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Luca Montezemolo: «Enzo Ferrari machte Träume wahr»

Von Mathias Brunner
Enzo Ferrari, Luca Montezemolo und Niki Lauda 1974

Enzo Ferrari, Luca Montezemolo und Niki Lauda 1974

​Der langjährige Ferrari-Präsident Luca Montezemolo (70) teilt mit der Marke Ferrari das Geburtsjahr – 1947. Der Erfolgsmanager spricht über den legendären Gründer der italienischen Sportwagenfirma.

Am heutigen 14. August jährt sich der Todestag von Enzo Ferrari zum 30. Mal. In Modena wird auf dem San Cataldo Friedhof ein Blumenkranz zum Gedenken abgelegt. Aber nicht nur Modena ehrt Enzo Ferrari, der im Alter von 90 Jahren starb, auch der langjährige Präsident des «Cavallino Rampante» zollt dem «Commendatore» Respekt – Luca Cordero di Montezemolo.

«Es ist unmöglich, in wenigen Worten zu sagen, was Enzo Ferrari mir bedeutet hat», hat Montezemolo einmal festgehalten. «Ich verdanke ihm so viel, seinem Mut, seiner Fähigkeit, auch in schwierigen Momenten nach vorne zu schauen, sowohl auf einem persönlichen als auch einem beruflichen Level.»

«Ich denke oft daran, wie viel Glück ich hatte, ihn persönlich gekannt zu haben und mit Männern wie ihm und Avvocato Agnelli gearbeitet zu haben. Sie waren wirklich aussergewöhnliche Menschen, die unser Land weltweit zum Strahlen gebracht haben. Neben meinem Schreibtisch in Maranello stand immer ein Foto des Gründers: Wenn ich eine wichtige Entscheidung zu treffen hatte, dann sah ich es oft an und fragte mich, was er wohl getan hätte.»

«Das Beispiel, das Enzo Ferrari gesetzt hat, ist immer in meinen Gedanken. Er hat es Dank seines Willens und seiner Leidenschaft geschafft, seinen Traum, aussergewöhnliche Autos zu bauen, wahr zu machen. Das sind Charakteristika, die Teil der DNS aller Männer und Frauen sind, die für die Firma arbeiten, die seinen Namen trägt.»

«Enzo Ferrari wäre glücklich zu sehen, was aus der Firma geworden ist, eine einzigartige Industrie- und Rennsport-Institution, die Italien exzellent vertritt und immer weiter viele Millionen Fans der Marke auf der ganzen Welt begeistert.»

Montezemolo war von 1991 bis 2014 Steuermann der berühmtesten Sportwagenfirma der Welt und des beliebtesten Rennstalls obendrein. Das Ende seiner Ära war unglamourös, es gab dicke Luft zwischen ihm und dem im Juli 2018 verstorbenen Fiat-Sanierer Sergio Marchionne, der sich zum neuen starken Mann von Ferrari gemacht hatte.

Eine schöne Parallele, dass Ferrari und Luca Montezemolo das Geburtsjahr teilen: 1947. Für die Führungspersönlichkeit gilt – man kann Montezemolo aus Maranello entfernen, aber niemand kann Ferrari aus Montezemolo entfernen. Gegenüber unseren Kollegen der Gazzetta dello Sport meinte Luca: «Ich kann es selber kaum glauben, dass ich 70 geworden bin. Ich fand es immer merkwürdig, wenn mir von Menschen mit 70 Jahren erzählt wurde, weil ich das so alt fand. Aber ich selber fühle mich voller Leidenschaft und Elan und Ideen. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich in der Gesellschaft junger Menschen sehr wohl fühle.»

Montezemolo gibt zu: «Mir fehlt Ferrari unheimlich, der Rennstall, die grandiosen Mitarbeiter, mir fehlt der Kontakt zu den Kunden, die Organisation bei der Arbeit.»

«Ich sehe mir jedes Rennen an, und ich fiebere mit und leide wie früher. Ein Riesenstress! Meine Frau sagt immer: „Wie kann es sein, dass du dich für ein Autorennen alleine in ein Zimmer sperrst und mit keinem reden willst?“»

Als seine schönsten drei Momente mit Ferrari bezeichnet Luca: «Monza 1975, als Niki Lauda für uns den ersten Fahrertitel seit 1964 eroberte und Clay Regazzoni das Rennen gewann. 1975 hatten wir noch kein Handy. Ich wurde in die Box gerufen, Enzo Ferrari war am Telefon. Er sagte nur: „Grazie.“ Ein Wort, das er nicht oft benutzt hat. Er war hörbar gerührt. Im genau zu sein, hat er geweint. Und dann Suzuka 2000, als Michael Schumacher den ersten Fahrer-WM-Titel nach 21 Jahren Durststrecke nach Maranello brachte. Auch die Monza-Siegerehrung 2010 war unvergesslich, als Alonso gewann und Massa ebenfalls da oben stand.»

Heute steht bei Montezemolo «noch ein Ferrari in der Garage, eine 360er Barchetta, von Pininfarina entworfen. Es war ein Geschenk von Gianni Agnelli zu meiner Hochzeit. In all diesen Jahren habe ich nie davon Gebrauch gemacht, einen Ferrari zu Sonderkonditionen zu kaufen.»

An Geschenke von Ferrari glaubt Montezemolo nicht mehr: «Als Ferrari an die Börse ging, habe ich für meine jahrelange Arbeit nicht mal eine Tafel Schokolade bekommen.»

Das erzeugt eine Brücke zur Weltmeister-Hoffnung Sebastian Vettel, denn Montezmolo erzählt: «Als wir uns damals zum ersten Mal trafen, hat er mir aus der Schweiz Schokolade mitgebracht. Das war ein Jahr vor seinem Vertrag mit uns. Michael Schumacher hatte mir Sebastian ans Herz gelegt, er hielt ganz grosse Stücke auf ihn.»

«Ferrari hat so viele tolle Erfolge erringen dürfen, aber das Geheimnis hinter den Erfolgen waren immer die Menschen. Ich habe versucht, so talentierte Mitarbeiter wie Jean Todt, Rory Byrne, Ross Brawn oder Paolo Martinelli um mich zu scharen. Ganz elementar war Michael Schumacher, unvergleichlich, auch wie er im ganzen Rennstall den Teamgeist förderte.»

Als Ferrari offiziell in Maranello 70 Jahre Firmenbestehen feierte, stand ein Name nicht auf der Gästeliste: Luca Montezemolo. Der zuckte nur mit den Achseln: «Das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Ferrari wieder den WM-Titel gewinnt.»

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