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Roland Ratzenberger, Ayrton Senna: Auf ewig verbunden

Von Gerhard Kuntschik
​Der Salzburger Roland Ratzenberger ist auf ewig mit dem grossen Ayrton Senna verbunden. Sie verloren beide am schwarzen Imola-Wochenende 1994 ihr Leben. Vergessen sind beide nicht.

Noch immer klingelt bei Familie Ratzenberger Ende April das Telefon häufiger als sonst. Die Anrufer stammen aus Brasilien, England, Deutschland, Italien, Frankreich, den Niederlanden. Journalisten wollen darüber sprechen, was damals die Motorsportwelt in den Grundmauern erschütterte. Als am schwarzen Wochenende von Imola freitags Rubens Barrichello in die Fangzäune flog, aber verletzt davonkam, als samstags der GP-Neuling Roland Ratzenberger in seinem dritten Formel-1-Qualifying tödlich verunglückte und sonntags, am 1. Mai 1994, Superstar Ayrton Senna sein Leben lassen musste.

«Wir bekommen immer noch häufig Fanpost, die meisten davon in Briefform», sagte Rudolf Ratzenberger, der pensionierte Direktor einer Pensionsversicherung. Auch Rennfahrerkollegen Rolands und deren Familien melden sich regelmässig: Die Konkurrenten und Freunde aus der gemeinsamen Zeit in Japan, die Hills, die Brabhams. Das Grab auf dem Maxglaner Friedhof ist stets von frischen Blumen geschmückt. Die Wohnung der Eltern Ratzenberger, die Roland kurz vor seinem Tod gekauft hatte, wurde zu einem bescheidenen Museum: Rennanzüge, Helme, Handschuhe, Dokumente, Modellautos.

Ayrton Senna und Roland Ratzenberger waren beide 34 Jahre alt. Doch der Salzburger hatte es erst knapp vor den Wintertestfahrten für die Saison 1994 geschafft, ein Budget für einen Platz im neuen Team Simtek zu erkämpfen, während der Brasilianer nach seinem Wechsel zu Williams, dem damals dominierenden Team, den vierten Titel anstrebte.

Senna wusste kaum etwas über Ratzenberger, wollte ihn aber unbedingt näher kennenlernen. Die gemeinsamen Bindeglieder waren Sennas langjähriger Masseur und engster Wegbegleiter, der Salzburger Josef Leberer, und sein früherer McLaren-Stallgefährte Gerhard Berger.

Als in Imola die Europa-Saison begann, standen beide Rennfahrer unter Druck. Senna wegen seines Fehlstarts ins Rennjahr, nach dem Ausrutscher in São Paulo und dem Crash mit Mika Häkkinen auf dem TI-Circuit von Aida in Japan, Ratzenberger wegen des internen Duells mit David Brabham.

Roland war guten Mutes nach Imola gefahren. Der elfte Rang im Pazifik-GP zuvor war seine erste Zielankunft in der Formel 1 und gab ihm Selbstvertrauen. In Imola wollte er beweisen, dass er Brabham schlagen kann und das Mittelfeld in Reichweite ist. Ein Top-Ten-Ergebnis schloss er nicht aus.

Als er Samstag in der Mittagspause mit meinem Kollegen Gerald Pototschnig und mir im Motorhome plauderte, wurde er mit jeder Minute unruhiger. Um 12.40 Uhr meinte er: «Lasst uns nachher weiterreden, mir läuft die Zeit davon.»

Um 13.22 Uhr war die Zeit für Roland in der Villeneuve-Kurve abgelaufen.

Als wahrscheinlichste Unfallursache gilt: ein beschädigter Frontflügel aus der Runde vor dem tödlichen Unfall. Ratzenberger hatte keine Chance, als der Flügel kollabierte.

Ratzenberger hatte keine Feinde, aber viele Freunde im Rennsport. Und Fans. Freunde, die sich in gemeinsamen Jahren in Japan zusammenfanden, wo sie Gegner in der Formel 3000 oder in Sportwagen waren: Mika Salo, Heinz-Harald-Frentzen, Johnny Herbert. Die Fans waren vor allem Japanerinnen, die den feschen Salzburger verehrten, der nebenbei der erste europäische Testfahrer von Toyota war und eine Stütze des japanischen Konzerns in Le Mans wurde.

Wie alles begann

In einem Dezember erfreuten Walter Röhrl, Franz Wittmann, Sepp Haider & Co. kältetaugliche Fans bei der Saalbacher Eis- und Schneerallye. In der Servicezone bei der Zwölferkogel-Bahn wurde ich von zwei Teenagern angesprochen. Sie stellten sich als Roland Ratzenberger und Gerald Lachmayr aus Salzburg vor, sie seien Schüler einer technischen Mittelschule (HTL), wollten aber ihre Matura in Rennautos statt in der Schulbank machen. «Wie können wir am schnellsten Rennfahrer werden?» fragten sie. Mein Tipp: «Geht zu Walter Lechner in die Rennschule und schaut, ob ihr Talent habt.»

Das taten sie. Lachmayr gab irgendwann in der Formel Ford auf. Ratzenberger biss sich durch. Er lebte in und unter Trucks, jobbte als Instruktor, Mechaniker, Notnagel für alles in Nachwuchsteams und erarbeitete sich so sein Cockpit in der Formel Ford.

Bevor die deutsche Förderin Barbara Behlau 1994 die Basis für Rolands Simtek-Vertrag legte, hatte Ratzenberger keine grösseren Sponsoren. Was er einsetzen konnte, hatte er selbst erarbeitet. Siege im legendären Race of Champions und im Festival der Formel Ford 1986 in Brands Hatch machten ihn in England seltsamerweise bekannter als zuhause in Österreich.

In Deutschland wurde er Nachfolger des zu Ferrari gewechselten Gerhard Berger bei Schnitzer-BMW in der Tourenwagen-WM 1987. In Japan war er Anfang der 90er Jahre ein Star. Ratzenberger gewann die Tourenwagen-Meisterschaft für BMW, siegte in der Formel 3000 und bei den Prototypen.

Was er von Walter Lechner neben Rennfahren auch lernte: Die Information der Medien, zumindest derjenigen, die sich für ihn interessierten, und das waren in Österreich vor seinem Formel-1-Einstieg ungefähr fünf Journalisten.

Wenn Roland anrief, begann das immer mit «Servas, da Roland is’s». Und am Tonfall war sofort erkennbar: Er war ausgeschieden und frustriert oder bedingt zufrieden oder recht happy. Er brauchte eigentlich gar nicht weiterzureden, nur die Details noch schildern.

1991 zerschlug sich ein weit gediehener Deal mit Sponsoren für das Debüt Rolands bei Jordan – neben Andrea de Cesaris durfte dann Bertrand Gachot Platz nehmen, der später, nach seinem Ausrutscher in London, einem gewissen Michael Schumacher Platz machen musste.

Ein CART-Test in Kalifornien für Dick Simon verlief positiv, der Einstieg in die US-Szene scheiterte am lieben Geld, wieder mal. Bei Toyota fand er dann eine Art Heimat. Bis es im Winter 1993/1994 mit Simtek klappte.

Roland war nur 58 Tage lang Formel-1-Pilot. Er blieb sich auch in der Königsklasse treu: ehrgeizig, bodenständig, freundlich, hoch talentiert. Und ein Kumpel, der es in seinen seltenen Salzburg-Besuchen genoss, in einem Bierlokal zu plaudern.

Roland hatte noch viel vor. Ich bin bis heute überzeugt: Er hätte noch viel erreichen können.

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