Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Sebastian Vettel – gelbe Karte: Ist FIA streng genug?

Von Mathias Brunner
Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene mit Sebastian Vettel

Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene mit Sebastian Vettel

​FIA-Präsident Jean Todt hat in seiner Weisheit entschlossen: Eine gelbe Karte für Sebastian Vettel sei angemessen für das Foul gegen Lewis Hamilton in Baku. Beruhigen wird sich die Affäre vorerst nicht.

FIA-Chef Jean Todt (71) hat entschieden – der Rammstoss von Sebastian Vettel im Aserbaidschan-GP gegen Lewis Hamilton wird nicht vors Internationale Sportgericht des Automobil-Weltverbands gezerrt. Stattdessen erhält der Ferrari-Star, was wir im Fussball als gelbe Karte bezeichnen würden, vielleicht gepaart mit einem gestreckten Zeigefinger des Schiedsrichters: Bis hierhin und nicht weiter, mein Junge (hier die Erklärung von Jean Todt).

Entscheidend für Todt war, dass Vettel Reue gezeigt hat (hier die Entschuldigung von Sebastian Vettel). Aber viele Fans fragen sich seit dem Urteil, ob die FIA mit dem vierfachen Weltmeister streng genug gewesen ist. Der ganze Fall wirkt wie eine Sandkastenbalgerei von Kindergärtnern, nach welcher dem Schläger gesagt wird: «So, nun geh dich brav entschuldigen, dann darfst du wieder mitspielen.»

Damon Hill, Formel-1-Champion von 1996, ist jedoch der Ansicht: «Er hat zugegeben, dass er etwas Falsches getan hat. Jeder weiss, dass ein neues Fehlverhalten Konsequenzen haben wird. Reue ist Strafe genug für Seb. Ein gutes Ende.»

Die Affäre wird sich so schnell nicht beruhigen. Denn schon am kommenden Wochenende am Red Bull Ring wird sich Vettel viele Fragen zu seinem Pistenverhalten gefallen lassen müssen.

Vettel gegen Hamilton, das hat weltweit Fans und Fachleute entzweit. Viele Formel-1-Freunde haben sich entschlossen hinter den Ferrari-Star gestellt, sie argumentieren: «Gut, er hat die Nerven verloren. Aber Hamilton hat ihn provoziert. Vettel hat sich entschuldigt, jetzt sollten wir zur Tagesordnung übergehen.»

Nicht nur Hamilton-Fans geben sinngemäss zu bedenken: «Was für eine Strafe ist das, bitteschön? Das war doch nur ein Klapps auf den Handrücken. Im Fussball gäbe es für solch ein Foul einen Platzverweis, nichts weniger.»

Diese beiden Lager werden auch in den kommenden Wochen von ihren Positionen nicht abrücken. Und der nächste Knatsch ist programmiert.

Wenn zwei Piloten von diesem Schlag gegeneinander um den Titel fahren, ist es unvermeidlich, dass es früher oder später krachen wird. Mercedes-Teamchef Toto Wolff: «Wir wussten, dass kontroverse Momente auf uns zukommen würden. An diesem Punkt sind wir jetzt angelangt.»

Die Frage ist: Wie geht es weiter, wenn wir einen ähnlichen Fall haben?

Sebastian Vettel fährt unter Bewährung. Der Heppenheimer ist klug genug zu wissen – eine Nummer wie in Baku muss er sich nicht nochmals leisten.

Das FIA-Urteil ist das Hintertürchen aus einer Sackgasse. Jean Todt wusste: Er kann nicht nichts tun. Der frühere Ferrari-Rennchef wusste aber auch: Greift er hart durch (Gang vors Sportgericht, möglicherweise mit Disqualifikation für Vettel oder mit einer Rennsperre für den Deutschen), dann wird er sich den Vorwurf anhören müssen, in den WM-Kampf einzugreifen.

Vettel unter Vorbehalten vom Haken zu lassen, stärkt die Überzeugung jener Grand-Prix-Freunde, welche überzeugt sind: Ferrari geniesst bei der FIA eine Sonderstellung.

Im Grunde war eine Bewährungsstrafe der einzige Weg, um aus dieser Zwickmühle halbwegs ungeschoren herauszukommen.

Viele Fragen bleiben: Wie reagiert die FIA, wenn nicht Vettel dem Hamilton absichtlich ins Auto fährt, sondern Pérez dem Massa? Hat die FIA hier einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen? Wenn bei Vettel verhältnismässig milde geurteilt wurde, dann sollten diese Massstäbe auch für andere Fahrer gelten. Wird das Auswirkungen auf das Pistenverhalten haben? Weit über die Formel 1 hinaus?

Ich behaupte: Die ganze Affäre wird sich nach und nach beruhigen. Weil der Formel-1-Sport andere, fesselnde Geschichten schreiben wird. Aber jeder wird im Nu das Beispiel Baku hervorzerren, wenn wir einen vergleichbaren Fall erleben. Ob sich dann die Strafe für Vettel als nachhaltig klug erweist, wird sich zeigen.

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