Formel 1: So heißen die neuen Autos

Matthias Walkner: «So geht es mir psychisch»

Von Werner Jessner
Auf SPEEDWEEK.com spricht der Dakar-Sieger persönlich: Was es mit dem Kopf macht, wenn eine Amputation droht

„Was echt zach ist: Wenn du drei Wochen lang immer wieder eine auf die Fresse kriegst. Immer das worst case Szenario. Du stehst zwar immer wieder auf, auch wenn du spürst, immer schwächer zu werden. Aber wochenlang nur einstecken zu müssen ist auch für mich eine neue Erfahrung. Meine Operation erfolgte 17 Tage nach meinem Sturz. Die darauf folgenden drei, vier Tage, also jene rund um Weihnachten, waren die schlimmsten in meiner Unfall-Karriere. Normalerweise verlässt du zwei, drei Wochen nach einem Sturz das Krankenhaus. In der Regel wurdest du da bereits operiert, alle Verletzungen sind versorgt, du bist aus dem Schneider und darfst nach Hause. Ab diesem Moment beginnt es, besser zu werden. Diesmal erreichte ich den absoluten Tiefpunkt erst nach diesen zwei, drei Wochen, obwohl ich schon nach der ersten Woche das Gefühl gehabt hatte, es könne nicht mehr schlimmer werden. In Amerika musste ich selbständig Infusionen umstecken und den Code zu einem Kastl herausfinden, das 24 Stunden durchgepiepst hat. Dazu ein Krankenhaus-Keim, der zu Magenkrämpfen geführt hat. Da sitzt du dann drei Tage und Nächte auf dem WC, mit dem externen Fixateur am kaputten Bein, und jede minimale Bewegung fährt dir durch Mark und Bein, im Wortsinn. Es war eine wirklich charakterbildende Zeit.

Halbe Schmerzen

Darum bin ich heute so froh und dankbar, wenn mein Fuß auf einer Schmerzskala von 1 bis 10 nur mehr auf 5 oder 6 ist statt auf neuneinhalb. Wenn ich ihn einigermaßen bewegen kann. Freunde um mich habe, die mir ihre Geschichten erzählen, um nicht ständig nur in meinem eigenen Kopf zu sein. Was passiert außerhalb meines Krankenbetts? Da beginne ich auch gleich, Pläne zu schmieden.

In den letzten Tagen habe ich extrem viel Menschlichkeit erfahren. Das beginnt bei KTM-Motorsport-Chef Pit Beirer, der schon auf Grund seiner eigenen Verletzungsgeschichte ein extrem harter Hund ist. Das hat seinen Charakter geprägt, darum ist er als Chef auch erfolgreich. Seine menschliche Anteilnahme und sein Interesse in dieser schweren Zeit haben mir viel bedeutet, genau wie die vielen Nachrichten auf dem Telefon, von Freunden oder über Social Media. Dass ich Menschen so viel bedeute war überwältigend und wunderschön, lauter geile Leute.

Kein Stress

Für die Rehab setze ich mir einen großzügigen Zeitraum – einfach, um nicht enttäuscht zu werden. In den letzten Wochen musste ich mit genügend Rückschlägen leben, darum nehme ich bewusst Druck raus. Neben dem Sprunggelenk waren übrigens auch das Knie und der Fuß selbst mehrfach gebrochen. Ich habe das bislang nicht an die große Glocke gehängt, denn entscheidend war, den Fuß selbst nicht zu verlieren. Nächster Schritt auf dem Weg zurück: Dass die transplantierte Haut über der Wunde nicht abstirbt. Das ist an einer Stelle wie dem Fuß, wo es so wenig Gewebe gibt, nicht so selbstverständlich. Meine aktuelle Gefühlswelt ist, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, eine Achterbahnfahrt. In dem Moment, in dem ich das schreibe, bin ich ziemlich weit oben, aber das kann in drei Stunden schon wieder anders aussehen

Richtig schnell

Vor meinem Sturz war ich vielleicht nicht der fitteste Hiasi der letzten Jahre gewesen, aber sicher der schnellste Hiasi der letzten Jahre. In den Wochen und Monaten davor hatte ich viel Motocross trainiert und das ABC des Geländefahrens wieder aufgefrischt. Wie in alten Zeiten war ich regelmäßig in Italien gewesen und hatte auf den dortigen Sand-Strecken trainiert. Ich kenne auch meine Zeiten von früher, und ich kann euch versichern: Ich war richtig scharf drauf, regelrecht euphorisch. Von daher ist es sehr schade, auf der Dakar 2024 nicht zeigen zu können, was ich drauf habe.

Liebe Grüße,
Hiasi."

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