MotoGP: Große Veränderungen bei KTM

Danilo Petrucci: «Wie ganze MotoGP-WM in zwei Wochen»

Von Günther Wiesinger
Dakar-Neuling Danilo Petrucci

Dakar-Neuling Danilo Petrucci

Danilo Petrucci hat viel Respekt vor seinem ersten Dakar-Rallye-Abenteuer auf der Werks-KTM in Tech3-Branding. Seine prominenten Markenkollegen meinen, sein Speed sei zu hoch für 8000 km.

Nach zehn Jahren in der MotoGP-Weltmeisterschaft, davon 2012 mit Ioda-Aprilia und Suter-BMW, dann acht Jahre auf Ducati und ein Jahr bei KTM Tech3, beginnt mit dem Prolog in Dschiddah am 1. Januar für Danilo Petrucci bei der Dakar-Rallye auf einer Werks-KTM 450 RALLY eine neue Herausforderung. Nach nur zwölf Tagen Motorrad-Training in der Wüste startet die berühmte Marathon-Rallye in Saudi-Arabien über 8375 km, davon zählen 4258 km als Wertungsprüfung. Die Dakar endet am 14. Januar, am 8. Januar ist ein Ruhetag vorgesehen.

Im Interview mit SPEEDWEEK.com spricht der 31-jährige Römer über die Problematik des Dakar-Debüts, seine mangelnde Wüsten-Erfahrung und seine zurückhaltenden Pläne für die ersten Wettkampftage.

Danilo, du bekommst von KTM nur Geld, wenn du bei der Dakar ins Ziel kommst. So sollst du ohne Leistungsdruck antreten und im ersten Jahr in erster Linie die Landschaft bewundern.

(Er lacht.) Ja, aber das Ankommen wird nicht so einfach.

Ich bin einmal mit Sam Sunderland im Auto zum Hotel zurückgefahren, da haben wir uns unterhalten. Er meinte, ich hätte keinen Druck, weil als Rookie keine Ambitionen und Ziele für die Dakar haben müsse, was das Endergebnis und die Platzierung betrifft.

Aber ich muss zugeben: Es wird beschwerlich genug sein, diese zwölf Etappen heil zu überstehen und am 14. Januar ins Ziel zu kommen. Das ist kein leichtes Unterfangen. Das habe ich inzwischen kapiert.

Motorsport-Direktor Pit Beirer will dich im Ziel sehen. Anderseits lobt er deinen Speed mit den Offroad-Bikes und meint, einen Platz unter den Top-15 in der Gesamtwertung traue er dir zu.

(Er lacht). Ja. Auch meine Teamkollegen sind wirklich überrascht von meinem Speed. Sie sagten mir klipp und klar: «Mit diesem Speed riskierst du zu viel, das wird über zwölf Tage und 8000 km nicht lang gutgehen.»

Sie meinen, mein Speed kann womöglich über 5000 funktionieren, aber du brauchst nur 1 km nicht aufzupassen, dann passiert ein Fehler. Und selbst wenn du selber heil bleibst, hast du vielleicht dein Motorrad demoliert. Dann ist dein Wettkampf vorbei.

Ich werde mich also bemühen, auf die Ratschläge der erfahrenen Kollegen zu hören, von ihren Tipps zu profitieren und alles zu tun, um an den ersten Tagen mein Tempo und meine Rennpace zu finden.

Wenn es mir wirklich gelingt, nach 8000 km ins Ziel zu kommen, ist das eine beachtliche Leistung.

Wir haben zwölf Wettkampftage. Das ist ähnlich, als würden wir die MotoGP-WM komprimiert in knapp zwei Wochen mit einem Ruhetag austragen.

Als zweifacher MotoGP-Sieger wirst du neben den Sieganwärtern von Honda, KTM, Husqvarna, GASGAS und Yamaha im Mittelpunkt stehen. Niemand wird berücksichtigen, wie mangelhaft deine Rallye-Vorbereitung war. Außerdem hast du am 10. Dezember wegen einer kleinen Fraktur im Bereich des rechten Waden- und Sprungbeins heimfliegen müssen. Vielleicht musst du versuchen, in den ersten Tagen gar nicht auf die Ergebnisliste zu schauen.

Ja, genau so ist es. Zuerst muss ich verstehen, wie sich dieser Wettkampf abspielt. Ich muss schauen, wie ich mit dem Navigieren zurechtkomme und mit dem Roadbook. Ich bin bisher maximal 400 km mit dem Roadbook gefahren.

Aber an den Wettkampftagen muss ich täglich ca. 800 km zurücklegen.

Ich muss also an den ersten Rallye-Tagen schauen, welchen Rhythmus ich fahren kann und wie schwierig es ist, gleichzeitig zu navigieren und die Route zu finden.

Sobald ich mich mit meinem Knöchel besser fühle und mich an das Bike gewöhnt habe, sobald ich alles besser unter Kontrolle habe, kann ich vielleicht versuchen, den Speed etwas zu erhöhen.
Aber an den ersten Tagen muss ich zuerst einmal verstehen, wie schwierig und kompliziert diese Rallye ist.

Hat dir Matthias Walkner gesagt, dass er normalerweise drei Monate braucht, bis er die Dakar verdaut hat? Und kennst du inzwischen die wichtigsten Vorschriften?

Ja, es wird extrem anstrengend, ganz klar. Und ich weiß, dass sogar die Siegfahrer über die Strategie nachdenken müssen.

Keiner will an den Tagen, an denen es keinen Massenstart gibt, als Tagesbester vom Vortag als Erster losfahren und die Spur suchen.

Aber ich glaube, in diese Verlegenheit werde ich nicht kommen, dass ich als Tagessieger losfahren muss. (Er lacht).

Dieses Risiko werde ich nicht haben.

Der achtfache Ski-Weltcup-Gesamtsieger Marcel Hirscher hat sich 2021 am ersten Tag beim Romanicas-Enduro als Neuling das Schien- und Wadenbein gebrochen. Auch deine Kollegen Price, Sunderland und Walkner haben sich bei der Dakar schon verletzt.

Ja, ich erinnere mich an den Sturz von Hirscher. Deshalb werde ich versuchen, an den ersten Tagen einfach zu fahren und nicht auf das Ergebnis zu schauen.

An den ersten Tagen kann dir ein gutes Ergebnis gelingen, weil die Startpositionen gemischt werden und das Gesamtergebnis noch nicht aussagekräftig ist. Es gibt dann täglich starke Veränderungen in der Gesamtwertung. Deshalb will ich langsam und vorsichtig beginnen.

Denn diese Rallye dauert sehr lange. Ich kann nicht abschätzen, wie es mit meinen Kräften am Ende aussehen wird.

Die zehnte Etappe am 12. Januar ist die längste Tagesabschnitt. Danach haben wir noch zwei weitere beschwerliche Tage...

Dieser 12. Januar wird ein entscheidender Tag sein. Wir fahren um 3.30 Uhr in der Früh los, wir legen 840 km zurück. Der erste Fahrer soll um 15 Uhr ins Ziel kommen. Das ist eine wirklich lange Etappe.

Wenn du ins Ziel kommst, hast du bereits eine bessere Bilanz als KTM-Legende Heinz Kinigadner, der bei sieben Dakar-Events nie angekommen ist.

(Er lacht.) Das werde ich Kini sagen! Das ist ein wichtiger Grund mehr, warum ich unbedingt ins Ziel kommen will.

Red Bull KTM Factory Rally Team
Toby Price
Kevin Benavides
Matthias Walkner

Husqvarna Factory Rally Team
Luciano Benavides
Skyler Howles

GASGAS Factory Rally Team
Sam Sunderland
Daniel Sanders

KTM Tech3 Factory Rally Team
Danilo Petrucci

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