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Spengler vor Titel: «Hat einen hohen Stellenwert»

Von Rob La Salle
Bruno Spengler

Bruno Spengler

Bruno Spengler geht als Führender in der Gesamtwertung mit guten Titelchancen in das Saisonfinale der IMSA iRacing Pro Series. Der BMW-Mann hat die Zwangspause genutzt, um sich auch als Sim-Racer einen Namen zu machen.

Im Interview erklärt er, welche Bedeutung die virtuellen Rennen auch für seine Entwicklung als realer Rennfahrer haben, welchen Stellenwert ein Sim-Racing-Titel für ihn hätte und welche Erwartungen er für die im Juli geplante Fortsetzung der Saison der IMSA WeatherTech SportsCar Championship hat.

Bruno, hätten Sie sich vor einem halben Jahr träumen lassen, dass Sie am Donnerstag Ihren ersten Titelgewinn in einer virtuellen Rennserie feiern können?

Natürlich nicht. Nichts von dem, was in den vergangenen Monaten passiert ist, war in irgendeiner Form vorherzusehen. Aber das, was ich im Sim-Racing in der Zeit erlebt habe, ist eine coole Geschichte. Wenn man mir Anfang des Jahres gesagt hätte, dass ich in einer virtuellen IMSA-Serie gegen viele meiner realen Rennfahrer-Kollegen antrete und vor dem Saisonfinale die Meisterschaft anführe, oder dass ich gemeinsam mit professionellen Sim-Racern Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife bestreite und sogar gewinne, dann hätte ich gesagt: ‚Klar, machen wir!’

Welchen Stellenwert hätte ein virtueller Titelgewinn für Sie?

Ich würde mich sehr freuen, denn ein Erfolg in einer so stark besetzten Serie hat für uns Rennfahrer durchaus einen hohen Stellenwert. Ich bin sehr ehrgeizig und möchte in allem, was ich tue, sehr gut sein. Entsprechend viele Stunden an Trainingszeit sind in den vergangenen Monaten zusammengekommen. Ich habe vom ersten Rennen an alles gegeben, um in der IMSA iRacing Pro Series erfolgreich zu sein. Bisher hat das sehr gut geklappt, aber wie im echten Rennsport kann auch dort alles passieren. Vielleicht bleibe ich beim letzten Rennen in der ersten Kurve stehen und verliere noch alles. Von daher bleibe ich mit beiden Füßen auf dem Boden.

Bruno Spengler und Sim-Racing: Wie hat das angefangen?

Im vergangenen September bei der ADAC SimRacing Expo bin ich zum ersten Mal mit dem professionellen Sim-Racing in Kontakt gekommen. Davor bin ich zum Spaß immer mal gefahren, aber erst dort habe ich gesehen, auf was für einem extrem hohen Niveau man Sim-Racing betreiben kann. Es war nach meinen ersten Runden im Simulator schnell klar, dass mir auf die besten Sim-Racer jede Menge Speed fehlt. Obwohl meine Rundenzeiten für einen Anfänger gar nicht mal so schlecht waren, hat mir dieses Erlebnis die Augen geöffnet. Mein Ehrgeiz war geweckt und ich habe mich entschlossen, mir einen neuen Simulator anzuschaffen.

Wie ging es nach dem ersten Kontakt weiter?

Direkt danach hatte ich im laufenden Rennbetrieb natürlich nicht viel Zeit zu trainieren, aber im Winter – gerade noch rechtzeitig vor der aktuellen Krise – habe ich meinen neuen Simulator bekommen und angefangen, mich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und seriös zu trainieren. Das war im Nachhinein perfektes Timing, denn mit Beginn der Krise durfte ich sowieso nicht mehr raus und konnte entsprechend viel Zeit hinter dem Lenkrad verbringen. Diese Möglichkeit, zu Hause weiter Rennen zu fahren, war für mich sehr wertvoll. Ich habe das Glück, meine Leidenschaft auch weiterhin ausüben zu können, jeden Tag wertgeschätzt.

Was bringt Ihnen das Sim-Racing mit Blick auf den realen Rennsport?

Für mich ist Sim-Racing speziell in dieser besonderen Situation, aber auch generell in der rennfreien Zeit das perfekte Training. Es schärft vor allem die Konzentrationsfähigkeit: Da mein Simulator statisch ist, fehlen mir die Bewegungen und die Kräfte, die ich im echten Rennfahrzeug gewohnt bin. Ich habe nur meine Augen auf dem Bildschirm, meine Füße an den Pedalen und meine Hände am Lenkrad, um zu spüren, was das Auto macht. Ohne die dazugehörigen Bewegungen ist es viel schwieriger, über lange Zeit konzentriert zu bleiben – insbesondere in hart umkämpften Rennen wie in der IMSA iRacing Pro Series und der DNLS powered by VCO. Neben dem hervorragenden Konzentrationstraining schult das Sim-Racing meiner Meinung nach sogar das Fahrgefühl. Denn eine richtige Ideallinie im Simulator ist auch auf der echten Rennstrecke die richtige Ideallinie. Viele Erfahrungen, die ich im Simulator mache, kann ich ins echte Rennfahrzeug mitnehmen. Eine wichtige Rolle spielt für mich dabei, dass ich eben nicht nur für mich allein trainiere, sondern gemeinsam mit hochkarätigen professionellen Sim-Racern, von denen ich sehr viel lernen kann. Sei es in Sachen Set-up-Arbeit oder bei der Suche nach dem perfekten Fahrstil.

Speziell die virtuellen IMSA-Rennen helfen Ihnen als Neuling in dieser Serie auch, die Strecken kennenzulernen, oder?

Auf jeden Fall. Ich habe bisher lediglich Rennen in Daytona und Sebring bestritten. Alle anderen Kurse habe ich in der Realität noch nie befahren. Dass ich dank meines Simulators nun auf allen Strecken im Rennkalender intensiv trainieren kann, wird mir sicher sehr helfen, wenn ich dort zum ersten Mal im realen BMW M8 GTE unterwegs bin. Natürlich wird jemand, der auf den Kursen schon reale Rennen gefahren ist, immer noch einen Vorteil haben, aber ich habe zumindest schon mal ein Gefühl dafür, was mich erwartet, wenn ich dorthin komme.

Anfang Juli plant die IMSA den Neustart der realen Saison mit einem weiteren Rennen in Daytona. Wie groß ist Ihre Sehnsucht, wieder in den BMW M8 GTE zurückzukehren?

Sehr groß. Ich freue mich riesig, wieder das Adrenalin und die Kräfte zu spüren, die man nur in einem realen Rennfahrzeug hat. Nervosität und Anspannung erlebt man im Simulator genauso, zum Beispiel am Start, aber die anderen Komponenten fehlen mir schon. Was mir aber vor allem fehlt, sind die Zuschauer. Die Fans an der Strecke machen unsere Events zu etwas Besonderem. Sie geben uns den letzten Push. Das haben wir im Simulator nicht, und leider werden wir auch unsere ersten realen Rennen ohne Zuschauer austragen müssen. Doch ich hoffe sehr, dass wir so bald wie möglich wieder vor unseren Fans an der Strecke fahren können. Das gehört für mich einfach dazu.

Wie groß wird die Umstellung vom Simulator auf das reale Rennfahrzeug werden?

Das wird schnell gehen, denke ich. Natürlich müssen wir uns erst wieder an die Kräfte gewöhnen, die im realen Rennfahrzeug wirken, aber nach ein paar Runden sind wir sicher wieder im Rhythmus und bereit, richtig loszulegen.

Welche Ziele haben Sie für die Fortsetzung Ihrer ersten IMSA-Saison?

Das lasse ich erst einmal auf mich zukommen. Für konkrete Ziele gibt es einfach zu viele Strecken, die ich noch nicht gut genug kenne. Im Januar in Daytona hat der BMW M8 GTE fantastisch funktioniert, und unser Schwesterauto hat gewonnen. Aber der Charakter der meisten anderen Kurse im Rennkalender ist völlig anders. Von daher warte ich ab, versuche, die Strecken so schnell wie möglich auch in der Realität zu lernen, und freue mich natürlich über jedes gute Ergebnis, das ich gemeinsam mit meinem Teamkollegen Connor De Phillippi einfahren kann.

Werden Sie auch in Zukunft dem Sim-Racing treu bleiben?

Ganz sicher! Wann immer ich zu Hause bin, werde ich weiter trainieren, vor allem natürlich in der Winterpause. Denn mir macht das Sim-Racing einfach unglaublich viel Spaß.

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