dem MX2-Podium. Das war so nach dem Abgang von Weltmeister Tom Vialle in die US-Serie nicht unbedingt zu erwarten.

Beobachter und Beteiligte sind sich einig: Wesentlichen Anteil an der Entwicklung der jungen Red Bull-KTM-Neuzugänge hat Trainier und Rider Coach Joël Smets, selbst 57-facher GP-Sieger und fünffacher Weltmeister, wobei der Belgier bei seinem ersten Titelgewinn 1995 übrigens schon 26 Jahre alt war.

Seinen Schützling Andrea Adamo, 19 Jahre alt und gebürtiger Sizilianer, trennt nach dem Frankreich-GP mit fünf Podestplätzen aus sieben Grand Prix (darunter ein Heimsieg beim Trentino-GP) nur noch ein Punkt vom verletzten WM-Leader Jago Geerts (Yamaha).

Im Interview mit SPEEDWEEK.com verriet Joël Smets nach Villars-sous-Écot, worauf es ankommt.

Joël, hättest du selbst vor der Saison erwartet, dass deine Red Bull-KTM-Jungs auf Anhieb so gut dabei sein würden? Besonders Adamo, im Vorjahr mit nur einem Podestplatz WM-Achter, beeindruckt in seiner ersten Saison als Werksfahrer.

Nein, ich habe es nicht erwartet. Ich habe einen Fortschritt erhofft und erwartet, das schon, weil ich weiß, was ich tue und wie wir mit den Jungs arbeiten. Üblicherweise machen wir Fortschritte, aber im Winter weiß man nie, wie weit diese Fortschritte reichen werden und wie schnell es passieren wird. Ich wäre nicht ehrlich, wenn ich sagen würde: «Ja klar, ich habe es kommen sehen.» Schon nach dem November und Dezember, zu Beginn des Jahres, konnte ich sehen, dass es in die richtige Richtung geht. Die Gegner machen aber natürlich im Winter auch immer Fortschritte. Erst wenn die Rennen beginnen, weißt du wirklich, wo du stehst.

Ich war aber ziemlich zuversichtlich, auch mit den Vorsaison-Rennen, dass sich die Arbeit bezahlt machen würde und wir um Podestplätze kämpfen würden. Das war unser Ziel. Wir haben nicht über GP-Siege und schon gar nicht über die Weltmeisterschaft geredet. Nein, es ging darum, den nächsten Schritt zu machen – Podestplätze zu schaffen und an jedem Wochenende um das Podium zu kämpfen. Jetzt hatten wir sieben Grand Prix und fünf Mal waren wir auf dem Podium – und wir haben einen GP-Sieg und sind einen Punkt von der WM-Führung entfernt. Das liegt definitiv über den Erwartungen.

Ich muss aber sagen, wir haben nichts gestohlen. Die Konstanz ist der Schlüssel und Andrea war immer dabei. Mit Liam war es ein bisschen schwieriger, aber man sieht ja, dass wir jetzt auch mit Liam dahin kommen – wir haben jetzt zum zweiten Mal beide Jungs auf dem Podium und ich bin ziemlich stolz auf sie.

Was ist an einem Fahrer, das dich erkennen lässt – ja, wir sind auf dem richtigen Weg und können etwas Besonderes schaffen?

Das Talent kann man natürlich ein bisschen entdecken, die Arbeitsmoral ist ein weiterer Aspekt, aber was wirklich wichtig ist, ist der Wille. Schon Muhammad Ali hat gesagt, dass ein Champion nicht im Fitnessstudio gemacht wird. Champions zeichnen sich durch etwas aus, was sie tief in sich tragen, etwas, das man Ehrgeiz und Willen nennt.

Andrea ist im Moment körperlich in sehr guter Form. Wir haben an seiner Technik gearbeitet, er hat seine Technik und seinen Fahrstil verbessert. Wir haben das Motorrad sehr gut an seine Bedürfnisse angepasst. Das funktioniert alles gut, das ist aber bei einem Großteil der Fahrer da draußen der Fall. Andrea macht im Moment aber definitiv mit dem Herzen, mit dem Willen den Unterschied – wenn du es mehr willst als der Kerl neben dir, macht es oft den Unterschied.

Andrea wirkt nicht nur auf dem Motorrad, sondern auch abseits der Strecke gereift, seit er allein mit seiner Freundin Elena nach Belgien gezogen ist, um sich dort ganz auf den Sport zu konzentrieren.

Ja, aber er war auch vorher schon ziemlich reif. Er hat ja im Vorjahr schon mit Elena gelebt – und er war erst 18 Jahre alt. Mit 18 hätte ich das nicht gekonnt. Er war also schon ziemlich erwachsen und es ist nur noch besser geworden. Er weiß ziemlich gut, was er will. Er ist sehr realistisch, ehrlich und respektvoll. So lässt es sich einfach arbeiten – mit ehrlichen und realistischen Leuten. In der Hinsicht ist er mir sehr ähnlich.

Was ist nun das realistische Ziel? Andrea liegt ja nur noch einen Punkt hinter der Tabellenspitze zurück.

Wir kämpfen um Podestplätze. Es ist jetzt viel zu früh, ich rede noch nicht einmal über die Weltmeisterschaft. Für uns ändert sich nichts. Unsere Herangehensweise ist bei jedem Rennen die Herangehensweise, mit der wir auch zum Saisonauftakt nach Argentinien gefahren sind: Wir wollen um Podestplätze kämpfen – und der erste Platz zählt da auch dazu. Das ist alles, man muss es nicht komplizierter machen, als es ist.

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