Max Verstappen: So blamierten sich die Vorgänger

DRM: Tolle Idee gescheitert, der Anfang vom Ende

Kolumne von Uwe Mahla
1973 bei der Tourist Trophy: Ford Capri RS2600 gegen BMW 3.0 CSL

1973 bei der Tourist Trophy: Ford Capri RS2600 gegen BMW 3.0 CSL

​Vom Scheitern einer guten Idee: Warum es in der legendären Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM) niemals zu einer Einheitsdivision gekommen ist.

Was für ein imposantes Bild, wenn das Feld der DTM (Deutsche Tourenwagen-Masters) mit Fahrzeugen von sage und schreibe neun verschiedenen Marken startet: Aston Martin, Audi, BMW, Ford, Lamborghini, McLaren, Mercedes, Ferrari und Porsche.

Es ist unter Anderem gerade diese Markenvielfalt, die den besonderen Reiz und die Attraktivität dieser Masters ausmacht. Dabei stoße ich wieder einmal auf einen Punkt, an dem es der im Übrigen ja tollen seinerzeitigen Deutschen Rennsport-Meisterschaft in ihrer Form von 1972 bis 1981 fehlte.

Oft schon haben wir die Deutsche Rennsport-Meisterschaft zitiert, wenn es darum ging, von einer Meisterschaft zu erzählen, die zu ihrer Zeit (1972–1985) Motorsport allererster Güte darstellte. Tolle Autos, grandiose Fahrer, mitreißende Rennen und Kämpfe waren der Stoff, aus dem erstklassiger Rennsport besteht.

Und doch hatte sie einen gravierenden Schönheitsfehler: Sie wurde – aus allzu guten Gründen – in zwei Hubraum-Divisionen ausgetragen, aber Meister konnte schließlich nur einer werden. Das bedeutete, wer am Ende den Titel davontrug, hatte nur einen Teil der DRM-Teilnehmer geschlagen.

Und wie reizvoll wäre es gewesen, Tourenwagen-Asse vom Schlage eines Heyer, Stuck, Obermoser, Hezemans, Schurti oder Fitzpatrick miteinander auf der Ideallinie fighten zu sehen!

Schlaue Köpfe stellten daher Ende der 70er-Jahre Überlegungen zur Einführung einer Einheits-Division für die DRM an. An sich eine gute Idee. Aber warum kam es nicht dazu?

Mein leider viel zu früh gestorbener Freund Dieter Stappert hat einmal diesen Satz geprägt: «Wenn hochrangige Vertreter der Autobranche zusammenkommen, um über ein Motorsport-Reglement mit möglichst großer Chancengleichheit für alle zu beraten, geht es ihnen in Wahrheit hauptsächlich um eines – die Wahrung des jeweils eigenen Wettbewerbsvorteiles.»

Wenn man sich den feinen Zynismus dieses Gedankens auf der Zunge zergehen lässt, ahnt man: Der Mann wusste, wovon er redete. Er kannte den Motorsport von allen Seiten, als ehemaliger Chefredakteur des Schweizer Kultmagazins «powerslide», als BMW-Rennleiter und als Pressesprecher der obersten deutschen Motorsportbehörde ONS (des heutigen DMBS).

Vor diesem Hintergrund können die seinerzeitigen Überlegungen zur Einführung einer Einheits-Division statt der zwei Hubraum-Einteilungen Ende der 70er-Jahre eingeordnet werden.

Es gab grundsätzlich zwei Auslöser für die Diskussion, ob die DRM zukünftig in nur noch einer Division gefahren werden sollte. Das waren ein grundsätzlicher und ein aktueller.

Zum ersten: Mit der Einführung der DRM im Jahr 1972 schafften die Regelmacher unter Federführung von Jochen Neerpasch (damals Ford), Hugo Emde (Bilstein) und Fritz Jüttner (Bosch) ein Grundübel der bis dahin geltenden Meisterschaftsbestimmungen aus der Welt. Die Vielzahl der Hubraumklassen, aus denen der Deutsche Meister bislang kam, wich einer Reduzierung auf deren zwei – eine bis und eine über zwei Liter Hubraum. Für die wegfallenden kleinen Klassen war gleichzeitig eine Pokalwertung mit eigenen Rennen vorgesehen.

Mit Fahrzeugen im Wesentlichen der Marken Porsche, BMW, Ford und deren vielfältigen Tunern waren mittelfristig hinreichend große Startfelder zu erwarten.

Die abwechslungsreichen Auseinandersetzungen in beiden Klassen boten phasenweise fantastischen Motorsport; in jeder der beiden Divisionen gab es meist mehrere Sieg-Aspiranten.

Die Sache hatte nur einen Haken: Wie früher passierte es, dass der Meister aus einer der beiden Divisionen kam und im Zweifelsfall nie gegen seinen ärgsten Titelkontrahenten aus der jeweils anderen Abteilung angetreten war. Transparenter wäre es daher, alle in einer Klasse gegeneinander antreten zu lassen.

Zweitens: Im Zuge nicht zuletzt der dramatischen Kostensteigerungen dünnten die Startfelder in der zweiten Hälfte der 70er-Jahre so weit aus, dass es bisweilen schwierig war, die zur Vergabe der Meisterschaftspunkte erforderlichen zehn Konkurrenten pro Division zusammenzutrommeln. Dies war der aktuelle Grund für die Überlegungen zur Einheits-Division.

Wenn es denn trotz der dargestellten Gründe nicht zur Vereinheitlichung kam, so hatte dies hauptsächlich in der gebotenen Kurzfristigkeit seine Ursache.

Die Verantwortlichen der maßgeblich beteiligten Werke waren sich zwar grundsätzlich einig, dass eine entsprechende Neuregelung im Interesse des Sports erstrebenswert wäre. Auch einte sie die Einsicht, wegen des bevorstehenden großen internationalen Reglementwechsels für 1982 mache diese technische Umstellung im Interesse der beteiligten Rennteams keinen Sinn. Insbesondere wäre die kurzfristige Versorgung der Teams mit dem nötigen Material kaum sicherzustellen.

Denn allein auf der Motorenseite wäre erheblicher Aufwand erforderlich, um die vorhandenen Triebwerke auf einen gemeinsamen Hubraum-Nenner zu bringen. Allerdings legten alle drei Wert auf die Feststellung, man wäre technisch in der Lage, sich konkurrenzfähig für die Einheits-Division aufzustellen. Kein Konsens herrschte schließlich bei der Festlegung der Hubraumgrenze, DER entscheidenden Stellgröße der Einheitsformel, je nachdem, wem welche Größe am besten in die Karten gespielt hätte.

Wie hätte nun angesichts der bekannten Rennwagen – etwa Gruppe 5-Autos wie Ford Capri, BMW 3er und M1 sowie Porsche 935 – die Konkurrenz aussehen können?

Manfred Jantke, seinerzeit Sportkoordinator bei Porsche, formulierte den Rahmen so: «Aus unserer Sicht könnte diese Division allerdings nur eine 3-Liter-Division sein. Also bei Beibehaltung des Turbo-Faktors von 1,4 eine Division, in der Turbomotoren mit 2,1 Liter Hubraum zugelassen wären.»

Ähnlich klang das bei Michael Kranefuß, dem damaligen Ford-Europa-Sportdirektor: «Aus technischer Sicht wäre für Motoren unserer Marke ein Maximum von etwa 1750 ccm realisierbar. Wir würden uns aber auch nicht scheuen, mit einem solchen Motor in einer 3-Liter-Klasse anzutreten.»

Von den technischen Gegebenheiten her stimmt auch Jochen Neerpasch, damals Chef der BMW-Motorsport GmbH, mit beiden überein. Er wies darauf hin, dass es zwar bei BMW auch ein passendes Motorenkonzept gäbe. Er schränkte allerdings ein: «Ich bin der Ansicht, dass der jetzige Zeitpunkt sehr schlecht ist für eine solche Änderung. Die FIA arbeitet an einem neuen Anfang J, der 1982 in Kraft treten soll, der schon für 1981 durch die Meisterschaftskommission der ONS für die Rennsportmeisterschaft berücksichtigt werden soll.»

So kam es denn nicht zu der großen Lösung, sieht man mal von den letzten drei Jahren ab, als mangels Masse Gruppe C und Tourenwagen/GT zusammengelegt wurden.

Im Nachhinein muss man sagen: Dass in diesem Thema kein Konsens erzielt werden konnte – das war letztlich der Anfang vom Ende der glorreichen Deutschen Rennsport-Meisterschaft.


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