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Ferdinand Habsburg: Blick auf die WM und Langstrecke

Von Gerhard Kuntschik
Große Freude auf dem Podium in Le Mans 2021 bei Ferdinand Habsburg

Große Freude auf dem Podium in Le Mans 2021 bei Ferdinand Habsburg

Auch in diesem Jahr startet Ferdinand Habsburg wieder bei den 24 Stunden von Le Mans. Der Österreicher fährt einen Oreca 07 in der LMP2-Klasse und tritt dort sogar als Titelverteidiger an. Das erwartet er vom Klassiker.

Ferdinand Habsburg startet als WM-Dritter und Titelverteidiger in der Prototypenklasse (LMP2) ins 90. 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Ein Klassensieg wie 2021 im ersten Antreten an der Sarthe wäre für ihn ein prima Geschenk zum 25. Geburtstag am 21. Juni. Was sich in der Karriere des Urenkels des letzten österreichischen Kaisers (der in einer Monarchie jetzt Erzherzog und Thronfolger wäre) durch die jüngsten Erfolge änderte, warum er seine sportliche Zukunft weiter auf der Langstrecke sieht und wie es die Verwandtschaft mit seinem Beruf hält, sagt er im Interview mit SPEEDWEEK.com

Im Vorjahr kamst Du als Neuling und Außenseiter nach Le Mans, heuer bist Du fast ein Gejagter – mit welchem Gefühl?

Ferdinand Habsburg: «Im Moment noch mit einem sehr neutralen, aber mit der Freude, dort wieder zu fahren. Weil die Strecke einem Fahrer sehr viel gibt. Aber ich freue mich besonders auf das volle Haus mit rund 300.000 Zuschauern, denn im Vorjahr waren ja nur 50.000 zugelassen. Das ist diesmal schon etwas Cooles.»

Also der klare Saisonhöhepunkt?

«Das war es für mich im Vorjahr. Heuer habe ich auch den Blick auf die WM. Wir begannen mit einem dritten und zweiten Platz in Sebring und Spa, in Le Mans gibt es doppelte Punkte. Die sind essenziell, wenn man in der Meisterschaft mitreden will.»

Wie siehst Du diesmal Deine Chancen?

(Schmunzelt) «Wie letztes Jahr…. Die Konkurrenz in der LMP2-Klasse ist noch größer und auch das Niveau der Fahrer stieg nochmals. Aber das schreckt mich nicht. Die Saison ist bisher super gelaufen. In Le Mans musst du alles geben, aber du brauchst auch Glück. Ohne ein wenig Glück kannst du hier nicht gewinnen.»

Wie kommst Du mit den neuen Teamkollegen zurecht?

«Rui (Andrade) ist vielleicht nicht der Schnellste, aber ein sehr konstanter Fahrer, der uns hilft. Norman (Nato) ist nicht nur ein interessanter Charakter, sondern auch sehr erfahren. (Lacht) Ich bin halt der lustige Typ im Team…. Seit einem Test in Aragon, in dem wir erstmals gemeinsam fuhren, haben wir uns sehr gut zusammengefügt. Die Chemie passt.»

In der WM hast Du seit Le Mans 2021 eine unglaubliche Serie – nur Podestplätze in allen Rennen. Wie erklärst Du diesen Lauf?

«Drei Siege, Zweiter, Dritter – das ist schon cool. Das Team hat Vertrauen in uns, ich kenne das Team nun besser als im Vorjahr als Neuzugang. Ich fahre ja auch in der ELMS (europäische Le-Mans-Serie, Anm.), aber für das Prema-Team, und wir führen die Wertung dort an. Und Prema mit Robert Kubica & Co. wird einer unserer stärksten Gegner in Le Mans und der WM sein. Da musst Du aufpassen, nicht in der falschen Box zu stoppen. (Lacht) Ja, das wäre nicht gut!»

Hat sich Dein Leben als Rennfahrer und privat durch den Le-Mans-Sieg und den WM-Gewinn im Vorjahr verändert?

«Seit dem Erfolg im Vorjahr scheint sportlich alles leicht und sauber zu laufen. In Imola war der Sieg in der ELMS zuletzt mein achtes Podium in Folge, inklusive 24 Stunden von Daytona. Mit der Erfahrung erkennst du Details am Auto schneller und besser als zuvor, das hilft natürlich. Ich erkenne Dinge, die ich im Vorjahr nicht bemerkte. Du kannst einen Reifen zu 99 Prozent nützen oder zu 96, diesen marginalen Unterschied kenne ich jetzt.»

Ist Le Mans gefährlicher als die anderen Strecken?

«Jede Strecke hat kritische Passagen. In Le Mans fahren wir auch auf sonst öffentlichen Straßen. Die großen Geschwindigkeitsunterschiede sind in Le Mans durch die langen Geraden weniger kritisch. Zuletzt in Imola mit den vielen Kurven konnte ich auf gebrauchten Reifen einen GT mit neuen Pneus kaum überholen, weil schon wieder die nächste Kurve da war.»

Die WM erlebt mit dem Einstieg bzw. der Rückkehr mehrerer Hersteller in die Hypercar- bzw. LMDh-Klasse einen Boom. Strebst Du einen Platz in einem Werkteam an?

«Ich war zwei Jahre in der Formel 3, zwei Jahre in der DTM, jetzt ist es das zweite in der LMP2. Ich sehe dort auch meine Zukunft. Die neuen Werkteams haben ihre Plätze schon lang vergeben. Für 2023 ist das für mich unwahrscheinlich. Aber es wäre super, gegen Ende dieses Jahres in Gespräche für 2024 zu kommen. Wenn sich da eine Türe öffnet, würde ich gleich meinen Fuß reinstellen. Mit meinem Team WRT begannen schon die Gespräche für 2023. Ich nehme an, ich fahre auch 2023 für die Belgier in der LMP2.»

Kommt Deine Familie nach Le Mans?

«Meine Mutter und ein paar Freunde werden da sein.»

Was sagt die Familie zu Deiner Karriere?

(Schmunzelt wieder) «Die finden die Erfolgsmeldungen schon ziemlich langweilig… Die wissen nicht mehr, was sie mir schreiben sollen! Nein, sie freuen sich natürlich jedes Mal mit mir.»

Dein Schwager, ex-F1-Pilot Jérome d’Ambrosio, ist ja Teamchef bei Rokit Venturi in der Formel E. Hat er mit Dir noch nie über einen FE-Test gesprochen? Oder interessiert Dich die Elektroserie nicht?

«Jérome sagte einmal zu mir: Ferdinand, du weißt, was ich mache, warum fragst du mich nicht wegen eines Tests? Ich habe nicht gefragt, weil immer etwas anderes dazwischenkam, zuerst die DTM, dann die Langstrecke. Ich bin mit meinen Entscheidungen bisher sehr zufrieden. Ich schaue natürlich auf Kollegen wie z. B. Max Günther (der Deutsch-Österreicher ist Nissan-Pilot in der Formel E, Anm.). Für ihn war es richtig, in die Formel E zu gehen, wo er gutes Geld verdient und eine schöne Karriere hat. Auch wenn ich nicht so verdiene wie Max, genieße ich das Fahren im WEC und strebe nicht nach der FE. Die FE ist interessant, aber für mich ergaben sich immer Möglichkeiten, die mich mehr interessierten. Mein Fokus liegt weiter auf der Langstrecke.»

Wenn Du durch Wien gehst, vorbei an Schönbrunn oder der Hofburg, ist das für Dich völlig emotionsfrei oder denkst Du, das hätte eigentlich unserer Familie gehört?

(Lacht) «Gehört uns das nicht mehr? Ich versuche immer, die Tür aufzumachen, aber ich habe den Schlüssel verloren! Im Ernst, Ich war kürzlich in Schönbrunn, habe dort Kaffee getrunken. Ich frage mich mehr, was die Besucher dort denken. Ich habe eine schöne Wohnung im Sechsten (Wiener Bezirk), die nicht zu schwierig zum Putzen ist und nicht sehr energieintensiv. Aber es überrascht mich nicht, dass viele Leute quasi Habsburg-Fans sind, wenn sie die Bauwerke aus der Monarchie sehen.»

Bist Du in der hocharistokratischen Verwandtschaft als Rennfahrer akzeptiert oder wirst Du schief angeschaut?

«Meine Eltern haben mich immer massiv unterstützt. Das weiß auch die Verwandtschaft. (Schmunzelt) Ich denke, sie weiß, wenn einer etwas Abwertendes über mich sagt, wird er vom nächsten Familienevent ausgeladen… Meine Eltern sind richtig cool. Sie helfen mir, wo immer es geht. Auch die moderneren Habsburger stehen hinter mir, finden meine Karriere als Sportler gut.»

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