Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Ferrari besiegt sich selber: Charles Leclerc nur 3.

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton und Charles Leclerc nach dem Rennen

Lewis Hamilton und Charles Leclerc nach dem Rennen

​Welche Ironie: Der Ausfall des zunächst führenden Vettel ebnete Mercedes den Weg zum Russland-Sieg. Zuvor gab es Zoff am Funk, wieder mal, wegen der Strategie nach dem Start. Ferrari schlägt sich selber.

Ferrari hat sich in Sotschi selber geschlagen: Nach einem grandiosen Start von Sebastian Vettel und mit beiden Autos vorne ging letztlich alles schief für die Italiener. Zunächst monierte Leclerc am Funk, Vettel halte sich nicht an die Abmachung, die vor dem Rennen getroffen worden war. Der Monegasse forderte, dass der Deutsche ihm die Führung schenkt. Dazu hatte der Heppenheimer wenig Lust.

Dann ebnete ausgerechnet der Ausfall Vettels den Weg zum Mercedes-Sieg: Nach seinem Reifenwechsel rollte Seb aus, wegen eines Defekts an der kinetischen Energierückgewinnung (Vettel am Funk: «Bringt die verdammten V12-Motoren zurück!»). Aus einer virtuellen Safety-Car-Phase wegen Vettel wurde eine volle Safety-Car-Phase, wegen des Ausrutschers von Williams-Fahrer George Russell. Da hatte Mercedes beide Fahrer schon auf weiche Pirelli umgerüstet. Leclerc, dem sechs Runden zuvor mittelharte Walzen gegeben worden waren, wurde nochmals hereingeholt, ebenfalls für die weichen Pirelli. Auf einmal war Charles nur noch Dritter.

Ferrari hatte keine Wahl: Der Monegasse war auf dem härteren Reifen unterwegs als Hamilton und Bottas, und deren Reifen waren auch noch jünger. Die Italiener hofften, dass Charles mit gleicher Mischung die Chance erhält, die Silberpfeil zu überholen. Aber auch diese Rechnung ging nicht auf.

Damit war da Rennen gelaufen, denn Charles sagte: «Wann immer ich näher an den zweitplatzierten Bottas rückte, begann mein Wagen zu überhitzen. Es hat sich gezeigt, dass Mercedes im Renntrimm ein sehr schnelles Auto hat. Wir haben einen tollen Speed im Qualifying, aber wir müssen im Rennen schneller werden.»

Und wie war das nun mit der Taktik beim Start? Charles: «Wir hatten vereinbart, dass ich Vettel falls möglich einen Windschatten gebe, um Hamilton loszuwerden. Das hat geklappt. Was dann passiert ist, weiss ich nicht. Aber ich bin sicher, das Team hat da eine bessere Übersicht.»

Im Rennen sah das der Monegasse ein wenig anders. Da jammerte er wiederholt darüber, Vettel solle ihm die Position zurückgeben, er, Charles, habe sich schliesslich an die Anweisung gehalten. So weit zu seinem Vorhaben nach Singapur, dass er künftig besser die Klappe halten werde.

Vettel setzte sich jedoch leichtfüssig an der Spitze ab und hoffte, dass Hamilton an Leclerc dranbleiben würde. Dann müsste er die Position nicht an Leclerc geben, weil das mit dem dichtauf folgenden Lewis viel zu riskant gewesen wäre. Zunächst erhielt Vettel die Anweisung, Leclerc passieren zu lassen, und Charles bekam die Information, dass Seb Platz machen würde. Aber das passierte nicht. Ferrari nahm sich vor, den Wechsel später zu vollziehen, aber dazu kam es nie.

Leclerc beklagte sich ständig am Funk. Am Ferrari-Kommandostand war zu sehen, wie sich Teamchef Mattia Binotto und Sportchef Laurent Mekies die Haare rauften.

In Runde 22 wurde Leclerc als Zweitplatzierter hereingeholt, so wie Sebastian in Singapur als Zweitplatzierter zuerst zur Box gekommen war. Auch dieses Mal rückte der zuerst hereingeholte Fahrer einen Rang vor. Dann aber kam der Ausfall von Vettel, und alles ging den Bach runter.

Fazit von Leclerc: «Wir hätten gewinnen können, wir hätten vor Bottas ins Ziel kommen müssen. Die Safety-Car-Phase hat uns sicher nicht in die Hände gespielt. Wir hatten beim Start geplant, mit klugem Teamwork Hamilton zu überrumpeln. Das hat geklappt. Später wollten wir die Positionen wechseln, aber das war nicht so einfach, weil Lewis immer in die Nähe blieb. Wir haben dann die Reihenfolge beim Stopp umgedreht, also habe ich damit kein Problem.»


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