Gerhard Strasser: Ein Le-Mans-Sieger ging von uns
Strasser im Jahre 2014
Er war der zweite österreichische Le-Mans-Sieger: Fünf Jahre nach Jochen Rindt durfte sich der Salzburger Gerhard Strasser 1970 über den von ihm mitverantworteten ersten Porsche-Gesamttriumph an der Sarthe freuen. Als Rennleiter von Porsche Alpenstraße in Salzburg (1969 bis 1973) war der frühere Motorradrennfahrer mit der Vorbereitung und dem Einsatz der zwei Salzburger 917 in Le Mans betraut, von denen der rotweißrote 917-K mit Hans Herrmann/Richard Attwood Motorsportgeschichte schrieb. Am 10. August verstarb Gerhard Strasser, wie erst jetzt bekannt wurde, im 87. Lebensjahr nach längerer Krankheit. Unsere Anteilnahme gilt Gattin Helga, den Töchtern, dem Schwiegersohn und den Enkelkindern.
Strasser studierte Maschinenbau an der TU Wien, brach aber aus privaten Gründen ab. Er wurde Betriebsleiter einer Werkstätte und eines Ford-Händlers in Salzburg. 1968 kam ein Anruf von Ernst Piech: Die Übernahme der Porsche-Sportabteilung in der Alpenstraße wurde angeboten. Da brauchte der frühere Dritte der 500-ccm-Staatsmeisterschaft 1968 nicht lange überlegen: «Das Büro war im Porschehof, die Werkstätte mit Pauli Schwarz in der Alpenstraße, wo die Rallye-Käfer und die Formel-V-Boliden vorbereitet wurden. Das war eine tolle Sache, aus dem Käfer-Motor 128 PS herauszuholen und standfest zu bleiben.» Lauda, Peter, Breinsberg, auch Rindt zuvor waren die «Kunden».
«Es war dann der Wunsch des damaligen Porsche-Technikvorstands Ferdinand Piech, dass wir ein zweites Sportwagenteam neben der Werkmannschaft aufbauten, denn es ging Porsche ja auch um den Marken-WM-Titel», erinnerte sich Strasser. Porsche Salzburg hatte 1969 noch mit dem Vorgängermodell 908 Erfolg, als im Juli Jo Siffert und Brian Redmann die 1000 Kilometer von Watkins Glen gewannen. Porsche wurde Marken-Weltmeister.
1970 bekam auch die kleine Salzburger Mannschaft den 917. Strasser sagte mir dazu: «Wir haben den Wagen rennfertig übernommen. Wir konnten die Fahrer selbst aussuchen. Es war mühevoll, Hans Herrmann zu bekommen, wir spannten ihn mit Richard Attwood zusammen. Da ging es um Schnelligkeit und Zuverlässigkeit.» Die erste große Stunde der Salzburger schlug am 31. Mai auf dem Nürburgring, als es einen Doppelsieg für die 908 von Elford/Ahrens und Herrmann/Attwood gab. Dann kam der Höhepunkt Le Mans. «Unsere Mannschaft bestand aus fünf Personen, die die zwei Autos betreuten. Die 917 waren brillant vorbereitet.»
Das gesamte Budget für die Renneinsätze habe Porsche Salzburg selbst aufbringen müssen: «Wir haben uns alles selbst organisiert. Der Sieg war nie gefährdet. Ich hatte das Wetter genau beobachtet und wusste, dass Regen kommen würde. Da hatten wir schon zuvor Regenreifen aufgezogen und sparten uns nachher einen Boxenstopp. Piech mischte sich nicht ein, es gab also keine Stallorder. Zum Ende der Saison gab es eine ordentliche WM-Feier in Stuttgart», erzählte Strasser. Doch damit waren die glorreichen Zeiten zumindest bei den Prototypen vorbei: 1971 nahm Porsche Salzburg nicht mehr an der Marken-WM teil und konzentrierte sich auf die Rallyeeinsätze der Salzburger Käfer. «Janger, Wurz, Grünsteidl, Wittmann, Warmbold, Fall, Gernot und Georg Fischer, das waren unsere Hauptdarsteller», sagte Strasser rückblickend. 1973 beendete die erste Benzinkrise auch dieses Engagement, unter Nachfolger Peter Supp stand später Ralleycross im Mittelpunkt.
Gerhard Strasser wechselte 1974 den Arbeitgeber und wurde Yamaha-Importeur, 1979 ging er zu BMW Austria, wo er 2000 in den Ruhestand trat. Danach fand er ein eher ungewöhnliches Hobby: Er wurde begeisterter Modelleisenbahnbauer. Seine Reminiszenzen zur Motorsporthochblüte von Porsche Salzburg schilderte Zeitzeuge Strasser zuletzt im kürzlich veröffentlichten Dokumentarfilm «The Sound of Porsche» anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums der Marke.