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Mercedes: Design der Atemgeräte frei zugänglich

Von Rob La Salle
​Formel-1-Weltmeister Mercedes-Benz hat beschlossen: Die Designs für eine neue Atemhilfe, von Medizin- und Motorsport-Ingenieuren entwickelt, stehen in der Coronakrise allen zur Verfügung.

Team-Mitglieder von Formel-1-Weltmeister Mercedes haben zusammen mit Medizin-Ingenieuren des University College London (UCL) ein so genanntes CPAP-Beatmungsgerät gebaut entwickelt. Ein CPAP-Gerät (steht für «Continuous Positive Airway Pressure») hilft einem Covid-19-Patienten mit Lungeninfektion dabei, leichter zu atmen, wenn eine Sauerstoffstoffmaske allein nicht ausreichend ist.

CPAP-Geräte werden normalerweise vom NHS eingesetzt, um Patienten mit Atemschwierigkeiten in Krankenhäusern und Zuhause zu behandeln. Sie blasen kontinuierlich eine Luft-Sauerstoffmischung in Mund und Nase, halten dabei die Atemwege frei und erhöhen die Sauerstoffmenge, die in die Lungen gerät. Invasive Beatmungsgeräte bringen den Sauerstoff hingegen direkt in die Lungen, setzen aber eine starke Sedierung des Patienten und einen Schlauch in der Luftröhre voraus.

Die Atemhilfe wird in Krankenhäusern in Italien sowie China intensiv genutzt, um Covid-19-Patienten mit ernsthaften Lungeninfektionen das Atmen zu erleichtern, wenn Sauerstoff allein nicht ausreichend ist.

Der Vorrat an CPAP-Geräten ist in den Krankenhäusern von Großbritannien knapp, weshalb die Ingenieure der UCL und bei Mercedes-AMG High Performance Powertrains (HPP) rund um die Uhr daran gearbeitet haben, ein Gerät zu rekonstruieren, das rasch in großer Stückzahl produziert werden kann.

Die Atemhilfe wurde innerhalb kürzester Zeit hergestellt – vom ersten Meeting bis zur Produktion des ersten Geräts vergingen weniger als 100 Stunden. Die zweite Version des Geräts, deren Sauerstoffverbrauch im Vergleich zur ersten Version um 70% reduziert werden konnte, bietet einen geringeren Sauerstoffverbrauch und wurde in der vergangenen Woche von der Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel in Großbritannien MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) zugelassen.

Alle Details, die für die Herstellung des Geräts benötigt werden, stehen nun für Hersteller zum Download bereit: covid19research.uclb.com/product/ucl-cpap. Dies ist eine Webseite für Forschungslizenzen, die von UCL Business entwickelt wurde, um Technologien im Kampf gegen Covid-19 zu verbreiten. Das Lizenzpaket wird nicht nur die Designs enthalten, sondern auch die spezifischen Materialien, Werkzeuge und Ausrüstung, die bei der schnellen Herstellung der Prototypen verwendet worden sind. Gleichzeitig wird auch die Produktionszeit für jedes Teil angegeben.

Die Bereitstellung dieser Informationen soll Gesundheitssystemen in aller Welt bei ihrer Reaktion auf Covid-19 helfen, damit auch sie ihren Patienten Atemhilfen zur Verfügung stellen können.

Regierungen, relevante Hersteller aus der jeweiligen Branche, Akademiker und Gesundheitsexperten können Zugang zu den Designs beantragen, um die Qualitätskontrolle bei der Herstellung sicherzustellen. Die Geräte müssen zudem den Genehmigungsprozess in den jeweiligen Ländern durchlaufen.

Das UCL-Ventura-Gerät wurde mit Patienten am UCLH sowie dessen Schwesterkliniken im Großraum London getestet. Die britische Regierung hat bis zu 10.000 Geräte bestellt, von denen nun pro Tag 1.000 Stück im Technologiezentrum von HPP in Brixworth, Northamptonshire hergestellt werden. Derzeit werden 40 Maschinen für die Herstellung von CPAP-Geräten verwendet, die normalerweise Kolben und Turbolader für die Formel 1 produzieren würden. Hierzu wurde das gesamte Werk in Brixworth für diesen Zweck umgestellt.

Professor Rebecca Shipley, Direktor des UCL Institute of Healthcare Engineering, sagt: «Diese lebensrettenden Geräte sind relativ einfach herzustellen und können rasch produziert werden. Wir hoffen, dass unsere Bereitstellung der Baupläne dazu führt, dass sie dazu eingesetzt werden, um die Belastbarkeit der Gesundheitssysteme im Rahmen der Covid-19-Pandemie zu verbessern. Mein Dank gilt den brillanten Ingenieuren, Business-Managern und dem Team am UCLB, die zusammengearbeitet und alles mit einer Geschwindigkeit umgesetzt haben, die unter normalen Umständen als unvorstellbar angesehen werden würde.»

Professor Mervyn Singer (UCL Medicine): «In dieser Woche hat die UCL-Ventura dutzenden Covid-19-Patienten beim Atmen geholfen. Die Geräte können dabei helfen, Leben zu retten, da sie Beatmungsgeräte, eine sehr begrenzte Ressource, für die schwer Erkrankten frei machen. Wir sind der Ansicht, dass ein großer Teil an Patienten, die mit CPAP behandelt werden, keine mechanische Beatmung benötigen.»

Professor Tim Baker (UCL Mechanical Engineering): «Bei der Entwicklung dieser Geräte war die Geschwindigkeit von größter Bedeutung. Wir sind den Designern unheimlich dankbar, dass die Designs in dieser schwierigen Zeit, in der sich viele Länder auf die Pandemie vorbereiten, für Hersteller in aller Welt zur Verfügung stehen.»

Andy Cowell, Geschäftsleiter von Mercedes-AMG High Performance Powertrains: «Seit der Ankündigung des Projekts haben wir aus aller Welt eine unglaubliche Zahl an Anfragen zum CPAP-Gerät erhalten. Durch die freie Bereitstellung der Design- und Herstellungsangaben können Unternehmen weltweit diese Geräte rasch und in hoher Stückzahl herstellen und so die globale Reaktion auf Covid-19 zu unterstützen.»

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