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Marcel Fässler: Einige haben noch nicht alles gezeigt

Von Martina Müller
SPEEDWEEK.com traf sich mit Marcel Fässler. Der Schweizer fährt die 2017er Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans im Corvette-Werksteam. In den letzten sieben Jahren trat er hier noch mit Audi in der LMP1-Klasse an.
Herr Fässler, 2009 fuhren Sie schon einmal mit Corvette in Le Mans. Danach hatten Sie sieben Auftritte in Folge mit Audi. Mussten Sie die Strecke nochmals neu lernen, als Sie hier mit der diesjährigen Werks-Corvette die ersten Runden drehten?

«Die Strecke bleibt sich natürlich gleich. Aber Sie haben recht: Mit einem GT fährt sie sich schon ganz anders, als mit einem LMP1. Zum Beispiel sind die Porsche-Kurven jetzt eine ganz andere Herausforderung. Aber auch schon Kurve eins, die mit dem LMP relativ easy noch flat geht, muss mit dem GT anders gehandelt werden. Das heißt, Du musst im GT schon viel antizipieren, damit Du da gut rum kommst. Es ist richtig, dass man da die Strecke fast wirklich neu lernen muss. Für mich war ein Vorteil, dass ich in Amerika noch bei Corvette im Simulator gewesen bin und somit vorab schon mal ein bisschen fahren konnte. Das hat natürlich extrem geholfen. Und das hat es mir dann einfacher gemacht, beim Vortest direkt auf Speed zu kommen.»

In Road America fuhren Sie sogar noch einen Test mit der Le-Mans-Aerodynamik. Unterscheidet sich diese sehr vom Standard-Kit der Corvette, den Sie in Daytona und Sebring kennen?

«Viel anders ist die Le-Mans-Aero der Corvette nicht. Wir sind dort einfach sehr wenig Abtrieb gefahren. Dabei hatten wir die Chance, uns an das Auto zu gewöhnen und die Fahrbarkeit kennenzulernen. Das war sehr gut. Ich habe mich wirklich sehr wohl im Auto gefühlt. Es war für mich ein sehr guter Test, um zu wissen, wie das Auto mit Low-Downforce funktioniert.»

Nach sieben Jahren mit Audi in Le Mans: Wie ist es, mit Corvette hier zu sein? Ist das von der organisatorischen Seite irgendwie vergleichbar?

«Es ist alles halt ein bisschen kleiner. Es sind auch deutlich weniger Leute da, als bei Audi. Bei Audi war alles deutlich größer. Natürlich auch mit dem Marketing drumherum. Bei Corvette ist das nun etwas familiärer. Wir sind hier halt eine kleine Truppe. Trotzdem oder gerade deswegen haben wir hier eine angenehmen Atmosphäre. Die hatten wir bei Audi auch. Aber eben wie gesagt, für Audi war Le Mans immer irgendwie extrem groß. Bei Corvette gibt es die gleiche Professionalität – eben nur in einem kleineren Format.»

Zwischen Vortest und der nun anstehenden Rennwoche bekam Corvette den Air-Restrictor nochmals um 0,2 mm verkleinert. Wie sehen Sie jetzt das Chancen-Verhältnis für das Rennen?

«Das ist für mich schwierig zu sagen. Einfach schon deswegen, weil ich die Konkurrenz nicht so gut kenne. Ich bin ja nur als dritter Fahrer dabei. Außerdem konnte ich am Testtag auch nicht komplett teilnehmen, da ich noch in der Blancpain GT fuhr. Natürlich ist keiner von uns glücklich, dass wir kleinere Restriktionen bekommen haben. Aber damit müssen wir jetzt leben. Corvette hat schon in der Vergangenheit gezeigt, dass sie ein sehr standfestes Auto haben. Grundsätzlich: Der Speed muss okay sein. Dazu braucht es eine gute Fahrerkombinationen und gute Pitstopps. Außerdem ist Corvette aktuell bestimmt das erfahrenste Team hier im GT-Bereich.»

Aber Sie fahren doch schon auf Sieg, oder?

«Natürlich. Aber wir werden erst Samstag/Sonntag sehen, ob ein Konkurrent noch viel zurück gehalten hat. Ich weiß nicht, wie sich die Strecke gegenüber dem letzten Jahr für ein GT-Auto verändert hat. Aber ich denke, einige haben ein bisschen sehr gepokert und nicht gezeigt, was sie können. Ohne da Namen zu nennen.»

Sie haben es bereits angesprochen: Sie kommen als dritter Pilot in ein bestehendes Team hinein. Haben Oliver Gavin und Tommy Milner da beim Setup das letzte Wort?

«Ich glaube, sie hören schon auch meine Kommentare. Aber ganz klar: die Stammfahrer kennen das Auto in- und auswendig. Und ich denke, die Leute hier wissen schon ganz genau, was Le Mans braucht und wie man hierher kommen muss. Ich gebe meinen Input - und der wird auch gehört. In der Regel haben wir alle drei die gleiche Richtung, wenn etwas verändert werden soll. Von dieser Seite her läuft das eigentlich ganz gut. Aber ich verlasse mich da auch ganz auf das Team und versuche einfach, mein Bestes zu geben. Aber ich profitiere bestimmt von einer sehr gut bestehenden Struktur.»

Sie sind ja bei Audi-Werksfahrer; starten nun aber auch für Corvette. Wie und wo sehen Sie ihre Zukunft?

«Richtig, ich bin bei Audi unter Vertrag und in dem Sinne auch nur für Corvette ausgeliehen. Dr. Ullrich und Doug Fehan (Corvette-Programm-Direktor, d. Red.) pflegen eine gute Beziehung. Das hat bestimmt auch geholfen, dass ich nicht nur als dritter Fahrer hier in Le Mans, sondern auch in Daytona, Sebring und beim Petit Le Mans fahren kann. Wie gesagt, ich habe einen Vertrag bei Audi. Und bin auch sehr glücklich, dass ich noch dabei bin. Ich hoffe einfach, dass sie irgendwann in Amerika noch was machen. Dort möchte ich gerne noch ein paar mehr Rennen fahren. Mir gefallen die Rennstrecken. Mir gefällt aber auch die Art und Weise, wie dort Rennen gefahren werden. Von dieser Seite her wäre das für mich ein Traum. Aber im Moment hat Audi noch nichts in Amerika zu bieten.»

Bedeutet also, Sie würden auch gerne nächstes Jahr wieder an Corvette ausgeliehen werden?

«Man muss immer schauen. Als dritter Fahrer ist schwierig. Es müssen ja auch immer Fahrer gefunden werden, die dann auch frei sind und nicht ein anderes Ganzjahresprogramm haben. Ich denke, wenn ich von meiner Performance her nicht ganz so schlecht bin, dann ist die Möglichkeit groß, wahrscheinlich wieder dabei zu sein. Ich nehme es jetzt, wie es kommt. Ich bin mitten in der jetzigen Saison und Le Mans steht bevor. Ich konzentriere mich jetzt erst einmal auf Le Mans und nicht auf das nächste Jahr. Das wäre ein bisschen früh.»

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