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Schlitzohr Schumi: Ferrari-Triumph in der Boxengasse

Von Mathias Brunner
​Michael Schumacher und seine Ferrari-Truppe waren mit allen Wassern gewaschen. Zur Trickkiste von Schumi, Jean Todt, Ross Brawn & Co. gehörte auch ein Grand-Prix-Sieg – in der Boxengasse!

Unfassbare 91 Grand-Prix-Siege hat Michael Schumacher im Laufe seiner grandiosen Karriere errungen, aber vielleicht war sein Triumph am 12. Juli 1998 in Silverstone von allen der skurrilste. Denn Schumis Sieg stand fest, während der damalige Ferrari-Superstar in der Boxengasse stand. Und das kam so.

Der Anfang für das höchste ungewöhnliche Ende des Rennens lag in Runde 43: Michael Schumacher ging mit seinem Ferrari am Benetton-Piloten Alexander Wurz vorbei. Leider kreuzte der deutsche Star dabei eine gelbe Flagge. Die Rennleitung war zu diesem Zeitpunkt mit Wetterbeobachtung beschäftigt – eine Runde später musste das Safety-Car auf die Bahn geschickt werden, weil es so stark zu schütten begonnen hatte. Daher verstrichen gut zwanzig Minuten, bis man sich Schumis Vergehen anschauen konnte.

Um 15.46 Uhr, oder zwei Runden vor Schluss des Traditions-GP, wurde Ferrari darüber informiert, dass Michael Schumacher eine 10-Sekunden-Strafe erhält. Aber die Rennleitung patzte. Der handgeschriebene (!) Zettel wurde dem Ferrari-Kommandostand nicht nur zu spät überreicht (die Information über eine Strafe hätte innerhalb von 25 Minuten überreicht werden müssen), sie war auch wischiwaschi formuliert – ob diese zehn Sekunden noch während des Rennens abgesessen werden müssen oder ob sie auf Schumis Rennzeit hinzugerechnet werden, das ging daraus nicht klar hervor.

Ferrari-Rennchef Jean Todt (heute FIA-Präsident) holte Schumacher nach Absprache über Funk in der letzten Rennrunde an die Box. Die Start/Ziel-Linie befand sich jedoch vor jener Höhe, auf welcher die Ferrari-Box angeordnet war. Als Schumi also seine Strafe absass, war das Rennen de facto zu Ende, obschon dem Deutschen keine karierte Flagge gezeigt worden war. Den Rennkomissaren blieb jetzt nichts Anderes übrig, als die zehn Sekunden auf Michaels Rennzeit zu addieren.

Da Schumi jedoch 22 Sekunden vor Mika Häkkinen lag, war er auch im Stillstand Sieger – was ihm beim normalen Absitzen der Strafe während des Rennens kaum gelungen wäre. Schlitzohriger als von Ferrari ist das nicht zu lösen. Schumi und sein Team hatten eine Einladung erhalten, die sie gerne annahmen.

Der Fall hatte beim Autoverband FIA ein Nachspiel auf zwei Ebenen: Nazir Hoosein (Indien), Roger Peart (Kanada) und Howard Lapsley mussten ihre Rennkommissarenlizenz abgeben (wurden aber später begnadigt). Der exakte Ablauf der Definition einer Strafe und ihrer Überbringung wurde daraufhin geändert – von da an lief alles über Formel-1-Rennleter Charlie Whiting, der die Infos den Teams elektronisch zum Kommandostand schickt, bis heute.

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