Davies statt Haslam bei Honda? Nicht viel Optimismus
Chaz Davies vor Leon Haslam
«Was Leon zeigt ist nicht schlecht – es ist gut», sagte Tetsuhiro Kuwata, Präsident der schlagkräftigen Honda Racing Corporation, im exklusiven Interview von SPEEDWEEK.com Anfang September in Aragonien.
Aber im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Alvaro Bautista hat Haslam noch keinen Vertrag für 2021.
Honda hat keine Eile. Der größte Motorrad-Hersteller wartet ab, wie der Superbike-Kalender für nächstes Jahr aussieht und ob es Rennen außerhalb Europas gibt. Zumindest teilweise wird davon abhängen, wie das Engagement aussieht.
Außerdem hat Haslam in Chaz Davies mächtige Konkurrenz bekommen. Der Waliser fährt seit sieben Saisons für das Ducati-Werksteam, doch vieles deutet darauf hin, dass er seinen Platz an den neun Jahre jüngeren Michael Ruben Rinaldi verlieren wird – obwohl Davies am Sonntag in Barcelona für seinen zweiten Sieg mit der Panigale V4R sorgte.
Davies verhandelt seit Wochen mit Ducati, er sprach auch mit Yamaha. Doch dort steht der 33-Jährige nicht zur Debatte. Damit bleibt für den dreifachen Vizeweltmeister unter den Werksteams nur noch Honda, sollte ihn Ducati abservieren. Viele Experten sind überzeugt, dass sein aggressiver Fahrstil gut zur neuen Fireblade passen würde, der eine sehr stabile Front nachgesagt wird. Diese braucht Davies, um in die Kurven driften zu können.
Davies ist deutlich erfolgreicher als Haslam, er hat 31 zu 5 Siege und 95 gegenüber 45 Podestplätze vorzuweisen. Außerdem ist er vier Jahre jünger.
Davies gewann auf Aprilia (1x), BMW (3x) und Ducati (26x Twin, 2x V4R), nach Jonathan Rea und Tom Sykes ist er der erfolgreichste aktive Superbike-Pilot. Natürlich denken die HRC-Verantwortlichen darüber nach, ob er etwas zu ihrem Projekt beitragen könnte, was Haslam nicht kann.
Haslam bleibt beim Thema Davies gelassen. «Ich bin zuversichtlich, mit dem was wir dieses Jahr erreicht haben», unterstrich der Engländer gegenüber SPEEDWEEK.com. «Ich bin sehr enthusiastisch, was dieses Projekt betrifft, obwohl es noch in den Kinderschuhen steckt. Was wir bislang geleistet haben, ist sehr stark.»
Im zweiten Hauptrennen im ersten Aragon-Event hat Bautista als Dritter für den ersten Podestplatz der Triple-R gesorgt. Im Sprintrennen in Barcelona am Sonntagmorgen war er auf dem Weg zum ersten Sieg, stürzte aber in Führung liegend mit einem üblen Highsider.
Vermehrt ist zu hören, Haslam verhandle für 2021 mit Teams aus Großbritannien über die Rückkehr in die BSB, die er 2018 mit Kawasaki gewann. «Ich habe mit niemandem geredet», entgegnete der 37-Jährige. «Es gibt jedes Jahr vier oder fünf Teams, die nach einem konkurrenzfähigen Rückkehrer Ausschau halten. Die BSB ist sehr stark, dort gibt es viel Rückhalt und Unterstützung, ich könnte dort gutes Geld verdienen und gewinnen. Mein Traum ist aber, Weltmeister zu werden. Deshalb will ich mit Honda in der Weltmeisterschaft weitermachen. Ich glaube, dieses Projekt kann mir das ermöglichen.»
Honda sah 2020 immer als Entwicklungsjahr, um 2021 um den Titel kämpfen zu können. Schwer vorstellbar, dass die loyalen Japaner Haslam in ihren Planungen übergehen. Die Chance, einen Siegfahrer wie Chaz Davies zu bekommen, bietet sich aber auch nicht jeden Tag.
Davies hält sich bedeckt, was seine Chancen bei Honda betrifft. Sein Gesicht sagt: Es gibt nicht viel Grund für Optimismus.