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Red Bull steigt aus: Was bei Honda in SBK schiefging

Kolumne von Günther Wiesinger
Honda muss sich für 2019 nach einem neuen Hauptsponsor umsehen

Honda muss sich für 2019 nach einem neuen Hauptsponsor umsehen

Zwar schickt Honda 2019 erstmals seit 16 Jahren wieder Werksmaschinen in die Superbike-WM, der prestigeträchtige Hauptsponsor Red Bull wurde in den letzten zwei Jahren aber arg enttäuscht.

«Wenn sich Honda an einer Rennserie beteiligt, dann wollen wir gewinnen», pflegt Robert Watherston, Head of Motorsports von Honda Motor Europe, zu sagen.

Das Credo des weltgrößten Motorrad-Herstellers («Honda enters, Honda wins») ist unzweifelhaft – und doch wurde es die letzten Jahre nicht konsequent umgesetzt. Was zur Folge hatte, dass sich Honda zeitweise der Lächerlichkeit preisgab.

2017 sahen wir Werksteams der Honda Racing Corporation (HRC) in MotoGP, der Motocross- und Supercross-WM sowie bei der Rallye Dakar. Für 2018 kam ein weiteres Team HRC in der Japanischen Superbike-Meisterschaft und für das Acht-Stunden-Rennen in Suzuka dazu.

Ab 2019 beteiligt sich HRC auch wieder an der Superbike-WM, das gab es seit 2002 nicht mehr, als Colin Edwards Weltmeister wurde. HRC baut in Japan Werksmaschinen, das japanische Moriwaki-Team kümmert sich um deren Einsatz und das italienische Althea-Team übernimmt die Logistik.

Damit zieht Honda die Konsequenzen aus dem Desaster der letzten beiden Jahre. Trotz neuer Serien-Fireblade, der 20 Zusatz-PS und 15 kg weniger Gewicht nachgesagt wurden, eroberte Honda im Debütjahr 2017 keine Top-5-Platzierung. In der Konstrukteurswertung wurden die Japaner Letzte unter sieben Herstellern! Selbst MV Agusta und BMW, die mit vergleichsweise geringem Engagement und ohne Werksteam an dieser Meisterschaft teilnahmen, blamierten Honda.

Für 2018 wurde alles auf den Kopf gestellt. Elektronik-Partner Cosworth musste Marktführer Magneti Marelli weichen, der Technische Manager Pieter Breddels verließ das Team vor dem Portugal-Event im September 2017. Auch HME-Manager Marco Chini musste gehen oder wurde durch Chris Pike ersetzt. Teammanager Ronald ten Kate gab viele seiner Tätigkeiten an Kervin Bos ab, mit Leon Camier und Jake Gagne wurden zwei neue Fahrer verpflichtet. Außerdem hatte Honda Motor Europe mit Triple-M ein offizielles Satelliten-Team installiert, in dem alternative Wege erforscht wurden.

Geändert hat sich für 2018 viel, nur die Ergebnisse blieben gleich. Die Ränge 7, 6, 4 und 6 von Leon Camier zu Beginn des Jahres in Australien und Thailand markieren gleichzeitig den Saisonhöhepunkt. Anschließend war der Engländer über weite Strecken verletzt und im Anschluss daran nicht fit, vom unerfahrenen Jake Gagne konnte niemand verlangen, dass er das Motorrad und das Team nach vorne bringt.

Radikaler Kurswechsel

Dreimal ließen sich seit 2017 hochrangige Manager von Honda Japan bei der Superbike-WM blicken. Letztes Jahr in Donington Park, dieses Jahr in Assen und Portimão.

Anfang November dann der Paukenschlag: Honda trennte sich von Ten Kate Racing, mit dem Team aus den Niederlanden wurde in der Superbike-Klasse seit 2004 gearbeitet. Gleichzeitig wurde Robert Watherston von Honda Motor Europe das Superbike-Projekt weggenommen, Honda Japan kümmert sich jetzt wieder selbst um die seriennahe Weltmeisterschaft.

Für Honda Motor Europe kam der radikale Kurswechsel von Honda Japan überraschend. Ten-Kate-Teammanager Kervin Bos gab zu, dass er den Schlussstrich von Honda nicht kommen sah.

Doch die Trennung hatte sich über Monate angekündigt.

Im September 2017 schickte HRC den Techniker Makoto Nagayama zu den Testfahrten nach Portimão, was er dort zu sehen bekam, war ernüchternd. Dass der damalige Teammanager Ronald ten Kate in einem Interview sagte, dass sein Team die «Hilfe von HRC nicht brauche», hat das Honda-Management in Japan nicht unberührt gelassen.

Rückblickend dürfte der Portimão-Test der Anfang vom Ende der Zusammenarbeit mit Ten Kate gewesen sein.

Über viele Jahre hat Honda Motor Europe bis zu 80 Prozent der vier Millionen Euro Jahresbudget des Superbike-Teams bezahlt. Der Auftrag von Ten Kate war die Entwicklung des Motorrads sowie der Renneinsatz.

Im Gegensatz zu der MotoGP-WM gibt es in SBK keine echten Werksteams, jeder Hersteller arbeitet mit einem externen Team zusammen. Kawasaki mit Provec, Ducati mit Feel, Yamaha mit Crescent und BMW seit Kurzem mit SMR.

Der Unterschied: Diese Teams erhalten mehr oder weniger fertige Rennmaschinen von den Herstellern, während bei Honda das Ten-Kate-Team für den Aufbau und die Entwicklung der Bikes zuständig war.

Dieses Thema ist heute so komplex, dass kein Team diese Aufgaben erfolgversprechend erledigen kann, deshalb scheiterte in der Superbike-WM auch das Kundensport-Programm von BMW.

SBK nur Nebenschauplatz

Dass es überhaupt soweit kam, geht auf die Kappe von Honda Japan. Die letzten 16 Jahre war die Superbike-WM nur ein Nebenschauplatz für den japanischen Hersteller. Der ehemalige HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto betonte, die Rallye Dakar, welche nur für zirka vier Wochen des Jahres für Schlagzeilen sorgt, sei der zweitwichtigste Event nach der MotoGP-WM. Und bei HRC hatte man irgendwann entschieden, sich nur noch um den Prototypen-Sport zu kümmern.

Aber sind die Dakar-Bikes wirklich Prototypen? Oder die Maschinen im Motocross-Sport?

Viele Honda-Fans auf der ganzen Welt wunderten sich, warum Honda Motor Europe selbst bei den ständigen SBK-Blamagen seit dem Jahr 2017 keine technische Unterstützung von HRC und aus anderen Honda-Abteilungen in Japan erhielt.

Es muss die Frage erlaubt sein, warum das Motorrad für die Japanische Superbike-Meisterschaft von Honda Research & Development (R&D), von der Honda Racing Division und von HRC gemeinsam entwickelt wurde, genauso wie das werksunterstützte Motorrad für die «Suzuka Eight Hours».

Stefan Bradl sagte nach dem Test mit dem 8h-Bike in Suzuka im Juli 2017: «Als ich in der Boxengasse zum ersten Mal in den dritten Gang geschaltet habe, ist mir klar gewesen – dieses Bike ist auf einem anderen Level als unsere SBK-Honda. Die Handschrift von HRC war überall zu erkennen, bei der Sitzposition, beim Dashboard – alles erinnerte mich an meine LCR-Honda aus den Jahren 2012 bis 2014.»

Zur Erinnerung: In Suzuka hielt Honda 2017 und 2018 mit der Konkurrenz von Kawasaki, Suzuki und Yamaha mit. Und Takahashi gewann den All Japan Superbike-Titel 2017 – vor Yamaha-Star Nakasuga.

Im Gegensatz dazu brachte das Honda-Team in der Superbike-WM in den letzten zwei Jahren kein konkurrenzfähiges Material zustande, der letzte WM-Titel datiert aus dem Jahr 2007 (James Toseland).

Honda muss neuen Hauptgeldgeber suchen

Es dauerte lange, bis die Marketing-Strategen dieses Weltkonzerns kapierten, dass der Kunde auf der Tribüne nur Honda sieht und es absolut nebensächlich ist, welche Abteilung das Superbike-WM-Projekt verbockt hat.

Nächstes Jahr sehen wir wieder echte Werksmaschinen von Honda in der Superbike-WM. Mit Leon Camier steht ein schneller Pilot unter Vertrag, der nach 205 Rennen aber nach wie vor sieglos ist und der seine Qualitäten als Entwickler noch nicht unzweifelhaft unter Beweis gestellt hat.

Dass der 36-jährige Ryuichi Kiyonari als zweiter Fahrer verpflichtet wurde, ist dessen japanischer Herkunft geschuldet – seine besten Leistungen zeigte der dreifache Britische Superbike-Champion zwischen 2006 und 2010.

Ursprünglich wollte Honda Motor Europe nächstes Jahr den «schnellst möglichen, verfügbaren Fahrer», neben Camier starten lassen. Es wurde mit den vielfachen Laufsiegern Marco Melandri, Tom Sykes und Eugene Laverty sowie dem starken Privatier Javier Fores gesprochen. Mit Kiyonari entschieden sich HRC und Moriwaki für einen Piloten, der Camier nicht das Wasser reichen kann.

Der große Sprung nach vorne wird Honda so nicht gelingen.

Und für Hauptsponsor Red Bull ist dieses Paket nicht interessant.

Als der Energy-Drink-Gigant 2017 einstieg, hatte Honda mit Nicky Hayden und Stefan Bradl zwei bekannte Weltmeister unter Vertrag. Camier kennt außerhalb der Superbike-Szene kaum jemand und mit dem 36-jährigen Kiyonari lässt sich die von Red Bull angestrebte Zielgruppe nicht erreichen.

Deshalb muss sich Honda für 2019 nach einem neuen Hauptgeldgeber umsehen. Oder das Projekt selbst finanzieren.

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