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Bilster Berg: Neue Rennstrecke mit 19 Kurven

Von Günther Wiesinger
Die Piste ist 4,2 km lang und sie umfasst 19 Kurven. Trotzdem sollen am Bilster Berg keine Rennen gefahren werden.

Deutschland hat wieder eine neue Rennstrecke – sie heisst Drive Ressort Bilster Berg. Und die kniffligste Passage nennt sich Mausefalle.

Rennfahrer wie Bernd Schneider oder Walter Röhrl loben den Kurs im Teutoburger Wald. Er sei die kleine, moderne Ausgabe der Nürburgring- Nordschleife, meinen sie. Die Mausefalle wurde der legendären Corkscrew-Kurve von Laguna Seca nachempfunden. Insgesamt 44 Kuppen und Senken, 19 Kurven, maximal 26 Prozent Gefälle und 21 Prozent Steigung machen den Bilster Berg zur Herausforderung für jeden Motorsportler. Wenn man die 70 Meter Höhenunterschied auf die 4,2 Kilometer Streckenlänge umlegt, wird im Vergleich sogar die Nordschleife zur Flachlandpiste, heißt es von Seiten der Betreiber.

Der Mann, der diesen Rundkurs in die Landschaft zwischen Paderborn und Hannover gestellt hat, heißt Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff. Er wirkt überrascht davon, dass er es tatsächlich geschafft hat, eine neue Rennstrecke in Deutschland zu eröffnen. In den alten Bundesländern ist es mehr als 80 Jahre her, seit die letzte PS-Piste eingeweiht wurde.

Die Idee dazu entstand einer Radtour des Grafen. Er radelte über den Bilster Berg, den die britische Rheinarmee beschlagnahmt und zum Munitionsdepot umgebaut hatte. Bei der Radtour zwischen maroden Wachgebäuden und stabilen Bunkern kam Graf von Oeynhausen-Sierstorpff zum ersten Mal der Gedanke, hier eine Rennstrecke zu bauen. Bis dahin beschäftige er sich beruflich mit Hotels, Mineralwasser und Kurkliniken und verbrachte seine Freizeit bei Oldtimer-Rennen.

Mit dem Geld von Privatinvestoren

Das ist jetzt acht Jahre her. In der Zwischenzeit überredete Oeynhausen 21 Gründungsgesellschafter zum Mitmachen, und er sammelte bei 160 weiteren Teilhabern jeweils mindestens 100.000 Euro ein. Es sei kein Großinvestor aus Russland oder den Emiraten darunter, wie von Geschäftsführer Hans-Jürgen von Glasenapp betont. Europäische Autonarren hatten investiert.Noch während der Geldbeschaffung für das Projekt wurde der Formel-1-Strecken-Architekt Herrmann Tielke mit ins Boot geholt und der Kampf mit den Genehmigungsbehörden aufgenommen. Es wurden 400.000 Kubikmeter Erde ausgehoben sowie und 4500 Kubikmeter Beton, 25.000 Kubikmeter Sand und Kies, 22.000 Kubikmeter Asphalt sowie 700 Tonnen Stahl verarbeitet werden. Außerdem wurden 55.000 Meter Rohre und Leitungen, 4400 Meter Entwässerungsrinnen und 86.000 Meter Kabel verlegt, letzteres auch, um eine lückenlose Kameraüberwachung der Strecke zu ermöglichen.

In den Bunkern stehen Sportwagen-Klassiker

Inzwischen sieht alles neu aus, doch dass der Bilster Berg mal ein Munitionsdepot war, erkennt man immer noch. Die Bunker der Briten wurden nicht abgerissen, sondern frisch gestrichen, aufgemöbelt - und stehen jetzt als Werkstätten und Garagen für die Nutzer der Strecke zur Vermietung. «Das Gros spektakuläre Sportwagen oder Oldtimer", sagt Glasenapp.

Im Gegensatz zu vielen anderen Großprojekten wurde das Drive Ressort komplett aus Privatmitteln und völlig ohne Kredite finanziert. Auch der Wettberwerb auf dem Areal ist jetzt ein reines Privatvergnügen. Für Rennbetrieb mit Publikum fehlt der Platz, Tribünen gibt es nicht. Glasenapp spricht von einer «Test- und Präsentationsstrecke», statt von einem Rennkurs. Wenn ambitionierten Freizeitfahrer am Bilster Berg Gas geben möchten, kann sich bei den Rennfahrerschulen oder Markenclubs anmelden.Was bringt die Rundstrecke der eher abgelegenen Region? «Investitionen und Arbeitsplätze», sagt von Glasenapp. Von dem 27 Millionen Euro teuren Projekt seien 15 Millionen wieder an lokale Firmen geflosen. Dazu kommen 20 feste Mitarbeiter sowie 30 Menschen, die hin und wieder beschäftigt werden, um den Betrieb nahezu 365 Tage im Jahr aufrechtzuerhalten.

Mikrofone messen den Lärmpegel jedes Autos. Kritiker und einige Anwohner am Bilster Berg wollten die Strecke aus Lärmschutzgründen verhindern. Es gelang ihnen nicht, dafür haben sie durchgesetzt, was von Glasenapp jetzt das modernste und fortschrittlichste Lärmmanagement nennt. Es funktioniert mittels spezieller Mikrofone, die entlang der Strecke installiert sind. Jedes Auto, das über den Kurs brettert, erhält einen Transponder.

So kann die Elektronik permanent den Schallpegel messen und die Geräusche exakt den einzelnen Fahrzeugen zuordnen. Glasenapp: «Wir können Autos mit bis zu 138 Dezibel auf die Strecke lassen. Zum Vergleich: Ein Formel-1-Renner hat 145 Dezibel.»

Geschäftsführer Glasenapp hält das Konzept für beispielhaft. Der geplante Kostenrahmen sei eingehalten worden, es floss kein öffentliches Geld. Lediglich die Inbetriebnahme erfolgte jetzt erst ein Jahr später als geplant. Die Tagesmieten betragen zwischen 15.000 und 20.000 Euro; bis in den in Herbst ist die Strecke ausgebucht.

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