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Shaun Simpson: Der grosse Tag des Aussenseiters

Von Adam Wheeler
Mit seinem sensationellen GP-Sieg in Lierop trug sich der Schotte in die Geschichtsbücher ein. Wir blicken nochmals zurück und in die Zukunft, die für Simpson aber weiterhin nicht rosig ist.

Das Saisonfinale in Lierop war die Bühne für einen Premieren-Grand-Prix-Sieger, aber auch die Kulisse für eine spezielle Geschichte, die daran erinnerte, dass sich im Rennsport nicht immer alles um Dominanz, Serien-WM-Titel und Rekorde dreht.

Shaun Simpson schrieb eine Geschichte im GP-Motocross, deren Wahrscheinlichkeit in Zeiten von fehlendem Geld und dem Leben am Rande des Existenzminimums immer geringer wird. Das Team JK SKS Gebben Racing operiert mit einem Mini-Budget und Simpson selber musste sich auf einer Serien-Yamaha und für kaum Gage verdingen, nachdem seine Zusammenarbeit mit dem TM-Werksteam von Anfangs Jahr bis Mitte Saison nicht zum Guten wendete.

Die reichen Werksteams besiegt

Der 25-jährige Schotte pendelt seit Teenager-Zeiten zwischen seiner Heimat und seiner Unterkunft in Belgien hin- und her und folgte seinem Ex-Fahrer/Mechaniker-Vater Willie in die Top-Motocross-Szene. Die Fähigkeiten im Sand, die Ausdauer und das Selbstvertrauen waren für Simpson keine Hindernisse auf der unbarmherzigen Strecke in Lierop, die Ausnahmekönner wie Gautier Paulin, Evgeny Bobryshev und Clément Desalle völlig irdisch aussehen liess. Der Brite griff sich seine Yamaha (die unüblicherweise mit Dämpfungselementen von WP Suspension ausgestattet war) und steuerte sie zum ersten Mal in seiner Karriere auf das oberste Podesttreppchen. Er bot dem ganzen Reichtum und den Ressourcen der Werksteams und -maschinen die Stirn. Es war ein aussergewöhnlicher und ergreifender Nachmittag, speziell, weil Simpsons Geschichte bezeichnend dafür ist, dass ein heutiger Motocross-Pilot nur ein kleines Fenster des Ruhms geniessen kann. Der ganze Rest ist ein grosser Kampf.

Er brach sich diverse Knochen und hat die GP-Szene auf die harte Tour kennengelernt, als er 2005 bis 2008 in der MX2-WM für die britische Mannschaft von Roger Magee (heute besser bekannt als Team HM Plant KTM UK) unterwegs war. Simpson fuhr Honda und Kawasaki für Magee, aber erst als das Team 2008 zu KTM wechselte, bekam seine Karriere einen Schub. Er holte erste Podestplätze und duellierte sich in Bulgarien ein ganzes Rennen lang mit dem Privatmaterial mit den Werksfahrern Searle und Rattray. Der vierte WM-Rang und die Krone in der Britischen Meisterschaft bedeutete, dass sich Simpson für 2009 den begehrten Platz bei Red Bull KTM sichern konnte. Aber kurz nach seinem ersten Laufsieg (seinem einzigen bis Lierop 2013) zum Saisonstart im Sand von Valkenswaard prallte er im Training in einen Baum und verletzte sich schwer am Bein.

Samstag-Highlights reichten nicht

Simpson holte 2010 nochmals einige Podestplätze, aber die goldenen Voraussetzungen und das Momentum waren verschwunden. Er wechselte zu LS Honda in die MX1-WM und für 2012 auf eine werksunterstützte Yamaha, was ihn aber kaum weiter nach vorne brachte. Trotzdem hätte sich der Brite für 2013 beinahe Joel Roelants´ Platz im Werksteam geschnappt. Speziell nachdem er in Schweden bis zu seinem Sturz in den Top-3 unterwegs war und samstags immer zu den Schnellsten zählte, aber er konnte es am Sonntag nie umsetzen.

2012 gehörte Simpson in der Königsklasse dem Top-Ten-nahen «Club» an. Aber je länger der Kalender wurde, desto enger wurden die Gürtel geschnallt, weniger Teams wollten in den MX1-Rennsport investieren. Simpson wurde Teil einer Gruppe – zu der selbst ehemalige Weltmeister gehörten – die auf Arbeitssuche war und sich für lächerlich wenig Gage dem Risiko aussetzen mussten.

Simpsons Sieg war in mehrerer Hinsicht eine persönliche Genugtuung und ausserdem eine aufregende und spannende Erfahrung für jeden Beobachter seines Duells mit Tony Cairoli. Das Geschehen spiegelte den Fakt, dass Träume verwirklicht werden können und Simpson verdient grössten Respekt, dass er weiterhin an seine Fähigkeiten glaubte, als dies kaum mehr niemand im Fahrerlager tat.

«Es war die perfekte Kombination»

«Es war ein hartes Jahr», meinte er danach. «Es hat nicht wirklich grossartig begonnen. Die Dinge haben in dem Team, in dem ich war, nicht funktioniert. Ich bin zu Yamaha gegangen und wusste vom letzten Jahr genau, wie das Motorrad abzustimmen ist. Wir haben WP Suspension eingesetzt, die ich noch aus meiner KTM-Zeit kannte. Und wir haben den Motor massiv verbessert. Das Bike ist im Moment perfekt für mich, speziell im Sand. Ich wusste schon auf der Anreise, dass mir Lierop liegt. Ich mag den Sand, als es dann in der Nacht vor dem Rennen noch geregnet hat – ich mag den Schlamm – wurde daraus die perfekte Kombination. Ich dachte, warum soll ich nicht alles geben. Es war eine Überraschung, dass ich den ersten Lauf gewonnen habe, speziell weil Tony hinter mir war und dann ausrutschte. Es waren viele Emotionen dabei, als ich gewonnen habe.»

Die Optionen Simpsons für 2014 scheinen nun vor allem bei JK Racing zu liegen, wenn das Team mit dem Erfolg von Lierop mehr Budget generieren und wenigstens mehr Unterstützung von Yamaha Motor Europe herausschlagen kann. Es war der einzige MX1-GP-Sieg für Yamaha in dieser Saison! Es gibt aber auch eine Chance für die Rückkehr zu Magee auf KTM, wo alles begann und wo Kevin Strijbos genauso 2012 seine Karriere mit drei Podestplätzen wieder in Schwung gebracht hat.

«Bis jetzt habe ich mit genau drei Leuten gesprochen, und es ist nicht sonderlich gut gelaufen», meinte Simpson in Lierop. «Es liegen nicht viele Offerten auf dem Tisch. Ich denke, ich habe mich eine Position auf den zehnten WM-Rang verbessert (Anm.: in Wirklichkeit waren es zwei, Simpson wurde WM-Neunter), das war nun seit drei Jahren mein Ziel, in die Top-Ten der MX1 zu kommen. Ich bin aber noch immer unsicher, was ich nächstes Jahr machen werde, aber ich würde gerne bei Yamaha bleiben und die Arbeit fortsetzen.»

Die Zukunft wird noch härter

Er ist ein solider und charismatischer Top-Ten-Fahrer, aber vielleicht gewinnt Simpson nie mehr einen Lauf oder einen GP, zumal Ende 2014 wegen des Alterslimits gleich zehn MX2-Piloten aufsteigen werden. Die Zeit läuft gegen den Schotten und andere Fahrer mit vergleichbaren Karrieren, ausser es stossen neue Teams in die neue MXGP-Klasse hinzu. Lierop wird aber auf jeden Fall unvergessen bleiben, auch bei den Zuschauern in den Niederlanden, die den «Tag des Aussenseiters» miterlebten.

«Die Boxengasse stand in den letzten Runden Kopf, als ich vorbeigefahren bin, jeder hing an der Bande», kommentierte Simpson. «Das gibt mir ein wirklich gutes Gefühl. Ich habe mein Bestes gegeben. Wir wissen ja, dass nächstes Jahr die MXGP-Klasse kommt, es war also gut, den letzten MX1-GP zu gewinnen. Und ich denke nicht, dass seit Billy Mac (Anm.: der Schotte Billy Mackenzie) ein Brite auf einer 450er gewonnen hat, dass ist ein weiterer netter Meilenstein für die Briten. Es ist auch das einzige MX1-Podest dieses Jahr für Grossbritannien, ich bin sehr glücklich damit.»

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