Vor 35 Jahren: Premiere der Mercedes-Junioren
WEC-Lauf in Suzuka: Erster Auftritt von einem der drei frisch gekürten Mercedes-Junioren. Sportwagen-Premiere für Karl Wendlinger an der Seite von Jochen Mass im Mercedes C9. Nach knapp 500 Kilometern Distanz stehen Schlesser/Baldi und Mass/Wendlinger als Mercedes-Doppelsieger auf dem Podium. Die Junior-Kollegen Michael Schumacher und Heinz-Harald Frentzen sollten im weiteren Saisonverlauf auch noch dran kommen.
Es war schon sehr mutig von Nachwuchs-Scout Jochen Neerpasch, damals Sportchef bei Mercedes, gleich drei junge Burschen in den 700 PS starken Silberpfeil zu setzen. Keiner dieser drei war um diese Zeit älter als 22, alle drei kamen aus dem vielleicht stärksten und wildesten deutschen Formel 3-Jahrgang 1989.
Im Laufe der Saison sah sich Neerpasch die drei Fahrer mehrfach bei den Rennen zur Formel 3-DM an und erkannte deren Potenzial sofort. Zumal bei den zwölf Läufen 1989 bis auf eine Ausnahme immer mindestens einer aus dem Trio Frentzen/Schumacher/Wendlinger auf dem Podium stand. Am Ende hieß es 164 Punkte für Marko-Schützling Wendlinger (Titelgewinner), dahinter die punktgleichen Schumacher und Frentzen mit je 163 Zählern als punktgleiche Vizemeister.
Neerpasch hatte unterdessen genug gesehen und schuf aus dem Super-Trio des deutschen F3-Jahrgangs 1989 sein nächstes Junior-Team – 13 Jahre nach seinen berühmten BMW-Junioren von 1977 mit Marc Surer, Manfred Winkelhock und Eddie Cheever in der Rennsportmeisterschaft (DRM).
Der Plan sah so aus: Die drei sollten wechselweise als Partner von Jochen Mass bei den neun WEC-Läufen 1990 über je 480 km im C9 und schon ab dem 2. Lauf im neuen C11 sitzen. Mass wurde gleichzeitig die Rolle des Lehrmeisters zugewiesen. Wendlinger und Schumacher kamen je viermal zum Einsatz, Frentzen wegen anderer Verpflichtungen letztlich nur einmal.
Betreut wurden die Junioren vor Ort jeweils von Peter Sauber, dessen rechter Hand Max Welti und natürlich von Sportchef und Mentor Neerpasch. Suzuka war übrigens auch der Abschied vom 1989er-WM-Siegerauto C9, schon ab dem zweiten Lauf in Monza kam der neue Mercedes C11 zum Einsatz.
Überhaupt schnitten sowohl Wendlinger wie auch Schumacher bei ihren je vier Einsätzen an der Seite von Mass meist auf Rang 2 ab, Schumacher gelang beim Finale in Mexico sogar der erste Junior-Sieg im Premiere-Jahr 1990. Frentzen startete 1990 nur einmal in Donington und stand hier ebenfalls auf dem Podium.
Die fast makellose Bilanz der Junioren wurde lediglich durch einen Ausfall und einen neunten Rang wegen technischer Probleme getrübt.
In der zweiten Junioren-Saison 1991 trat Fritz Kreutzpointer (24) an die Stelle von Frentzen, der sich für ein Formel 3000-Jahr in Japan entschieden hatte.
Schumacher und Wendlinger bildeten jetzt ein festes Team, das bei den 24 Stunden von Le Mans noch durch Fritz K. verstärkt wurde. Le Mans war gleichzeitig auch das einzige Rennen mit der kompletten Cockpit-Besetzung aller drei Junioren im Mercedes-Silberpfeil C11.
Den Schlusspunkt unter das Junior-Programm 1990/91 in der Sportwagen-WM setzten dann Wendlinger/Schumacher beim Japan-Finale in Autopolis. Für Schumacher, inzwischen schon in der Formel 1 angekommen, war es der zweite Sieg nach Mexiko im Vorjahr. Der WM-Titel ging allerdings nach zweimal Mercedes 89/90 aufgrund einer eher durchwachsenen Saison 1991 an Jaguar. Danach wurde das Projekt C11 samt dem Engagement in der Sportwagen-WM beendet.
Bleibt noch zu erwähnen, dass alle drei Mercedes-Junioren nacheinander auch mehr oder weniger schnell den Sprung in die Formel 1 geschafft haben – mit den bekannten Verläufen.
Und Jochen Neerpasch, inzwischen bei Mercedes ausgeschieden, konnte voller Stolz und Zufriedenheit auf seine erneut gelungene Junior-Idee blicken. Immerhin hatte er bis dahin inklusive der drei BMW-Junioren von 1977 gleich sechs jungen Nachwuchsfahrern den Weg in die Formel 1 geebnet.
Jochen Neerpasch selbst ist gerade vor ein paar Wochen 86 Jahre alt geworden. Bis heute hat er insgesamt fünf Junior-Projekte mit jeweils drei Jung-Talenten realisiert. Sein letztes diesbezügliches Engagement hat ihn im fortgeschrittenen Pensionsalter wieder dahin zurückgeführt, wo alles mal 1977 begonnen hat.
Im BMW-Auftrag betreut der scheinbar ewig junge Pensionär seit zwei Jahren eine neue Junior-Generation. Die BMW-Hoffnungsträger Daniel Harper (GB), Max Hesse (D) und Neil Verhagen (USA) durchlaufen den systematischen Aufbau zu Vollprofis. Neerpasch begleitet das Trio mit all seinem Wissen aus mehr als 50 Jahren Motorsport-Management. Inzwischen machen die drei im internationalen GT-Sport einen Mega-Job und stehen vor weiteren großen Aufgaben
Eigentlich hätte der «JN», so sein Branchen-Kürzel, einen Orden für seine aufopferungsvolle Arbeit und Verdienste um den deutschen Motorsport verdient.
Na dann lasst euch endlich mal was einfallen, liebe Leute beim und im DMSB.