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Louis Christen: «Nicht alles machen, was möglich ist»

Von Helmut Ohner
Nachdem der Schweizer Louis Christen mit seinen Konstruktionen jahrelang die Seitenwagen-WM dominiert hatte, ist er überzeugt, dass man nicht alles was technisch machbar ist, auch umsetzen sollte.

Nach dem Umstieg von einem Motorrad mit angebautem Beiwagen zu den sogenannten Kneelern, bei dem wie der Name sagt der Pilot nicht mehr saß, sondern kniete, erfuhr die Seitenwagen-Klasse Mitte der 1970er-Jahre einen weiteren Technologieschub. Vor allem die Schweizer Hersteller Eric Vuagnat (Seymaz) und Louis Christen (LCR) trieben die Entwicklung mit ihren revolutionären Ideen voran.

1979 schrieb der Motorrad-Weltverband FIM sogar zwei Weltmeisterschaft-Klassen aus. In der B2A fuhren die konventionellen Gespanne, die B2B war den Dreirädern mit Querlenkern vorbehalten. Damals ging ein Riss durch die Szene. Vor allem die deutschen Piloten wie Rolf Steinhausen und Werner Schwärzel verschrieben sich der B2A, die Schweizer wie Rolf Biland und Bruno Holzer fuhren die B2B.

Louis Christen, der zuvor als Autorennfahrer zahlreiche Erfolge zu verzeichnen hatte, konzentrierte sich auf den Bau von Seitenwagen. 1977 baute er ein Chassis, bei dem auch das Seitenwagen-Rad gelenkt wurde. Holzer und sein Beifahrer Karl Meierhans absolvierten damit 1977 die komplette WM-Saison. Im darauffolgenden Jahr gewannen sie damit den WM-Lauf in Belgien – der erste GP-Sieg für LCR.

Die Eidgenossen gelang 1979 zwar kein weiterer Grand-Prix-Sieg, trotzdem hießen die Weltmeister in der Kategorie B2B am Ende der Saison Holzer/Meierhans. Sechs zweite Plätze reichten zum Gewinn des Titels, weil Landsmann Biland mit Beifahrer Waltisperg zwar vier Mal siegreich blieb, beim Finale in Assen nach einem schweren Trainingssturz das Handgelenk brach und deswegen nicht an den Start gehen konnte.

Louis Christen hatte es als Konstrukteur in nur drei Jahren geschafft, die Dreirad-Szene zu erobern. Jahrzehntelang sollten seine Seitenwagen tonangebend bleiben. Nach über 40 Jahren entschloss sich der Seitenwagen-Papst aus Rheineck im Kanton St. Gallen die Produktion der Gespanne aus der Hand zu geben. Seither werden die Seitenwagen von den Brüdern Ben und Tom Birchall in Großbritannien hergestellt.

Nach seinem Rückzug hat er nun Zeit, sich anderen Projekten zuzuwenden. «Momentan restauriere ich eine LCR aus dem Jahr 1977. Es ist der dritte Seitenwagen, den ich je gebaut habe und der erste mit Seitenwagenlenkung. Holzer/Meierhans haben damit die Weltmeisterschaft 1977 bestritten. Dieses Chassis haben sie mit verbesserten Bremsen auch 1978 eingesetzt», ließ Christen kürzlich auf Facebook wissen.

«Wir waren auch auf der Isle of Man mit dabei. Es war Neuland für uns. Trotz all der schrecklichen Geschichten über gebrochene Fahrwerke, belegten sie als Newcomer den 17. Platz, ohne Probleme mit dem Fahrverhalten. Vor allem die Seitenwagenlenkung war damals ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Es hatte Vorteile in den Kurven wegen der geringeren Reibung der Reifen am Asphalt und bei der Höchstgeschwindigkeit.»

«Ab 1980 war die Seitenwagenlenkung nicht mehr erlaubt. Logischerweise gibt es im Lager der Seitenwagenfans verschiedene Ansichten zu diesem Thema. Meine Meinung ist, dass der Sport nicht zwingend besser wird, wenn man alles, was technisch machbar ist, auch ausschöpft. Ein Beispiel dafür kann man an den Diskussionen in der Formel-1-Weltmeisterschaft sehen.»

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